Guttstadt, Kreis Allenstein, Ostpreußen
Ich bin Adelheid Nadig, geborene Dittrich, Tochter des Julius Dittrich und seiner Frau Adelheid geborene Schulz. Ich bin am 13.Juli 1923 in Guttstadt [jetzt Dobre Miasto], Kreis Allenstein in Ostpreußen geboren die Älteste von sechs Geschwistern; wir hatten vier Mädchen und zwei Jungen. Ich bin aufgewachsen bei meiner Großmutter Anna Schulz, auch in Guttstadt geboren. Das war eine liebe Oma. Ich war gerne bei ihr gewesen, denn in Ostpreußen ist es wunderschön und sie wohnten da in Kienbruch. Die hatten einen wunderschönen Garten mit einem großen Apfelbaum und man hatte mir in dem Apfelbaum eine Schaukel gehangen. Aber um da hinein zu kommen, musste ich auf den Tisch steigen. Und der Steg ging draußen in die Alle. Da habe ich gerne als Kind immer drauf gelegen und die Tiere beobachtet, die Fische, die Krebse, die da waren. An das kann ich mich alles noch sehr schön erinnern. Meine Großmutter war immer sehr lieb zu mir. Ich kriegte immer Butterklümpchen bei ihr und ich war immer ihr Goldkind. Das kann ich nicht vergessen. Da erinnere ich mich im Alter wirklich in die Jugend zurück. Aber dieses Paradies ist nicht mehr da. Als ich so drei Jahre alt war, verlor mein Vater, der Rottmeister bei der Bahn war, seine Arbeit, weil dort Arbeit abgebaut wurde und er machte sich auf, hier zum Rheinland, um Arbeit zu suchen.
Als die Russen kamen, da haben sich die Guttstadt gewehrt und die Russen haben die Häuser alle mit Benzin beschüttet und angesteckt. Ich bin 1996 da gewesen und habe mir das angesehen. Ich wollte noch einmal an meine Wurzeln zurück. Wo das Haus stand, konnte man auf einer Klippe stehen und so fünf, sechs Meter tiefer unten die Alle als kleinen Bach fließen sehen. Ich konnte nur an Hand der Brücke, die über den Fluss ging, genau wissen, wo die Stelle war, wo das Haus gestanden hat. Sonst war alles weg. Was die Russen gelassen haben, das waren die Kirchen, die haben sie nicht angerührt, den Storchenturm und den Eingang zum Friedhof. Das hat man alles noch so vorgefunden, wie ich es als Kind kannte.
Mein Vater war Rottmeister bei der Eisenbahn, die die Schienen verlegen und da hat er die Leute geführt. Das muss 1926 gewesen sein. Ich weiß nur, dass ich sehr an meinem Vater gehangen habe und dass ich sogar krank wurde, durch diese Trennung. Und da ist meine Mutter auf Anraten des Arztes mit mir zu ihm hinfahren. Der Arzt hat gesagt, die stirbt ihnen so oder anders. Meine Mutter sagte: „Ich kann das todkranke Kind doch nicht mitnehmen“. Der sagte: „Die stirbt Ihnen so oder anders“. Dann sind wir losgefahren und wie wir in Berlin waren, da war ich wieder gesund, weil ich wusste, es ging zum Papa. Und wie ich ihn dann wieder gesehen habe, dann ist meine Mutter wieder zurück gefahren. Damals war ich zwischen zwei und drei Jahren gewesen sein. Dann bin ich wieder zurück zu meiner Großmutter, da bin ich geblieben, bis ich so sechseinhalb Jahre alt war, da musste ich zurück, wegen des Schulanfangs. Dann habe ich die Schule angefangen, bin dann später auf die Handelsschule gegangen. Dann mussten wir bei Hitler ein Pflichtjahr leisten. Entweder ein Jahr in einer kinderreichen Familie oder zum Bauer. Da mein Vater auch ein Bauernsohn war, wollte ich auch gern einmal aufs Land. Das war 1940 im April, da sind wir nach Northeim gebracht worden und dann bin ich von einem Bauer abgeholt worden mit meiner Freundin Lilly, die mit in der Schule war, schon in der Volksschule und in der Handelsschule. die fuhr mit dahin.
Wir kamen beide in dasselbe Dorf nach Thüdinghausen bei Northeim, zehn Kilometer davon. Dort habe ich dann melken gelernt, ich habe alles mitgemacht, was wir so in der Landwirtschaft hatten. Morgens und abends vier Kühe gemolken. und ich hatte da wirklich eine schöne Zeit. Ich habe Futter geladen, ich habe Traktor fahren gelernt. Es ist ein wunderschönes Jahr gewesen. Dann bin ich nach Hause gegangen und kriegte gleich eine Stelle bei der Baustoffgroßhandlung. Dislich und Co. hieß die Firma. Da der Krieg war, hatten wir immer viel zu tun. Wir mussten auch immer länger arbeiten, da waren immer zehn oder zwölf Stunden am Tag. Und da so viele Angriffe nachts waren, mussten wir ein paar Mal raus, da bin ich manchmal eingeschlafen, dass ich mit dem Kopf auf die Schreibmaschine aufschlug, da wurde ich wieder wach davon. Dann sind die hingegangen und wollte die Mütter auch raus haben aus Duisburg, da ist ein riesengroßer Angriff gewesen. Danach haben sie alle Mütter mit kleinen Kindern evakuiert.
Da ist meine Mutter nach Gröningen bei Halberstadt gekommen mit meinen Geschwistern. Die eine Schwester, die zwei Jahre jünger ist wie ich, Dorothea, die war im Arbeitsdienst. Ich war vom Arbeitsdienst freigestellt, weil ich der Baustoffhandlung gebraucht wurde. Da hat mein Chef mich freistellen lassen. Meine Schwester war in Königsberg und fuhr dort Straßenbahn. Eine kleine Schaffnerin, als Arbeitsdienstmaid. Ich blieb beim Vater und die Front kam immer näher. Soldaten kamen schon zurück aus dem Westen, das war in Duisburg. Wir hatten Einquartierung, zwei Mann, die schliefen bei uns im Kinderzimmer. Die hatten eine Kuh mitgebracht, die schlachteten auch. Gegenüber von uns war so ein kleines Haus, da hatten sie ihre Küche drin. Die brachten uns auch von dieser Brühe und auch Fleisch davon. Mein Vater hatte einmal gesagt: „Aber das Euter werft ja nicht weg, das bringt mit“! Da hat mein Vater das Euter genommen und hat das gekocht. Wir kriegten im Krieg ja nur wenig Fleisch. Da war man immer froh, wenn man Fleisch hatte. Erst habe ich gedacht, das Euter essen? Er sagte: „Das wird Dir schon schmecken“. Und dann hat er mir eine Scheibe zum Probieren gegeben. Das schmeckt, als wenn man Käse essen würden. Da habe ich meinen Kollegen im Büro immer so eine Scheibe mitgenommen, die hatten sich gefreut.
Wie es dann hieß, dass die Amerikaner auf der anderen Rheinseite standen und wir hatten uns ja immer von Soldaten, wer weiß was für Schreckbilder gemacht, wir würden vergewaltigt und was nicht alles. Da habe ich zu meinem Vater gesagt: „Ich fahre zu Mutter“. Er war dann auch einverstanden. Ich habe so einiges eingepackt und bin dann los gefahren. Ich weiß, dass ich einmal im Sauerland übernachten musste. Unterwegs hatten sich schon mehrere zusammengefunden. Da war auch ein Mädchen aus Duisburg, die mitfuhr, die kannte ich auch aus der Schule. Unterwegs haben wir Jungen getroffen. Wir waren eine Gruppe. Abends sind wir auf einen Bauernhof und fragten, ob wir da übernachten konnten, wir wollten ja nur in die Scheune. Aber die Bäuerin war so, die steckte die Jungen in die Scheune und uns beide Mädchen nahm sie mit ins Haus. Da haben wir schön in Bette geschlafen. Wie wir am nächsten Tag weiter fuhren, da kamen wir, das muss in der Höhe bei Dortmund gewesen sein, da erfuhren wir, dass da ein Zug fuhr und der fuhr nach Magdeburg. Dann stiegen wir in den Zug und fuhr dann über Halberstadt. Ich bin in Halberstadt ausgestiegen, ich sehe mich noch, wie ich da ausstieg, holte mein Rad und da musste ich noch zwölf Kilometer bis Gröningen, wo meine Mutter war, eine gerade Strecke nur fahren.
Sie haben sich dann gefreut, dass ich kam. Da bin ich eine Zeit lang dageblieben. Die Amerikaner hatten bis Berlin Deutschland eingenommen. Nach einem Jahr oder so, gingen sie zurück bis hier zum Harz und ließen den Russen das ganze Gebiet. Und da kam der Russe da hin. Und da wollte ich auch nicht mehr bleiben und habe zu meiner Mutter gesagt: „Ich will hier weg, wenn die Russen kommen“. Da bin ich dann zur Zuckerfabrik gegangen und an dem Tag war ein Konvoi mit amerikanischen Autos, die kamen aus Gießen und wollten dort Zucker abholen. Dann habe ich mit meinem Schulenglisch mit dem verhandelt, ob sie mich mitnehmen würden. Das haben die dann auch gemacht. Sie haben gesagt, ich könnte mitfahren. Ich bin nach Haus gelaufen, habe meine Sachen geholt und bin wieder hin. Dann sind die mit mir auch los gefahren. Ich kann sagen, wie die durch den Harz gedüst sind, da vergeht hören und sehen. Sie mussten sich an den Zuckersacken festhalten, dass sie da nicht runterkippten. Die haben die Kurven genommen, wie irre. Und als sie dann aus dem Harz raus waren und wieder ebene Erde waren, da kam auf einmal ein Amerikaner gekrochen, von vorne nach hinten zu mir und wollte was von mir. Und ich war ja Jungfrau. Und dann haben sie angehalten und ich musste aussteigen.
Dann stand ich da auf der Chaussee. Aber das war nicht weit von einem kleinen Ort weg, oder Dorf, da wurde es auch schon Nacht und ich musste in einer Scheune übernachten. Da war auch noch ein deutscher Soldat, der auch auf der Flucht war irgendwie, der war auch in der Scheune, ein Familienvater, der wollte auch an mich ran. Da habe ich ihm gesagt, dass ich noch Jungfrau war und ich habe Angst davor, da hat er mir nichts getan. So habe ich doch noch unter männlichem Schutz geschlafen. Dann hat er mir gesagt, dass nächsten Morgen in dem Ort ein Zug nach Northeim gehen würde. Da bin ich morgens hin marschiert und es ging auch ein Zug. Ich muss auch Geld gehabt haben, sonst hätte ich nicht Zug fahren können. Wenn ich in Northeim war, da war ich ja bald in Thüdinghausen. Da bin ich zu Verwandten von meinem Bauer aus Thüdinghausen gegangen, der Viehhändler in Nordheim war.
Ich wollte sehen, ob jemand aus Thüdinghausen da ist, der mich dann hätte mitnehmen können, denn es fuhren damals so weit nicht die Züge regelmäßig. Ich hätte dann zehn Kilometer laufen müssen. Ich komme auf den Hof und wer steht da mit seinem Wagen. Opa Hilke. Der Vater von den Leuten, bei denen ich 1940 auf dem Hof war. Er hat sich gefreut mich zu sehen und hat mich natürlich mitgenommen. Die haben sich dann auch riesig gefreut, dass ich da war. Ich bin dann bei ihnen eine Weile geblieben. Bis eines Tages der Vater meiner Freundin mit meiner Freundin nach Thüdinghausen kam, um Sachen abzuholen, die sie da deportiert hatten im Krieg. Zum Beispiel ihr gutes Geschirr oder auch Silber. Die hatten mich dann wieder zurück genommen zu meinem Vater nach Duisburg. Da war ich dann wieder bei meinem Vater. Und dann kam auch meine Schwester wieder zurück. Die war in Königsberg im Arbeitsdienst Und eines Nachts träumte ich davon. Ich sah vor unserer Haustür, vor unserer Wohnungstür, Koffer stehen. Da sagte ich schon am nächsten Morgen zu meinem Vater: “Ich glaube unsere Dora kommt nach Hause, ich habe von der geträumt und der Koffer stand vor der Tür“. Und wie ich den nächsten Tag vom Büro zurückkomme, steht tatsächlich der Koffer vor der Tür. Meine Schwester war nicht da. Da war sie bei Nachbarn, weil sie nicht herein konnte. Jetzt war meine Schwester auch wieder zu Hause. Und ist auch wieder glücklich gewesen. Nun war meine Vater, meine Schwester und ich wieder zu Hause, aber wir hätten gerne meine Mutter und die anderen Geschwister zu Hause gehabt. Aber die Russen ließen die nicht heraus.
Da hat meine Schwester und ich beschlossen, wir gehen hinüber. Und versuchen da irgendwie etwas. Da gingen damals viele Leute da hin und wollten da hinüber, weil sie auch ihre Verwandten evakuiert hatten und nicht raus kamen. Da waren wir an einer Endstation im Harz, da konnte man hinüber, aber der war sehr bewacht. Mit einer ganzen Gruppe sind wir hinüber, auf einmal standen die Stalingradschüler vor uns und hielten uns alle fest. Wir jungen Mädchen haben gezittert vor diesen jungen Männern. Die suchten hauptsächlich nach Post. Und die alten Männer, die dabei waren und wo sie Post fanden, schlugen die ins Gesicht. Meine Schwester hatte auch ein ganz großes, dickes Paket mit Briefen mit gehabt. Da hat sie sich auf die Brief gekniet und die haben die nicht gefunden und die haben uns Mädchen auch gar nicht angerührt gehabt. Bei den Männern haben sie ordentliche Untersuchung gemacht, und wenn sie Briefe fanden, haben sie die Männer geschlagen.
Nach einer Weile haben sie uns wieder zurück gejagt. Da waren wir erst einmal froh, dass wir erlöst waren und nicht mitgenommen worden sind und wir wieder zurück konnten auf das andere Gebiet. Wir waren jetzt wieder hier im amerikanischen oder englischen Gebiet. Aber meine Schwester und ich wir wollten nicht zurückgehen. Da haben wir uns seitlich geschlagen und da ging der Berg runter und da bildete eine Chaussee die Grenze. Da haben wir gedacht, am Tag kommen wir da nie hinüber. Wir haben bis abends am Wald gesessen und da kamen noch mehrere Leute dazu, die auch alle hinüber wollten. Da wurde es dunkel und man konnte fast gar nichts sehen und auf einmal kommt da jemand an. Wir waren ganz verwundert und auf einmal sehen wir, dass das eine ganze Menge Menschen waren, die gingen wie eine Linie hinter einander, so dass man immer nur einen Mann sah. Da haben wir gedacht, prima, so machen wir das auch. Aber ab und an ging dann immer auf der Chaussee Scheinwerfer an und da leuchteten die Russen die Chaussee mit Scheinwerfer. Da haben wir uns einen Plan gemacht und haben gesagt, wir machen das auch wie die, die da gekommen sind, denn die haben es ja geschafft. Da müssen wir jetzt auch schaffen, aber auf die andere Seite. Und dann haben wir das gemacht. Keiner wollte als Letzter gehen. Dann habe ich mich gemeldet, als Letzter zu gehen. Wir gehen wie ein Strich bis unten zu der Chaussee, da ist ja immer ein Graben und dann legen wir uns in den Graben ziemlich hoch am Rand, aber dann in einer Reihe nebeneinander und dann warten wir ab, bis sie die Chaussee abgeleuchtet haben und nachdem die die Scheinwerfer ausgemacht haben und dann auf ein Zeichen, husch, alle rüber. Und da hat auch funktioniert. Und so wie wir drüben waren, gingen Scheinwerfer an und dann haben die gesucht und wir haben uns auf der anderen Seite ins hohe Gras geschmissen. Die haben uns nicht gefunden. Wie alles wieder ruhig war, dann sind wir durch die Wiesen ab in den Ort hinein, bis zum Bahnhof. Und am nächsten Morgen fuhr dann ein Zug nach Magdeburg und der ging wieder über Halberstadt und so kamen wir wieder zu meiner Mutter. Da mussten wir zehn Kilometer laufen von Halberstadt nach Gröningen. Aber wir haben unsere Mutter trotzdem nicht mitnehmen können, das dauerte noch ein paar Jahre ehe wir sie wieder herüber kriegten.
Wir wollten meine Mutter nach Hause holen und das ging nicht. Die Russen waren zu stark. Sie hatte Angst mit den kleinen Kindern. Wir mussten da einen großen Fußmarsch machen, das wäre eine ungeheure Anstrengung und das wollte meine Mutter nicht. Aber ich musste wieder zurück. Ich musste ja auch zu meiner Arbeit und zu meinem Vater, den wollten wir auch nicht alleine lassen. Da war eine Familie Spitzenberg, die wollte auch zurück. Dieser Familie konnte ich mich anschließen. Der große Sohn Ewald hatte seine Mutter da geholt. Die nahmen allen Kram mit. Die waren furchtbar belastet. Ich hatte ja fast gar nichts mit, als nur, was ich so an Verpflegung brauchte und die hatten sogar Bettzeug mit und so. Dann hatte sich da ein großer Trupp zusammengefunden. Wir haben dafür, glaube ich, etwas bezahlen müssen, die haben die Russen bestochen, so dass wir durch den Wald durch konnten, bis zur Grenze. Aber wir mussten zu Fuß gehen. Und das hörte sich dann nachts durch den Wald so an, als wenn eine Elefantenherde da ankam. Der Ewald hatte mir seinen Koffer gegeben, ich sollte ihn ein Weilchen tragen, aber der war so schwer und ich habe ihn auch eine große Weile getragen. Aber auf einmal wurde mein Arm immer länger und ich sollte auch mitlaufen und er kam und kam nicht und da habe ich ganz laut gerufen: “Komm und hol deinen Koffer sonst schmeiß ich den hier hin“! Da haben die gemeint, ich sollte leise sein, aber das war doch gar nicht nötig, bei der Elefantenherde.
Wir waren dann drüben auf der anderen Seite durch den Wald durch und dann fing wieder ein neuer Wald an, aber der war schon auf unserer Seite, wo der Russe nicht mehr war. Da haben wir übernachtet im Wald. Da konnte ich wohl unter Federbetten schlafen, aber ich habe da gefroren und gezittert. Seitdem habe ich jahrelang mein Hemd nie auslassen können, weil ich hier in der Taille fror. Und von da aus sind wir dann irgendwie an eine Station gekommen und da fuhr ein Güterzug. Das war ein Kohlenzug, der war zwar offener Kohlenwagen. Da war einmal Kohle drauf, aber der Staub war da noch drin und wir waren auf diesem Wagen. Als wir dann in Duisburg ankamen, da waren wir alle schwarz wie Neger vom Kohlenstaub und überanstrengt und hungrig. Und wie ich bei meinem Vater ankam, hat er mich erst gar nicht erkannt nur an der Stimme. Dann war er auch froh, dass ich wieder da war. Er hat eine leckere Gemüsesuppe gekocht. Ich habe mich darüber her gemacht und habe gleich drei hohe Teller voll gegessen. Dann hat er mich ins Bett gepackt mit Federbett. Da war mir noch zu kalt. Dann noch Decken drauf gepackt und ich habe immer noch gefroren. Aber ich war froh und glücklich, dass ich wieder zu Hause war. Auf meine Mutter mussten wir noch einige Jahre warten, bis sie richtig, offiziell zurück konnte. Das war vor Weihnachten gewesen. Das war dieses Kapitel mit Krieg. Traurig war es ja für uns, dass wir ihn verloren hatten.
Als ich so achtundzwanzig Jahre alt war, ja da wollte ich auch gerne heiraten, aber hatte so noch nicht den richtigen Mann gefunden, wie ich ihn mir vorstellte und habe dann zu Gott gebetet: „Ich möchte gerne einen Mann finden, wo es für immer hält“. Und eines Tages kam ich vom Büro herunter und wollte unten in den Betrieb gehen, und wie ich durch das Tor ging, kam ein Mann heraus, wir sahen uns an, da sagte eine Stimme mir ins Ohr: „Das wird dein Schicksal“. Ich habe zwar acht Jahre warten müssen, er ist dann mein Schicksal geworden, da haben wir geheiratet 1957. Und zwei Jahre später wurde dann unser Sohn Peter geboren. Mein Mann hieß Christian.
Zehn Jahre später klopften die Missionare im Frühjahr 1969 an die Tür. Es war an einem Samstag, ich war mit aller Arbeit fertig, ich war froh und glücklich, ich habe nie gerne geputzt und war froh, dass ich mit dieser Arbeit fertig war. Da standen diese jungen Mädchen vor der Tür. Sie fragten mich über Kindererziehung fingen sie an zu sprechen und wie ich über Bestrafung sprach, sagte ich: „Kommen Sie doch bitte herein, das brauchen wir nicht alles vor der Tür erzählen:“ Dann habe sie sich da hin gesetzt. Dann haben sie mich gefragt, wie ich mir Gott vorstellte? Ja, wie stelle ich mir Gott vor? Dann habe ich darüber nachgedacht. Die einen sagen, er wäre ein alter Mann mit Bart, die anderen sagen, er wäre ein Geist, der alles umfasst. Ich weiß nicht, was ich sagen sollte. Dann nahmen sie die Bibel und schlugen sie auf, und lasen vor: „dass der Mensch im Ebenbild Gottes erschaffen ist“. Was noch schön war an dem Tag, was ich da erfahren durfte, ich war ja katholisch erzogen, da war ja Gott Vater, Gott Sohn und der Heilige Geist immer eine Person.
Und sie erzählten mir die Geschichte von Joseph Smith, dass er Gott Vater und Gott Sohn alle einzeln gesehen hat. Sie glauben gar nicht, wie glücklich ich an diesem Tag war. Das konnte ich immer nicht glauben, dass das alles eine Person sein sollte. Da war ich sehr froh gewesen darüber. Da habe ich noch ein bisschen Kampf gehabt. Das war gar nicht so einfach sich einfach taufen zu lassen. Man muss auch mit sich selbst kämpfen. Vor allen Dingen mit seiner Bequemlichkeit. Das ist das größte Übel dabei. Da musste ich ja immer sonntags zur Kirche gehen. Muss mich anziehen und aufstehen und waschen. Aber als sie mich dann belehrten, da habe ich auch eine schöne Erfahrung gemacht. Ich wusste damals nicht, dass das ein Riesenzeugnis war, als sie mir die fünfte Lektion gaben, die Missionarinnen, die Stufen zur Erhöhung und mir erklärten, dass wir alles geistig mitnehmen und die drei Reiche aufzeichneten, da wurde ich elektrisiert und die Stimme sprach zu mir: „Ja, da hast du die Antwort auf deine Fragen“. Ich habe mich so erschrocken, denn vor Elektrisieren hatte ich ein bisschen Angst gehabt. Und die Missionare sagten: „Was ist Ihnen“? Ich sagte: „Da hat einer zu mir gesprochen, da hat er mich auch noch elektrisiert”! Da sagten sie: “Das war der Heilige Geist, was ist denn die Antwort auf ihre Fragen”? Vor lauter Schreck habe ich gar nicht mehr gewusst, was das war. Später ist mir eingefallen, dass ich immer gesagt habe, wenn ich so überlastet war, aber mit Garten, Kind, einkaufen und so und putzen, ach sage ich, ich möchte bloß wissen, was Gott mit uns vor hat, wir brauchen zwanzig Jahre, ehe wir erwachsen sind und dann fangen wir an, zu arbeiten und dann eines Tages kriegen wir einen auf den Kopf, aber was ist dann? Das war die Antwort auf meine Frage, dass wir alles das, was wir uns hier erarbeiten mitnehmen werden. Ich wollte, dass die Missionare gar nicht wieder kamen, aber mein Mann, der ließ sie kommen und hat gesagt, wie sie ihn belehrt haben, ich sagte: „Warum hast Du sie denn nicht weggeschickt”? Er sagte: „Ich konnte nicht, sie sagten die Wahrheit“! Darauf kamen sie und haben uns alle belehrt. Und dann sind wir alle am 12. Juli 1969 getauft worden. Alle drei in Düsseldorf und sind bis heute der Kirche treu.