Würzburg, Franken
Mein Name ist Valentin Meyer. Am 3. September 1928 bin ich in Würzburg, Franken, jetzt Bayern, Geboren. Meine Mutter, Maria Ottigen, ist gestorben als ich zwei und einviertel Jahre alt war. Die zweite Frau bekam noch zwei Kinder, eine Fußballmannschaft also mit vier Ersatzspielern. Insgesamt fünfzehn. Ich war das dreizehnte Kind von meiner Mutter. Da musste mein Vater, Josef Meyer, noch einmal heiraten. Ich habe neun Geschwister erlebt, vier sind gestorben, da war ich noch gar nicht auf der Welt. Ich war der jüngste von der ersten Frau. Mein Vater ist 1878 geboren, er war im ersten Weltkrieg Soldat.
Weil ich so klein und schwach war, hatte ich oft das Nachsehen. Ich durfte oft nicht mitspielen. Das änderte sich, denn ich ging zum Sportverein und lernte unter anderem auch das Boxen. Ab diesem Zeitpunkt war ich Mitsprecher. Bei Kriegsausbruch war ich elf Jahre und Hunger und Entbehrungen waren groß, wenig Kleidung, keine Schuhe, wenig Freizeit. Wir wurden bei Jugendverbänden verpflichtet, die unsere Freizeit enorm verkürzten und einengten. Mit vierzehn Jahren kam ich in den Beruf, bei einer Buchmacher- und Zeitungsfirma. Fliegeralarm war fast täglich. Würzburg war fast ganz zerstört. Wir mussten beim Wiederaufbau alle helfen, dabei ging viel von unserer Jugend verloren.
Ich war bei der Hitler Jugend und habe mich mit sechzehn Jahren feiwillig zur Wehrmacht gemeldet. Auch den Arbeitsdienst habe ich gemacht. Ich war natürlich der Meinung, dass alles gut werden würde. Das war natürlich nicht so. Kampfeinsatz hatte ich in der Tschechei als Gratmelder. Dann kam der Rückzug nach Österreich. Im Gebirge kam ich in amerikanische Gefangenschaft und bekam einen Glatzkopf. In der Gefangenschaft wurden wir alle rasiert, die Haare herunter, wegen des Läuseeffekts. Durch ständigen Hunger, keine schöne Sache. Bei der Wehrmacht war ich als Gratmelder, als Meldefahrer.
Als ich in Gefangenschaft gekommen bin, waren wir im Gebirge [nicht weit von Innsbruck], in einer Scheune, einem Stall. Die Amerikaner kamen, wir haben die Hände gehoben, sie haben uns im Schlaf gefangen genommen. Wir waren eine Kompanie, wir hatten einige Verluste, vielleicht waren es noch sechzig, siebzig Mann. Der Kampf war zu dieser Zeit vorbei. In Gefangenschaft habe ich meinen Bruder im Gefangenlager getroffen. Wir sind zusammen heim gekommen Wir sind mit einem großen Lkw nach Würzburg gefahren worden. In Würzburg war Sperrstunde, weil es acht Uhr war, wir wurden im Gefängnis eingesperrt, bis morgens um sechs, dann haben sie uns rausgehauen und wir sind heimgelaufen.
In Würzburg, das war total kaputt, war unser Schulpfarrer, der hat uns zum Kaffee eingeladen. Das war das erste, was ich nach dem Krieg in Deutschland bekommen habe. Essen gab es auf Bezugschein, auf Marken.
Nach der Gefangenschaft sind wir – mein zehn Jahre älterer Bruder und ich – zu meinen Eltern gefahren. Dann sind wir von Würzburg aus zu der Frau meines Bruders nach Oberschlesien. ins Badische gezogen, gelaufen, es hat keinen Zug gegeben. Dort habe ich auf dem Feld gearbeitet. in der Landwirtschaft gearbeitet, bis Ende 1945. Dann bin ich nach Würzburg gefahren mit einem geliehenen Fahrrad. Habe mich bei meinen Eltern gemeldet. Dann wurde meine Firma hier wieder aufgebaut, wo ich gelernt habe. Die Zeitung hat Fränkisches Volksblatt geheißen Dort habe ich ungefähr zwei Jahre beim Aufbau mitgearbeitet. Dann bin ich von der Firma weggegangen und war als Vertreter tätig. Ich hatte einen Kollegen, der war etwas älter als ich, dessen Frau ein Fotogeschäft hatte. Wir haben Fotos von Kindern von Kindergärten gemacht und haben sie dann an die Eltern verkauft. Dann kam ich zu Coca-Cola, wo ich zehn Jahre war, als Verkaufsfahrer. Dann habe ich in der Zeitung gelesen, eine Kaffee-Firma- Darboven, von Hamburg, dort war ich einunddreißig Jahre.
Nach dem Krieg war ich achtzehn und sehnte mich natürlich auch für das Weltgeschehen, auch für die netten Mädchen. Wir lernten tanzen. Meine Frau habe ich 1945 beim Tanzen getroffen, im Studentenhaus. Sie war stets unter mütterlicher Aufsicht. So ganz recht war mir das nicht. Ich hatte keinen leichten Stand. Doch mit der Zeit vertraute ihre Mutter mir. Wir durften dann auch schon alleine tanzen gehen. Meine erste Unwahrheit, ich habe mein Alter verschwiegen. Ich war neunzehn meine Frau war zweiundzwanzig. Sie war älter als ich. Ich hatte die Angst, vielleicht mag sie mich nicht mehr, wenn ich jünger bin als sie. Wir haben 1953 geheiratet. Es hat länger gedauert. Ich habe auch andere Frauen kennengelernt, aber sie war die beste. Wir haben eine Tochter, die 1965 geboren wurde. 1965 haben mich die Missionare besucht und nach langem hin und her und vielen Fragen, wurde ich getauft. Und ich fühlte mich glücklich.
1965 haben die Missionare an der Tür geklingelt. Ich war nicht zu Hause. Ich war auf Tour von meiner Firma und meine Frau, sagte, dass zwei Männer da waren, die wollten mit uns sprechen. Sie wollten wieder kommen. Ich war wieder nicht da. Beim dritten Mal, nachdem sie da waren, wurde ein Termin vereinbart, so dass ich da war. Ich war der Meinung, dass das Studenten seien, die für ihr Studium etwas verkaufen wollen, eine Zeitschrift oder so etwas. Als sie da waren, haben sie sich vorgestellt. Ich fragte sie was sie wollen? Sie fragten mich, was ich von Gott halte? Ich war katholisch getauft und sagte, ich kenne Gott und habe ihnen erzählt, wie ich zu Gott gekommen bin, durch die katholische Kirche. Dann wurden Fragen gestellt hin und her. Ich habe sehr viel gefragt und habe mir auch sehr viel Zeit gelassen, bis ich eingesehen habe, das ist der richtige Weg, den musst du gehen. Mir haben die Missionare gesagt, weil ich immer Zweifel hatte, ob das wahr ist, was sie mir erzählten. Die Missionare haben gesagt, gehen Sie auf die Knie und beten Sie zu Gott und wenn Sie ehrlichen Herzens beten, bekommen Sie eine Antwort. Ich habe eine Antwort bekommen! Damals war ich fast vierzig Jahre alt. Seit 1966 bin ich Mitglied der Kirche.
Als ich jung war, habe ich nie daran gedacht, wie der Herr mich geschützt hat. Wie die Jugend auch heutzutage zum großen Teil ist, es war mir alles egal, ich habe den Tag genommen, wie er gekommen ist. Aber ich weiß, dass Gott mich geführt hat und dieses Gefühl habe ich heute noch.