Hansestadt Lübeck
Mein Name ist Wilfried Heinrich Christian Süfke, ich bin am 4.August1934 in Lübeck geboren. Mein Vater hieß Walter Süfke und meine Mutter Minna Hanna Sophie geborene Scheinig. Ich hatte einen Bruder, der ist 1940 geboren und nach zweiundvierzig Jahren gestorben. Ich bin in St. Lorenz geboren und aufgewachsen. Während des Krieges gab es sehr viel Alarm, alles in allem kann ich sagen, ich hatte eine gute Kindheit. Mein Vater war nicht eingezogen, weil er im Lebensmittelgeschäft gearbeitet hat im Großhandel für Saaten, deshalb wurde er nicht eingezogen. Er hat mehr für den Zivilschutz gesorgt. Meine Großmutter und mein Großvater waren schon Mitglieder der Kirche. Mein Großvater war 1901 Mitglied und meine Mutter 1911. Meine Mutter hatte noch eine Schwester, die zwei Jahre älter war als sie. Das ist durch Missionare geschehen. Meine Großmutter hat einige Missionare aus dem Gefängnis geholt. Ich wurde als Vierzehnjähriger getauft. Das ist durch die Kriegszeit gekommen. Meine Mutter wollte es nicht, dass wir die Lebensmittel in Anspruch nahmen und deshalb sind wir etwas später getauft worden. Mein Vater war evangelisch und er hat darauf bestanden, dass seine Söhne erst konfirmiert wurden. Dann durften sie sich der Kirche anschließen.
Als ich in Salt Lake war, als ich Bischof war, habe ich versucht, den genauen Zeitpunkt der Gründung der Gemeinde Lübeck festzustellen, aber das ließ sich nicht feststellen. Aus den Erzählungen meines Großvaters Christian Johann Karl Scheinig, erfuhr ich, dass die Lübecker Gemeinde im Jahr 1900 zirka dreißig Mitglieder zählte. Er selber ist am 3. Juli 1900 getauft worden. Die Gemeinde wurde von Missionaren aus der Hamburger Gemeinde St. Georg Besenbinderhof geführt. Mein Großvater wurde von Bruder B.K. Bieringer und Bruder H. N. Hoppendorf getauft. Ein Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zu sein, war zu diesem Zeitpunkt nicht leicht.
Nachdem Kaiser Wilhelm II 1890 Reichkanzler Fürst Bismarck entließ, ist jetzt Fürst Bernhard von Bülow als dritter Nachfolger berufen worden. In Deutschland tritt das bürgerliche Gesetzbuch in Kraft, in Berlin verkehrt die erste Autodroschke usw. Lübeck ist eine frei und Hansestadt, sie wird durch einen Bürgermeister und den Senat regiert und auch hier darf jetzt die Kirche Einzug halten. Lübeck war zum größten Teil evangelisch- lutherisch. Die reformierte und die katholische Kirche hatte nur wenige Mitglieder. Deshalb war es für die ersten Mitglieder nicht leicht das Evangelium anderen zu bringen. Versammlungen der Kirche wurden in dieser Zeit in den Heimen der Mitglieder durchgeführt. Die Missionare und die Mitglieder konnten sich als Pioniere bezeichnen. Der Weg der Missionsarbeit war sehr steinig und endete für viele von ihnen im Gefängnis, beziehungsweise im Gewahrsam auf irgendeinem Polizeirevier. Auch zu dieser Zeit gab es eifrige Beamte, die ihren Dienst zu genau nahmen. Pastoren und Feinde der Kirche taten ihren Teil. Mein Großvater berichtete mir, dass es zum Alltäglichen zählte, einen Missionar aus dem Gewahrsam zu holen. Manchmal hatte es sehr viel Überredungskunst gekostet. Auch die Mitglieder blieben nicht verschont. Auch sie mussten den strengen Anweisungen der Polizei folgen und wanderten für einige Tage ins Gefängnis. Auch meinen Großvater ereilte dieses Schicksal.
Diese Schwierigkeiten konnten aber den Fortschritt der Gemeinde in Lübeck nicht stoppen. Kinder wuchsen auf, weitere Familien kamen zur Kirche und wurden getauft. Unter den Kindertaufen waren auch meine Tante Frieda Lechner geborene Scheinig und meine Mutter Milla Süfke geborene Scheinig, die am 18. Mai 1911 im Trinser Teich getauft wurden. Eine weitere Familie muss hier erwähnt werden. Es ist Familie Johann Heinrich Christian Maier und Anna A.W. Schmidt. Sie schlossen sich im Juni 1908 der Kirche an und prägten mit ihren Kindern das Gemeindeleben in den nächsten Jahren. Bis zum Jahr 1914 wurden die Versammlungen in Räumen am Pferdemarkt und in der Johannesstraße, der jetzigen Dr. Julius Leberstraße durchgeführt. Die Gemeinde wuchs dank der Unterstützung der amerikanischen Brüder, die als Missionare in Lübeck ihren Dienst für den Herrn taten.
Im Jahre 1913 zieht die Kirche ihre Missionare aus Europa zurück und die Rückkehr ist bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges abgeschlossen. Die letzten Missionare verlassen über Dänemark das Missionsfeld. In den Krieg werden im Laufe der Zeit beinahe alle Nationen hineingezogen. Zu diesem Zeitpunkt war die gesamte Arbeit in der Kirche auf die Mitglieder der Gemeinde verteilt. Bruder Johann Maier wurde mit der Leitung der Gemeinde beauftragt. Die Versammlungen in dieser Zeit werden in einem Heim, in der Kolbitzstraße 21 durchgeführt .Die Brüder dieser Gemeinde wurden teilweise zum Militärdienst eingezogen und mussten ins Feld. So lag doppelte Arbeit auf den Schultern derjenigen Geschwister, die in der Heimat zurückgeblieben sind. Im Nachhinein gebührt diesen Geschwistern Dank für ihre große Arbeit, denn die Kirche mache weiter Fortschritte. Nach dem Krieg stellten sich auch die ersten Missionare aus Amerika wieder ein. Der Krieg hatte das seine getan, um die Menschen zum Nachdenken zu führen. In dieser Zeit sind viel zur Kirche gekommen und haben das Evangelium angenommen und sich taufen lassen. Es war eine schlimme Zeit, das Geld hatte keinen Wert, es gab eine Hungersnot. Viele Menschen ernährten sich hauptsächlich von Steckrüben, Kartoffeln, Brot und Wasser. In Amerika haben die Mitglieder gesammelt und Lebensmittel und Kleidung nach Deutschland geschickt, so ist vielen Mitgliedern in ihrer Not und der Sorge um ihre Familien geholfen worden.
In Lübeck fanden in der Zeit von 1918 bis 1924 viele Aktivitäten statt. Wie wir aus vorhandenen Bildern erkennen können. Alle Hilfsorganisationen waren organisiert. Die Frauenhilfsvereinigung , die Sonntagsschule, die Gemeinschaftliche Fortbildungsvereinigung. Hier gab es eine starke Gruppe der Ährenleserinnen. Ein großer Chor ist gebildet worden, es gab Ausflüge, Tanzabende und andere Veranstaltungen fanden statt. Mit viel Begeisterung trug man dazu bei, dass die Mitglieder sich entfalten konnten. Meine Mutter erzählte mir, dass die Missionare mit großem Eifer den Chor schulten und ein wohlklingender Chor auf die Beine gestellt worden ist. Es gab hier viele gute Stimmen. Die Anwesenheit in der Frauenhilfsvereinigung zu dieser Zeit kann sich sehen lassen. Wie schon vorher erwähnt, gab es eine starke Ährenleserinnengruppe, es handelte sich hierbei um junge Schwestern im Alter von achtzehn bis fünfundzwanzig Jahre. Selbst heute gibt es nicht mehr Mitglieder, die zu den jungen Erwachsenen zählen würden. Man hat auch eine Theatergruppe gebildet.
Die Versammlungen der Gemeinde waren 1928 bis 1929m sehr gut besucht und es kamen einige neue in die Gemeinde. Zu diesen Familien gehörten die Familien Wiborny, die Familie Sass. Als Bruder Gottlieb Wiborny sich der Kirche anschloss, war er krank und bettlägerig, er musste von Mitgliedern gestützt werden, als er getauft wurde. Nach der Taufe ist er selber nach Hause gegangen. Diese hat Bruder Wesemann ihm als Segenverheißen. Zu den Mitgliedern gehörte auch Bruder Friedrich Sass. Und zu dieser Zeit war auch die Boyscout. Arbeit sehr stark. Er war der erste Adler-Scott, den es in der schweizerisch –deutschen Mission gab, das war 1931.Friedirch Sass wurde 1934 Gemeindevorsteher und diese Berufung führte er bis 1939 durch, dann musste er in die Wehrmacht.
Nachdem die Missionare aus Deutschland abgezogen wurden, da der Zweite Weltkrieg beginnen sollte, wurde Bruder Sass als Gemeindepräsident in Lübeck eingesetzt. 1938 wurde Bruder Hans Wiborny nach Ostpreußen als Missionar geschickt. Beide Brüder sind als Soldaten in den Krieg geschickt worden und Bruder Gottlieb Wiborny hat die Gemeinde bis zum Ende des Krieges geleitet. Er sammelte das Zehntengeld ein, war Missionar und hat sehr viel während des Krieges getan. Er wurde von Walter und Ewald Maier unterstützt. Die Versammlungen wurden bis Ende 1942 in der Mühlenstraße, im Hof, abgehalten.
In der Palmarumnacht, das ist eine bestimmte Nacht von der evangelischen Kirche, wurde Lübeck bis zu 60% zerstört. Danach wurde der Versammlungsraum beschlagnahmt, so dass Hausversammlungen von dieser Zeit bis zum Jahre 1946 durchgeführt wurden. Dann folgten Versammlungen in Schulen, im Katherineum, in Franke-Schule und im Johaneum bis zum Jahre 1963.
Viele Flüchtlinge aus dem Selbongen, Königsberg, Stettin und aus Pommern kamen durch den Flüchtlingsstrom nach Lübeck. Dadurch gab es ungefähr 600 Mitglieder in Lübeck .Die Versammlung wurde von 370 Besuchern besucht. Bruder Hans Mohr war in dieser Zeit Gemeindevorsteher. Gegen 1950 wird die Gemeinde Rheinfeld, als Zweiggemeinde mit Hans Wiborny als Zweigpräsident berufen. Es gibt circa hundert Mitglieder dort .In den nächsten Jahren verlassen viele Mitglieder aus Lübeck und Rheinfeld die Gemeinden und gehen nach Süddeutschland und nach Amerika. 1945 wird Rheinfeld wieder geschlossen und von 1953 bis 1959 wird die Gemeinde wieder von Missionaren geführt.
Es hat angefangen mit der Primarvereinigung, dort bin ich als Sekretär gewesen, anschließend bin ich, bevor ich auf Mission ging. 1959 bin ich Sekretär gewesen und habe da alle Dinge durchgeführt. Als Missionar habe ich in Norddeutschland gedient. Ich war die die Jugendlichen zuständig und bin vom Missionspräsidenten beauftragt worden die Jugendlichen zu führen. Nach der Mission bin ich gleich Gemeindeleiter geworden. Nach einem Jahr bin ich Missionsleiter gewesen. Dann bin ich – nachdem ich geheiratet hatte – gleich berufen worden als Bischof. Ich war sieben Jahre Bischof. Nach meiner Entlassung war ich zehn Jahre im Hohen Rat. Fünfundzwanzig Jahre bin ich Beauftragter für Sport gewesen im Pfahl Hamburg, bzw .für ganz Westeuropa. Ich war Sportler für Handball und Leichtathletik.
Meine Frau habe ich bei meiner Taufe kennengelernt. Sie kannte mich als Freund ihres Bruders. Bei ihrer Taufe haben wir uns das erste Mal gesehen. Ich bin dann auf Mission gegangen. Sie hat dann immer Gründe gefunden mir zu schreiben und hat immer Fragen gestellt über das Evangelium. Ich musste ihr dann immer antworten. Das habe ich auch gemacht. Dann bin ich von der Mission zurückgekommen und wir haben uns eigentlich in der Kirche nur so gesehen. Wir waren später auf einer Konferenz in Kiel. Da haben wir zusammen ein Spaziergang gemacht und von da ab wurde das etwas Ernstes. So haben wir uns in der Kirche kennengelernt. Sie ist dann hier nach Lübeck gekommen und wir haben hier geheiratet. Dann bin ich gleich Bischof geworden. Das war eine ganz schwere Zeit. Zur gleichen Zeit war hier Gemeindehausbau.
Wir haben vier Kinder. Wir haben drei Mädchen und haben dann als viertes noch einen Sohn bekommen. Die drei Mädchen sind verheiratet auch in der Kirche und unser Sohn hat jetzt in diesem Jahr eine junge Frau außerhalb der Kirche geheiratet. Ich war drei Mal in Amerika, wo ich von Generalautoritäten belehrt worden bin. Ich bin Stahlkaufmann gewesen.
Liebe Geschwister in Lübeck,
möchte gerne erfahren ob am 24. Dezember im Gemeindehaus, Rabenstr. eine Versammlung sein wird. Würde mich über eine kurzzeitige Antwort freuen.
Liebe Grüße aus Osnabrück
Ilse Wenke