Herne, Nordrhein-Westfalen

Mormon Deutsch Karl KleinMein Name ist Karl Klein und bin geboren 1937 in Herne. Ich stamme aus einer Bergmannsfamilie; alle meine Geschwister, meine Brüder und ich waren im Bergbau tätig.

Während des Krieges, war ich immer zur Kinderlandsverschickung weg. Ich war kaum einen Monat zu Hause, war ich wieder unterwegs. Ich war kurz vor der tschechischen Grenze, ich war in Baden-Baden, in Lübeck, Ich habe es eigentlich immer sehr gut getroffen. Ich habe Glück, dass ich wieder hier in Deutschland bin. Ich war kurz vor der tschechischen Grenze bei einer Familie. Die Frau war alleine, der Sohn ist im Krieg geblieben und sie wollte mich dort behalten. Sie wollte mich als ihren Sohn annehmen und ich sollte einmal alles übernehmen.

Dann kam ein Freund, der erfahren hatte, dass der Krieg zu Ende geht und dass wir alle nach Hause geholt werden sollen, sonst würden wir nie wieder unsere Heimat sehen. Dann hat er uns nach Hause geholt. Ich war aber auch bei meiner Oma in Westpreußen mit meiner Mutter einmal. Ich hatte einen Bruder in Russland, dann haben wir einen Bescheid bekommen, dass er dort gefallen ist.

Mein Vater, Karl Jakob Klein, war auch zwei Mal verheiratet, genauso wie ich. Aus der ersten Ehe waren fünf Kinder aus der zweiten Ehe waren acht. Zwei sind im Kindesalter gestorben, die waren sehr krank. Meine Mutter war Elfriede, geborene Waschke. Der Schulbesuch war wenig durch den Krieg. Alles was ich kann, habe ich mir selber erarbeitet. Ich bin dann mit vierzehn Jahren aus der Schule gekommen. Ich habe auch im Bergbau mit einer Lehre angefangen und dort bis 1982 gearbeitet, dann habe ich vor 14 Jahren bin ich mit zweiundfünfzig in eine Anpassung gegangen, in einen Vorruhestand.

Ich wollte sagen, dass meine Kindheit, die ich während des Krieges erlebt habe, schön war, ich habe nichts vermisst. Aber wenn ich zu Hause war, haben wir, genauso wie meine Frau, Angst gehabt. Als der Krieg zu Ende war, waren wir hier und haben die Amerikaner gehabt, die haben uns besetzt. Es gab auch bei denen gute und schlechte Menschen, wie überall. An eine Sache kann ich mich erinnern, wo mein Vater von einem Soldaten getötet werden sollte. Er sollte Alkohol holen aus einer Gaststätte. Mein Vater hat sich erst geweigert, das zu tun. Er ist dann doch gegangen und hat dann gesagt, ich habe nichts bekommen. Dann hat der Amerikaner sein Maschinengewehr angelegt und hat auf ihn geschossen. Er hat ihn nicht getroffen. Ein Offizier, der mit dem Wagen unterwegs war, hat das gehört und hat diesen Soldaten sofort entwaffnet und hat ihn eingesperrt.

Es wurde bei uns in der Wohnung ein Lazarett eingerichtet. Dann hat ein Offizier, die Wohnung beschlagnahmt, denn sie brauchten ein Lazarett für ihre verwundeten Soldaten. Meine Mutter hatte ein Bild am Schrank stehen, da guckte er drauf und fragte: „Wer ist das?“ Meine Mutter sagte:“ Das ist ein Amerikaner!“. Meine Mutter hatte die Kirche auch kennengelernt und wurde von diesem Missionar belehrt. Der Offizier hatte dann ganz andere Gedanken gehabt und hat den Befehl gegeben, die Wohnung wird so verlassen, so ordentlich, wie wir sie vorgefunden hatten. Dadurch ging es uns gut.

Ich bin in die Kirche hinein geboren .Ich bin gerne zur Kirche gegangen. Kein Wetter hat mir etwas ausgemacht als Junge in die PV zu gehen oder in die Sonntagsschule. Aber dann gab eine Zeit, als ich aus der Schule kam, dass ich nicht mehr zur Kirche ging. Aber das hatte einen Grund. Ich wurde nicht akzeptiert von den jüngeren Brüdern in der Gemeinde. Die Herner Gemeinde war eine Gemeinde, wo Geschwister waren, die sich etwas höher stellten als die kleinen aus den Arbeiterfamilien. Und das tat weh. Und ich bin nicht mehr hingegangen. Dann kam eine Tages ein Bruder aus dem Osten zu uns, der hatte Arbeit gesucht und ich habe ihm im Bergbau Arbeit verschafft und er hatte von meiner Mutter ein Zimmer bekommen mit seiner Frau und seiner Tochter. Sein Name war Bruder Roscher und kam aus der Gemeinde Freiberg. Er hatte gesagt, der Weg, den du gehst, der ist nicht richtig. So fing es an.

Dann habe ich meine Frau in der Kirche kennengelernt. Wir haben dann geheiratet, wir hatten zwei Kinder. Einen Jungen, der ist durch einen Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Ich habe jetzt noch eine Tochter, die in der Kirche tätig ist. Wir sind stolz darauf, dass sie für uns da ist. Meine Frau ist dann gestorben. Sie hat es nicht leicht gehabt. Sie hat sechs Jahre mit ihrer Krankheit gelebt und ich wollte sie nicht hergeben. Ich hatte mit dem Herrn gehadert. Bis ich dann einmal gesagt habe“ Wenn Du sie haben willst, dann nimm sie Dir!“ Dann wurde sie erlöst von ihrer Krankheit, meine Frau und ich haben sie sehr lieb gehabt. Es war mit meiner verstorbenen Frau eine schöne Zeit und diese acht Jahre, wo wir [meine jetzige Frau und ich] zusammen sind, ist genauso schön.

Wir hatten hier, auch in Deutschland Russen, die in einem Arbeitslager waren. Wie gesagt- überall gibt es gute und schlechte Menschen. Wir hatten das Glück, dass wir einen Russen kennen gelernt haben, der wirklich ein liebevoller Mensch war. Meine Mutter und mein Bruder guckten aus dem Fenster und dann kamen die mit drei oder vier Russen dort an. Sie haben meine Mutter gefragt, ob sie was zu trinken haben können. Meine Mutter hat natürlich ja gesagt und hat sie hereingerufen und hat ihnen etwas zu trinken gegeben. Die Russen haben immer Fahrräder gestohlen. Dann hat [unser Freund] uns gesagt, wir sollen die Ventile aus dem Fahrrad herausdrehen, dann würden sie denken, die sind kaputt. Zu dieser Zeit war meine jüngste Schwester geboren. Es gab keine Milch, es gab keine richtige Kindernahrung und wir haben mit ihm Freundschaft geschlossen. Er kam dann jeden Tag und hat uns besucht. Wir wurden immer gewarnt vor seinen Landsleuten. Er hatte dann bemerkt, dass wir für meine Schwester wenig hatten. Dann hat er eines Tages sich aufgemacht und ist zu einem Bauern gegangen und hat versucht Milch zu kriegen. Er kam mit Milch an .Er hat sich in einem Laden angestellt und die Leute haben Angst gekriegt und er hat gesagt, Ich warte genauso wir ihr hier steht und wartet.

Dann kam er weg. Er wurde in ein anderes Lager nach Duisburg oder Düsseldorf verlegt. Er wollte wieder zu uns zu Besuch kommen und springt aus einer fahrenden Straßenbahn vor einen Laternenpfahl und ist dabei zu Tode gekommen. Zuvor hat er uns noch Bilder gezeigt von seiner Familie. Er hatte in Russland eine kleine Molkerei besessen mit seiner Frau, mit zwei oder drei Töchtern. Das war wirklich ein liebevoller Mensch, den wir von den Russen kennengelernt haben, der uns seine Liebe entgegengebracht hat.

Wenn ich noch etwas von der Kirche erzählen soll. Mein Vater hat im Bergwerk gearbeitet, die haben dann immer ihren Tee und Kaffee mitgenommen und wir haben nichts mehr gehabt, gar nichts. Da ist meine Mutter zu einen Nachbarin und hat gefragt, ob sie etwas Kaffe kriegen könnte, für meinen Vater an der Arbeit. Sie hatte gesagt: „Nein, ich gebe nichts heraus von meinen Sachen!“ Eine viertel Stunde später ,klopft es , da stand ein Bruder Kalvis von der Gemeinde Herne bei uns an der Tür und hat gesagt , wir sollen sofort mit einem Handwagen zur Gemeinde kommen, wir haben von Amerika, Lebensmittel, Kleidung und viele andere Sachen bekommen. Wir sind dann dort runter mit dem Handwagen und haben dann uns zu essen geholt. Dann kam diese Frau, wo meine Mutter Kaffee haben wollte und hat gefragt, ob sie was zu essen kriegt. Heute weiß ich, dass es nicht richtig war, was meine Mutter gemacht hat. Ihr hat sie gesagt: “Du hast mir keinen Kaffee gegeben .jetzt kannst Du auch nichts von uns bekommen!“.