Ussballen, Insterburg, Ostpreußen

Mormon Deutsch Erika KrahlMein Name ist Erika Krahl. Ich bin am 12. Oktober 1918 in Ussballen im Kreis Insterburg in Ostpreußen geboren. Mein Vater war ein russischer Kriegsgefangener namens Gregor Schaljapin. Meine Mutti, Anna Elizabeth, hat eine Sünde begangen; sie hat sich in ihn verliebt.

Für Groβvater war es eine groβe Schande, dass Anna, die als Köchin auf einem groβen Rittergut angestellt und für die Versorgung des ganzen Gutes verantwortlich war, sich mit einem gefangenen Russen eingelassen hatte. Groβvater konnte es nicht verwinden, dass eine seiner Töchter, ein Kind unter dem Herzen trug, dessen Vater ein im Ersten Weltkrieg gefangener Russe war, der auf dem Gut arbeitete, im Schafstall geschlafen hatte und oft auf der Bank, vor dem Stall saβ und vor Heimweh herrliche Lieder gesungen hatte. Mein Großvater hat das Deutsche Konsulat angerufen und so wurde mein Vater ausgewiesen. Er hatte dann meine Mutti alleine in Ostpreußen zurückgelassen, obwohl er meine Mutti mitnehmen nach Russland wollte. Das ging aber nicht, weil meine Mutti noch nicht volljährig war; sie war erst 20 Jahre alt.

Groβvater, Ferdinand Friedrich Brokat, war ein angesehener Tischlermeister und Zimmermann. Die Familie kam als vertriebene Hugenotten und wurde vom groβen Kurfürsten in Ostpreuβen aufgenommen. Meine Großmutter war eine Hugenottenfrau, eine geborene Kristir. Sie war eine sehr fromme Frau, die bei ihrer Arbeit immer wieder betete: “Hilf mir der liebe Gott“. Sie hat mich das Beten gelehrt. Das hat mich schon als kleines Kind sehr geprägt.

Mein Großvater empfand mich als einen Fremdkörper und das hat man mich schon als Kind fühlen lassen. Er wollte, dass seine Tochter Anna, nun nicht mehr zu Hause, sondern in einem anderen Kreis leben sollte. Meine Mutti wurde aus dem Haus gejagt, weil sie Schande über die Familie gebracht hatte, durch meine Geburt. Meine Tante Lina, die Schwester meiner Mutter, hat mich gepflegt. Sie hat mir das Essen gekocht, als ich ein halbes Jahr alt war.

Im Sommer 1919 ging Tante Lina in die Werkstatt des Großvaters und wollte für mich einen Brei kochen, weil ich Hunger hatte. Dazu hatte sie einen Spirituskocher. Mein Großvater brauchte für seine Arbeit Spiritus und hat sich davon einen großen Vorrat angelegt. Tante Lina hat mich in einen Gluckenkorb mit Stroh gesetzt, während die Küken schon draußen im Hof herumliefen. Sie nahm den Kocher, hat ihn angezündet, doch bald erlosch die Flamme. Nun musste aus der großen Flasche Spiritus nachgefüllt werden und dabei ist die Flasche explodiert. Tante Lina ist am lebendigen Leibe verbrannt. Man hat sie in das Krankenhaus gebracht und ihre letzten Worte waren, bevor sie starb, möge doch Erika meine Fähigkeiten erhalten. Sie selbst war eine begabte und gesuchte Schneiderin.

Dabei ist auch die Werkstatt ausgebrannt. Dann suchte man nach mir. „Wo ist die kleine Marbelle? Ist sie verbrannt”? Die Nachbarn kamen zu Hilfe. Nein, ich lag, ruhig schlafend, im Gluckenkorb. An mich kamen keine Flammen heran. Es war ein Wunder, dass ich lebte.

Ich wuchs bei Großmutter auf. Die schlimmste Zeit war für mich, als ich zur Schule kam. Der ganze Ort wusste, dass ich einen russischen Vater hatte. Dort haben mich die Kinder geprügelt, geschlagen, an den Haaren in die Ecke gezogen, ins Wasser gestoßen, gehänselt, als “Russenkind“. Mir wurden schreckliche Worte gesagt, die mich verletzt haben.

Eines Tages kam Großvater in die Universitätsklinik nach Königsberg, wo er Ende Juli desselben Jahres, verstorben ist. Jetzt hatte Großmutter für vier Kinder und für mich zu sorgen. Sie hat immer mit Gottes Hilfe ihre Arbeit getan und oft gerufen „hilf mir der liebe Gott”. Sie war eine fromme Frau, als vertriebene Hugenottenfrau aus der Schweiz, hat sie ihr Leben immer im Glauben und mit Gott gemeistert. Meine Mutter lebte nun im Kreis Ledauen, wo sie eine gesuchte Köchin war. Zwischen den Kindern hatte meine Großmutter wenig Zeit, um für meine Bildung und mein Wachstum zu sorgen. Dann hat Meine Großmutter zu meiner Mutter gesagt. “jetzt nimmst du dein Kind zu dir”! als sie nun einen deutschen Mann geheiratet hatte. Plötzlich steht Anna, meine Mutter, mit einem Sack Federn, vor der Tür. Sie war gewohnt immer gut zu essen, doch wir hatten nur Kartoffeln, Blaubeeren zu Weihnachten 1944. Bis die Russen kamen. Aber wir waren einander fremd. Es war schwer für uns beide.

Als Hitler an die Macht kam, musste ich mich immer zum Rapport melden und wurde gefragt, ob ich ein Spion sei, ob ich Verbindung mit meinem Vater, in Russland, hätte; das musste ich verneinen. Weil ich schon immer von den Nazis bedroht wurde, habe ich auf einem großen Rittergut, einen Mann, Felix Krahl, kennen gelernt; er war Schlesier. Wir haben geheiratet und so kam ich 1938 nach Schlesien. Doch dennoch war ich den Nazis nicht entronnen. Sie haben mich wieder gefunden. Mein Mann wurde zur Strafkompanie eingezogen und ich musste mich immer melden, ob ich Verbindung zu meinem Vater hätte.

Es war immer Angst, die mich mein Leben lang begleitet hat. Aber diese Angst hat mich meinem Heiland immer näher gebracht, und fest an ihn zu glauben gelehrt. Mit meinem Mann haben wir in Schlesien in Bad Muskau gewohnt. Der Krieg war bald gekommen und ich hatte zwei Söhne, Hartmut und Joachim. Den jüngeren hatte ich ohne Hilfe zur Welt gebracht. Am Abend, bevor wir vertrieben wurden, waren die Russen da und sie hatten schon mit der Artillerie auf die Stadt geschossen.

Schlesien war geteilt durch die Neiße. Wo wir wohnten, war der östliche Teil. Dazu kam am selben Abend noch ein Mann von der NSDAP, der sagte: „Morgen früh werden Sie abgeholt! „

Auf der anderen Seite der Neiße wohnte ein Onkel meines Mannes. Da hat mich die Angst erfasst und ich bin gegangen. Meine Mutter hat in Kurland alles, Haus und Hof, verloren. Die Russen waren gekommen, und sie ist geflohen und war zu mir gekommen. Eine Zeit des Hungerns begann.

Es waren viele Flüchtlinge unterwegs und wir haben vieles gesehen und schreckliche Dinge erlebt. Meinen Kinderwagen habe ich mit einigen Habseligkeiten, auf den Schlitten gebunden, die Kinder eingepackt. Um halb 12 nachts sind wir über die Neißebrücke gekommen; um Mitternacht wurde die Brücke gesprengt.

Ich wusste nicht, wohin wir gehen konnten. Dann bin ich mit den Kindern durch tiefen Schnee nach Weißwasser gewandert, bei minus 25 Grad C. Dort angekommen sind wir zum Bahnhof gegangen, doch der war überfüllt von Flüchtlingen. Es konnte niemand mehr hinein. Man hörte nur noch jammern, weinen und schreien. Kinder sind erfroren. Da sah uns ein Soldat, der auf uns zukam und sagte: „Liebe Frau, wenn ich Sie hier sehe, muss ich an meine Frau denken, wo mag die wohl mit den Kindern sein? Wenn Sie hier draußen bleiben, sind Sie morgen erfroren. Beten wir zu Gott, dass es keinen Fliegeralarm gibt. Der Bus, den ich habe, ist klapprig, es ist kein Sitz mehr drin, nur Bretter, aber sie können dort übernachten, damit sie nicht erfrieren“. Dieses Wort: “Beten wir zu Gott „ hat mich sehr gewundert und erfreut. Hitler hat es verboten, denn wer arbeitet, der hat Kraft. Wir haben eine Nacht im Bus verbracht und es gab keinen Fliegeralarm. Am Morgen gab er uns eine Tasse heißes Wasser, denn wir hatten alle nichts zu essen. Wir haben das Wasser getrunken und sind weggegangen.

Ich habe meine Kinder eingepackt und meine Mutter und hatte den Gedanken nach Guteborn zu fahren, in Sachsen, Deutschland. Dort hatte ein Bruder, von meines Mannes Vater, ein Hotel, das wusste ich und da wollte ich hin. Ich bin am Morgen weggegangen, durch den Wald, ein alter Mann hat mir den Weg gewiesen. Auf der Straße konnte man nicht gehen. Da fuhren Panzer und viele Flüchtlinge. Die Front rückte immer näher. Tiefflieger knallten alles ab, was sich bewegte.

Wir haben Schnee geleckt, und waren bis spät in der Nacht unterwegs. Das Hotel war hell erleuchtet und es wurde gefeiert, mit Musik und frohem Leben. Granaten donnerten und es war Krieg und dort feierten die Offiziere mit ihren Frauen! Ich ging mit meinen Kindern in das Hotel und setzte mich an einen Tisch. Da kam Onkel Felix: „Was wollen Sie hier”? „Ich bin die Frau von Felix aus Bad Muskau”. „Wie siehst Du aus, Du passt hier nicht herein”! gab er mir zu verstehen. „Ich habe keinen Platz“. „Ich werde Tante Emma fragen“. Als Onkel Felix zurückkam, sagte er, wir könnten im Arbeitszimmer am Fußboden schlafen. Man brachte uns ein paar Decken. Doch wir bekamen kein Brot, nichts zu essen. Meine Mutter wurde nicht aufgenommen, sondern an eine andere Adresse geschickt.

Unsere Odyssee ging weiter. Am 3. Februar sind wir in Bad Muskau weggegangen. Jetzt am 10 Februar, waren wir dort in Gotheborn. Doch wir haben auch hier, im Hotel, nichts zu essen bekommen. Ein Kolonialwarengeschäft war dem Hotel angeschlossen. Dort habe ich, mit Lebensmittelmarken, Milch und Mehl, für die Kinder, gekauft. Tante Emma sagte, ich solle um Kartoffeln betteln gehen. Die Kinder konnte ich nun nicht mehr stillen. In der Küche wurde zwar für die Offiziere gekocht, doch die Köchin durfte uns nichts geben. Als sie einmal die Speisekammer mit ihrem Schlüsselbund öffnete, sah ich die Würste und Schinken dort hängen. Ja, das muss Tante Emma für die Offiziere haben! Die Kinder bekamen am Abend wieder Wassersuppe mit Milch, als ein Ausrufer kam und verlautete, dass Flüchtlinge raus müssen. Onkel Felix kam und sagte: “Du bist eine Krahl, Du kannst hier bleiben”. Ich betete zum Herrn, um zu wissen, was ich tun sollte.

Am Morgen bin ich aufgewacht, packte meine Sachen in einen Sack und bin mit den Kindern zu den bereitgestellten Bussen gegangen, die mit Holzgas angetrieben wurden. Wir setzten uns auf die hinterste Bank. Den Kinderwagen habe ich stehen gelassen. Es war sehr kalt 25-27 Grad C unter 0. Wir hatten nichts zu essen. Der Bus war bereit abzufahren, als der Fahrer noch einmal die Tür öffnete und Tante Emma eine kleine Dose mit Wurst zum Bus brachte.

Mittags kam eine Parole von Mund zu Mund. Mitten im Chaos hatte ein Bäcker in Schwarzenwerder Brot gebacken. Ich musste einige Kilometer gehen, aber ich konnte Brot kaufen und ein Stück Margarine dazu. Mittags wurde ein Zug zusammengestellt. Wir hatten ein Abteil, zusammen mit einer anderen Frau. Das Brot haben wir mit Schnee gemischt. Im Zug mussten wir stille sein, wir durften uns nicht bewegen, wegen der Tiefflieger. Die Organisation Todt, hat die Trümmer zusammengelegt, damit man überhaupt fahren konnte. Flieger kamen wieder, aber es fielen keine Bomben. Kanonendonner war immer zu hören.

Am Morgen kam ein neuer Lockführer und Kohle. Vierzehn Tage fuhr der Zug von einer Stadt zur anderen. In Halle an der Saale war auch kein Platz mehr. Sie konnten keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. Zu Mittag in Magdeburg, die Sonne schien, standen am Bahnhof Leute von der NSDAP- der nationalen Partei und riefen Parolen, wie “durchhalten, Hitler wird den Krieg gewinnen, wir haben die V1 und die V2 und so fort”. Dann gingen die Türen und Fenster des Zuges auf und die Leute haben geschrien; “Wir haben Hunger, Hunger, Hunger“. „Wir schicken das Rote Kreuz“. Sie brachten Kaffee und Brot. Alle hatten nichts mehr zu essen. Auch in Magdeburg durften wir nicht bleiben.

In Hannover nahmen sie uns auf. Wer wollte, stieg aus. Weil ich Angst vor Fliegeralarm hatte, stieg ich am Morgen nahe bei Hannover aus. Wir wurden mit dem Bauernwagen nach Wunstorf gebracht. In der Turnhalle war Stroh ausgebreitet, aber zu essen bekamen wir nichts. Jetzt waren wir froh einmal Ruhe zu haben. Wir wurden nach unserem Beruf gefragt. Als Schneiderin und Putzmacherin kam ich zu einer Schneiderin. Dort bekam ich ein Zimmer und ein Bett mit einem Loch darin. Wer ohne Beruf war, kam zu einem Bauern. Wir waren nicht sehr willkommen. In diesem Zimmer war ein Kanonenofen, für den ich Holz im Wald holen konnte. Aber der Frühling war da. Wir sind am 15 März 1945 in Wunstorf angekommen.

Mein Mann hat uns über das Rote Kreuz gefunden. Er kam aus der Gefangenschaft bei den Engländern. Felix war Handwerker und sollte am Aufbau mitarbeiten, doch er wollte nicht bleiben. Er war ausgebrannt und konnte nicht mehr. Nach Wochen kam auch meine Mutter. Alle Verwandten waren der Meinung, wo ich sei, da gäbe es auch etwas zu essen. Doch wir alle hatten nichts.

Ich arbeitete bei Bauern einen ganzen Tag, damit wir etwas zu essen bekamen. Eines Tages bekam mein Mann Nachricht, dass seine Mutter gestorben sei, jenseits der Neisse. Er ging über die grüne Grenze. Er ging über Göteborn. Man hat ihm erzählt, dass es die Speisekammer bei Onkel Felix gab und als die Russen kamen, um sich etwas zu essen zu holen, hatte man Tante Emma in die Scheune geschleppt, wo sie vergewaltigt wurde und dann hat man ihr den Kopf abgeschlagen. Als Onkel Felix ihr zu Hilfe kommen wollte, wurde auch er erschlagen und das Hotel abgebrannt. Ihr Sohn ist im Krieg gefallen. Die ganze Familie wurde ausgelöscht.

Endlich war der Krieg zu Ende. Es musste aufgeräumt werden. Alle mussten arbeiten. Mein Mann war angeschlagen, er war seelisch kaputt, er konnte nicht mehr und lag immer auf dem Drahtgestell. Der Arzt gab mir eine Kampferspritze, ich war damals 27 Jahre alt und hatte meinen ersten Herzinfarkt. Vor Hunger bin ich der Treppe hinunter gefallen. Er sagte, was mir fehle, sei nur Essen – ich müsse essen. Was man in dieser Zeit ertragen musste, ist nicht zu schildern.

Eines Tages, es waren Jahre vergangen, kniete ich vor dem Bett und schrie zum Heiland. Enttäuscht wollte ich von der Evangelischen Kirche, von den Baptisten und anderen christlichen Religionsgemeinschaften nichts mehr wissen. Ich habe gesucht. Ich konnte nichts mehr fühlen, wenn ich zu Jesus gebetet hatte.

Es hat an der Tür geklingelt und da stand ein Mann. Ich nahm manchen auf, und fragte ihn: „Guten Abend, was wünschen Sie”? Die Hausfrau wollte nicht, dass wir zu viel Licht machten, deshalb war es dunkel. Er sagte, er suche jemanden. „Wissen Sie nicht den Namen, von dem, den Sie suchen”? Dieser Mann sah so anders aus. Er hatte keine Tasche, nichts sonst bei sich. Ich lud ihn ein hereinzukommen. Mein älterer Sohn, der schon gestorben ist, war zu dieser Zeit ein junger Mann. Mein jüngerer Sohn studierte in Hannover. Mein Mann war auch zu Hause. Der Tisch war vom Abendessen noch gedeckt. Ich stellte Teller, Brot, Butter, Käse auf den Tisch und bat ihn, Platz zu nehmen. Wollen Sie Kaffee oder Tee trinken. Die Männer aus dem Osten wollten immer Kaffee trinken. Er wollte Tee trinken. Endlich jemand, der mit mir Tee trinken wollte. Er hat nur vom Brot genommen, das er gebrochen hat. Messer und Gabel blieben unbenützt.

„Wen suchen Sie”? „Gehen Sie zum Pastor, wollen Sie einen Vortrag halten über Ihre Arbeit”? „Wissen Sie, ich bin ein sündiger Mensch. Da ist eine Frau, die bringt immer den Zehnten, aber das kann ich nicht. Wissen Sie zu wem Sie gehen wollen? Wer ist das”? „Sie sind es“, gab er zurück. „Wer hat Ihnen den Auftrag gegeben”? wollte ich wissen. „Von dort oben“, er zeigte gen Himmel”, habe ich den Auftrag bekommen, Sie zu suchen“. Ich konnte es nicht begreifen. „Es ist spät, wollen Sie über Nacht bleiben? Ich kann Ihnen ein Bett auf der Couch machen“. Das wollte er. Wo liegen Sie, wenn Sie unterwegs sind”? Da bekäme er alles geschenkt. „Wissen Sie nicht, die Lilien auf dem Feld und die Vögel unter dem Himmel”? „Ja, das habe ich von Kind auf gehört, aus der Bibel”.

Am anderen Morgen, zwischen der Küche und dem Zimmer, in dem er lag, war eine Schiebetür. Ich schaute durch den Spalt und sah ihn knien und beten. Da hörte ich deutlich zwei Stimmen. Die eine sagte: Schmeiß ihn raus, das ist ein falscher Mensch, die andere Stimme sagte, das ist ein Mann Gottes. Ich wusste, dass es ein Mann Gottes war. Ich war erschrocken, als die Tür aufging. “ Bitte vergeben Sie mir, aber im Bad haben wir nur eine kalte Dusche. Darf ich Ihnen einen Hocker mit einem Handbecken, Seife und Handtuch bringen”? Da hat er mir ein Hemd gebracht. “Wo haben Sie das her“? Er sagte, „das ist mein altes. Das habe ich geschenkt bekommen“. „Wo haben Sie es her”? „Sie wissen doch”. Er musste doch meine Gedanken kennen! Zum Frühstück hat er wieder nur das Brot gebrochen.

Um 7 Uhr früh wollte er weg. Ich schaute zum Fenster hinaus, der Himmel war in glühenden orangen und roten Farben. Wie herrlich war der Morgen. „Haben Sie den Himmel gesehen”? „Wunderbar“ „Ja, nehmen Sie es als ein gutes Zeichen”. „Ihr Leben wird neu werden. Sie werden eines Tages, wunderbare Botschaften bekommen“. Er legte seinen Arm auf meine Schulter und sagte, „So einen Glauben, wie Sie haben, habe ich während meiner ganzen Berufung noch nicht gefunden.“ „Bitte kommen Sie bald wieder“, bat ich ihn. „Ich kann nur einmal kommen und nicht wieder“. Ich holte das Taschentuch aus der Tasche, doch als ich aufschaute, war er weg. Mein Sohn und mein Mann haben ihn nicht gesehen. Niemand würde mir diese Begebenheit glauben. Ich wartete auf Nachricht.

Später habe ich Arbeit bekommen und eine Vierzimmerwohnung mit Badezimmer, als es an einem Sonnabend, an der Türe klingelte. „Töchterchen“, sagte meine Mutter, „ich gehe an die Tür“ An diesem Tag habe ich, wie immer für Sonntag vorgekocht, denn der Sonntag wurde schon von meiner Großmutter heilig gehalten. Auch die Tiere und die Angestellten mussten ruhen. Ich kochte Suppe und Gulasch. „Nein, wir brauchen nichts, wir haben schon die Bibel“, sagte meine Mutter und machte die Tür zu. Nach einer Weile klingelte es wieder. Sagte mein Mann: „Jetzt gehe ich“. „Nein, wir kaufen nichts“. Als ich im Wohnzimmer war und eben die Zeitung durchgeblättert hatte und eine Anzeige las „Kirche Jesu Christi“, klingelte es wieder. Nun ging ich an die Tür. Ich sah zwei junge Männer, mit dem Schild am Sakko – Kirche Jesu Christi, der Heiligen der letzten Tage.

„Ja ich komme, ich komme”! rief ich aus. Wir sind Missionare der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und zeigen morgen in der Schule, in der auch mein Sohn Achim zur Schule ging, einen Lichtbildervortrag über “ Des Menschen Suche nach Glück“ “. Mütterchen, wir gehen morgen in die Scharnhorst- Schule, da gehe ich hin und Du kommst mit“. Der Opa und seine Tochter von oben, auch aus Ostpreußen, kamen auch mit. Der Opa sagte zu den Missionaren: Ich will hören, wie Sie beten“. „Die beten so, wie die Pastoren es nicht können, deshalb gehen wir hin”. Das war am Sonntag. Am Dienstag waren die Missionare bei mir. So begann das Leben wieder von neuem, und ich wusste, dass das die Wahrheit ist, die ich da endlich bekommen hatte. Ich wurde 7. Juni 1967 in Celle bei Hannover getauft.