Salzgitter, Niedersachsen
Mein Name ist Ulrich Bergmann. Ich bin am 6. Februar 1943 in Dortmund geboren. Mein Vater ist Otto Bergmann, meine Mutter Grete Domanski, beide stammen aus Dortmund. Meine Mutter ist in Ostpreußen geboren und mein Vater stammt aus Dortmund. Ich habe zwei Brüder, die wesentlich älter sind als ich, nämlich um acht und neun Jahre, beide Brüder sind in die USA ausgewandert. Der Ältere ist Eugen Otto Bergmann und der zweite von uns ist Herbert Bergmann. Beide haben sich deutsche Frauen gewählt und sind in den Jahren 1955 und 1957, dem Alter entsprechend, ausgewandert. Mein Vater hatte die Wahl in den Weltkrieg zu ziehen oder dienstverpflichtet zu werden, von den Borsigwerken aus Dortmund, wo er als Schlosser beschäftigt war, nach den Hüttenwerken Hermann Göring in Salzgitter-Watenstedt. Er hat diesen Weg gewählt, er wollte nicht in den Krieg ziehen, sondern hat diese Dienstverpflichtung angenommen. Auf diese Art und Weise sind wir in den Kriegsjahren 1944 nach Salzgitter gezogen. So habe ich meine Heimatstadt nur im ersten Lebensjahr kennengelernt und meine eigentliche Heimat ist Salzgitter in der Nähe von Braunschweig im Norden Deutschlands.
Meine Mutter lernte die Kirche, in Dortmund, mit sechzehn Jahren kennen und sie und meine Großmutter, sowie einer meiner Onkel, haben sich 1923 taufen lassen und zwar wurden sie in Hamm getauft, da dort zu dieser Zeit bereits eine Gemeinde etabliert war. 1932 hat meine Mutter geheiratet, mein Vater; er war nicht sehr religiös. Er wollte eigentlich von Kirche und Religion nicht viel wissen, weil er in irgendeiner Phase seines Lebens, über die hat er nie gesprochen, sehr enttäuscht war. Er kam aus einer sehr katholischen Familie. Und diese Enttäuschung hat ihn dazu gebracht, Religion grundsätzlich abzulehnen. Er hat, so wie meine Mutter mir berichteten, als sie sich kennengelernt und geheiratet haben, in die Kirche begleitet und hat die Kirche und den Versammlungsablauf studiert und hat dann entschieden, dass meine Mutter weiter die Kirche besuchen darf und wir als Kinder in der Kirche erzogen werden dürfen. So haben wir unser Leben in der Kirche verbracht, ohne, dass mein Vater nicht in der Kirche war, Schwierigkeiten zu haben. Das Gegenteil war der Fall, wenn wir einmal müde waren und nicht in die Kirche gehen wollten, hatte meine Mutter dafür Verständnis, aber unser Vater hatte uns befohlen in die Kirche zu gehen. „Du wolltest das mein Junge und jetzt gehst du auch hin!“ waren immer seine Worte. Ich bin in der Kirche groß geworden. Wir hatten in Salzgitter eine kleine Gemeinde, die überwiegend aus Mitgliedern bestand, die aus dem Osten Deutschlands emigriert waren in unseren Landesteil und die sich dort zunächst niedergelassen hatten. Mitte der fünfziger Jahre wanderte eine Familie nach der anderen aus unserer kleinen Stadt aus nach USA, so dass unsere kleine Gemeinde immer mehr und mehr zerfiel und letztendlich nur noch meine Mutter und ich übrig blieben. So war ab diesem Zeitpunkt die Gemeinde Braunschweig unser Zuhause, in der wir unsere Zeit verbrachten und unsere Aufgaben in der Kirche vornahmen.
Die Gemeinde Braunschweig war schon sehr alt. Die ersten Berichte, die ich von dieser Gemeinde erfahren habe, lagen in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, mit vielen Problemen. Missionare, die ins Gefängnis geworfen wurden und zwei Tage später wieder frei gelassen wurden, weil sie angeblich gefährliche Lehren verbreiten würden und ähnliches passierten in diesen ersten Jahren vor dem Krieg. Was ich selbst erlebt habe, war dann die Zeit kurz nach dem Krieg, wo wir uns in einer Schule versammelten, mit ungefähr hundert Anwesenden, zu dieser Zeit, wir auch Mitglieder hatten, die aus den Ostgebieten, überwiegend aus Breslau und Umgebung geflüchtet waren. Auch diese Mitglieder, starke, aus großen Familien, sind in den fünfziger Jahren nach dem Krieg nach USA ausgewandert, so dass die Gemeinde plötzlich sehr klein war. Mit Anwesenden mit etwas über dreißig, fingen wir an die Gemeinde wieder aufzubauen. Die Tage, die wir in dieser Zeit in der Kirche verbrachten, waren sehr turbulent.
Ich bin jahrelang mit dem Fahrrad zur Kirche gefahren, zwei Mal in der Woche, bei jedem Wetter und jedem Sturm, es waren manchmal harte Zeiten. Das war für uns eine Selbstverständlichkeit, das zu tun, weil andere Möglichkeiten nicht bestanden. Das Geld für eine Zugfahrt oder Busfahrt war anfangs nicht da und so haben wir das auf diese Weise gemacht. Ich weiß, dass meine Mutter uns, als wir noch klein waren nach dem Krieg, zu zweit oder dritt, auf das Fahrrad gepackt hatte und mit uns dann fünfzehn Kilometer mit uns gefahren ist, wo wir Hausversammlungen durchgeführt haben, weil Gemeinden noch nicht in unserer Umgebung organisiert waren. Meine Mutter hat sehr viele Opfer auf sich genommen hatte, um die Kirche zu erhalten und nahe bei der Kirche zu bleiben.
Ein einschneidendes Erlebnis war auch, wie sich die Mitglieder in dieser Zeit umeinander gekümmert hatten. Eine Schwester, die an Krebs erkrankt war, wurde von anderen Schwestern in der Gemeinde Tag und Nacht betreut, die haben sich im Sechs- bis Achtstundendienst abgewechselt, tags und nachts. Das habe ich heute noch in Erinnerung, wenn Mutter manchmal nachts nicht da war oder während des Tages, wenn wir aus der Schule kamen und wir wussten, sie ist bei dieser Schwester, wo die Betreuung notwendig war, bis sie dann verstorben war.
Es waren Zeiten, in denen wir nicht viel hatten. Mein Vater, der nun kein Mitglied war, hat in dieser Zeit sehr viele Zeugnisse erhalten davon, dass Religion wohl doch in seinem Leben eine Bedeutung erlangen sollte. Ich erinnere mich, an einen Sonntag, als wir nicht geplant hatten einen Besuch einzuladen. Wir bekamen in unserer kleinen Salzgitter-Gemeinde bekamen wir aus dem Haupthaus der Gemeinde Braunschweig Besuch, ein Bruder, der die Versammlung geleitet hatte und Missionare war. Das war ein Sonntag, als ganz überraschend plötzlich Besuch kam und meine Mutter hat die meistens nach Hause genommen und hat sie anschließend zum Mittagessen eingeladen. Ich entsinne mich, als kleiner Knirps, wie mein Vater in der Küche stand und meiner Mutter beinahe Vorwürfe machte, indem er sagte: „Wie kannst du den Besuch mitnehmen, wir haben kaum genug Essen für uns heute und nun bringst du auch noch Besuch mit, wie sollen wir die beköstigen?“ Meine Mutter sagte ganz ruhig: „Lass mal, es wird schon funktionieren!“. Dann haben wir anstatt zu fünf, als Familie mit zehn oder elf Personen am Tisch gesessen und haben zu Mittag gegessen. Ein kleines Stückchen Fleisch, was nur für uns als Familie gereicht hätte, dazu Kartoffeln und Gemüse aus unserem Garten. Alle haben sich satt gegessen, manche haben doppelte Portion genommen und alle wurden satt und es war hinterher noch was übrig. Dann stand mein Vater nach dem Essen in unserer Küche und schüttelte immer den Kopf. Als meine Mutter ihn fragte: „Was hast du denn, was ist los?“. „Ich kann es nicht verstehen, wie ist das vor sich gegangen, wir hatten nicht genug Essen für uns, nun sind zehn Personen satt geworden und du hast immer noch etwas in deinen Töpfen übrig, wie geht das bloß vor sich?“ Und Mutter sagte nur: „Ich habe es dir doch gesagt, es wird reichen!“.
Diese und andere kleine Erlebnisse haben im Laufe der Jahre bei meinem Vater sehr viel bewirkt. In den fünfziger Jahren sind dann meine beiden Brüder in die USA ausgewandert durch die Kontakte, die sie zu Missionaren hatten. Ich hatte allerdings nie das Gefühl, dass ich das auch machen sollte, obwohl sie mich immer ermunterten doch zu kommen, sie würden mir helfen und Arbeit besorgen. Aber ich hatte nie das Gefühl es ihnen nach zu machen. Ich hatte immer das Bedürfnis, das wenigstens ein Sohn bei den Eltern in der Nähe bleiben sollte.
Ich habe dieses wunderbare Erlebnis haben dürfen, dass mit einem Mal in den siebziger Jahren sich mein Vater unmerklich der Kirche zuwandte. Meine Mutter kam eines Tages zu mir und sagte: „Der Papa, fängt plötzlich an mit mir zu beten, kannst du dir das vorstellen?“ Und ich sagte: „Ja, freu dich und tu es.“ Solche kleinen Dinge passierten plötzlich. Als 1978 unsere älteste Tochter zehn Jahre alt wurde, saß sie an ihrem Geburtstag auf dem Schoß meines Vaters und er fragte, was sie sich zum Geburtstag wünschen würde und ohne dass wir etwas ähnliches besprochen hätten, sagte sie einfach zu ihm: „Das wäre schön Opa, du würdest dich taufen lassen! “Dann sagte er: „Dann mach einmal das Wasser warm und dann werde ich mich taufen lassen!“ Vierzehn Tage später war er dann getauft. All das Bemühen, das Beten und all das Kämpfen in diesen Jahren, hatten sich gelohnt. In diesen Jahren, an denen er mitgefahren ist in den Tempel, hatte er noch Vieles in der Familie bewirkt. Wir sind gesiegelt worden an ihn, meine Frau und ich. 1982 wurden beide Elternteile fünfundsiebzig Jahre alt, sie feierten im März goldene Hochzeit. Aus diesem Anlass kamen meine beiden Brüder aus den USA zu uns. Wir fuhren in die Schweiz und sie wurden ebenfalls an die Eltern gesiegelt und wir hatten eine wunderschöne Zeit, wie wir es sonst noch nie erlebt haben mit der Familie zusammen. So hatte er alles organisiert, was er als Vater, als Patriarch der Familie noch organisieren musste. Zwei Tage vor Weihnachten, diesen Jahres, hatte er einen Herzinfarkt und zwei Tage später war er verstorben. So hat er alles noch geregelt, in seiner Familie, was notwendig war, dass wir für die Ewigkeit aneinander gesiegelt waren.
Ich bin als kleiner Knirps mit knapp sechs Jahren eingeschult. Meine Mutter hat das gar nicht gedacht, dass ich eingeschult wurde, ich war immer der Kleinste und sie hat meinen Bruder zur Einschulung mit mir geschickt. Sie dachte, die nehmen mich so wie so nicht. Aber der Rektor hat nach dem Test gesagt, ja wohl, den nehmen wir und bin mit knapp sechs Jahren eingeschult worden. Nach der Volksschule in Salzgitter habe ich die Mittelschule besucht. Nach der Mittelschule wollte ich eigentlich studieren, aber ich hatte immer das Gefühl, ich möchte meinen Eltern nicht auf der Tasche liegen. Zu dieser Zeit waren Nebenjobs in Deutschland sehr schwer zu kriegen, von denen man leben konnte. So habe ich mich entschlossen, meine gesamte Ausbildung in Abendkursen zu machen und bin dann weitere acht Semester auf eine Abendschule gegangen, wo ich meine Ausbildung als Maschinenbautechniker abgeschlossen habe und ein nachfolgendes Ingenieurstudium auf dem gleichen Wege hat nicht geklappt. Es gab zu wenig Kommilitonen gab, die bereit waren sich weiter zu quälen. Die Möglichkeit des Fernstudiums war auch zu problematisch.
So ist es bei dieser Ausbildung letztendlich geblieben, aber das hat mich in meiner beruflichen Laufbahn in keiner Weise behindert. Ich habe in den Hüttenwerken, wo ich mit sechzehn Jahren nach der Mittelschule als Lehrling begonnen habe, eine Mechanikerlehre zu machen, die ich nach dreieinhalb Jahren beendet habe. Dort habe ich als Regelmechaniker gearbeitet und nach Beendigung meiner Abendschule einige Jahre als Techniker. Von dort bin ich dann, zwei Jahre nach Ende meines Studiums, nach Braunschweig gegangen zu den Stadtwerken. Die suchten jemanden, der sich mit Heizung- und Wärmetechnik auskannte. Da ich in einer wärmetechnischen Abteilung des Hüttenwerkes gearbeitet habe und dort große Anlagen betreut habe, die Stahl weiter verarbeitet haben zu Blechen und zu Profilstahl und ähnlichen, hatte ich eigentlich mit Wärmetechnik die gesamte Zeit zu tun und bin aus diesem Grunde zu den Stadtwerken gegangen, wo ich mir eine bessere Entwicklung in meiner beruflichen Laufbahn ausgerechnet habe. Das hat auch sehr gut funktioniert, so dass ich Stufe für Stufe dort aufgestiegen bin, bis ich in den letzten Jahren dann als Betriebsleiter für die gesamte Wärmetechnik berufen worden bin, was eigentlich mit meiner Ausbildung normalerweise nahezu unmöglich war. Aber hier hat der Herr wahrscheinlich sehr viel mit meinen Vorgesetzten gesprochen, ohne dass sie das gemerkt haben. So habe ich doch die richtigen Entscheidungen getroffen, was meine berufliche Laufbahn betrifft. Ich war nie in meinem Leben bei meinem Chef und habe um Gehaltserhöhung gefragt, aber das kam alles ganz automatisch. So habe ich eigentlich ausreichend für meine Familie sorgen können, so dass meine Frau Zeit hatte, sich um die Kinder zu kümmern, was nicht immer sehr einfach gewesen ist. Das sieht man in besonderem Masse, wenn man etwas älter geworden ist und zurück schaut.
Zumal ich auch in der Kirche bereits in jungen Jahren Aufgaben bekommen habe als Zwölfjähriger Diakon, da ich bereits die Priestertumsklasse in der Gemeinde belehrt habe. Mit neunzehn Jahren, als ich Ältester geworden war, habe ich die Gemeinde Goslar betreut auf dem Vorratsgebiet, mit zweiundzwanzig Jahren haben wir in Braunschweig ein Gemeindehaus gebaut. Drei Monate vorher war ich Gemeindepräsident geworden. Seit diesem Zeitpunkt war ich mein ganzes Leben lang entweder in Gemeindepräsidentschaften, Bischofschaften oder im Hohen Rat im Pfahl oder im Distriktrat, oder in der Distriktspräsidentschaft, so dass ich eigentlich seit diesem Zeitpunkt, bis auf ganz kleine Dekaden dazwischen, fast nie mit meiner Familie ganz entspannt in der Versammlung gesessen habe. Ich saß immer oben auf dem Podium. Das war manchmal schwierig, vor allen Dingen für meine Frau. Ich habe immer wieder gemerkt, wie der Vater im Himmel uns geholfen und Segen auf uns herabgeschüttet hat in all diesen Phasen, wo wir manchmal dachten das ist zu viel, das haut nicht mehr hin, das können wir nicht schaffen.
Ich war noch nicht ganz Rentner und hatte eigentlich einmal geplant, endlich einmal meine Brüder in den Staaten zu besuchen, die ich in all den Jahren nur ein einziges Mal, 1988, gesehen und besucht habe. Die haben sich darauf gefreut, wenn ich jetzt Rentner werde, werden wir so drei, vier Monate in die Staaten fahren und meine Brüder haben mir das sehr schön ausgemalt. Dann wollten sie mit mir nach Hawaii und andere Stätten besuchen und wir haben uns schon darauf gefreut. Aber ich war noch nicht einmal Rentner und hatte nur meine letzten Urlaubstage abzufeiern, als mich der Pfahlpräsident aufsuchte und mir eröffnete, dass er mich gern für die Gemeinde Halberstadt als Zweigpräsident sehen würde. Er wusste, dass ich schon etwas früher zu Hause bin, als meine Rente anfing und weil er aus unserer Stadt kam. So habe ich Ja, gesagt. Ein bisschen haben wir uns gefreut auf diese Abenteuer, nachdem uns das so richtig bewusst wurde, sind wir dann im Januar 2002 nach Halberstadt versetzt worden.
Das lief dann so ab, dass wir bis zu vier Mal in der Woche unterwegs waren, den ganzen Tag, um dort unsere Arbeiten zu tun und die Gemeinde zu besuchen und alles zu organisieren und ein, zwei Tage waren wir dann zu Hause. Da die Gemeinde Halberstadt sehr verstreut ist, die wenigsten Mitglieder wohnten zu dieser Zeit in Halberstadt. Das ist das Harzvorland. Viele wohnten in diesem Mittelgebirge im Harz, waren wir sehr viel unterwegs und haben viel Besuche gemacht, bei den Mitgliedern, die ziemlich verstreut wohnten. Wir haben viele wieder gefunden, die lange keinen Kontakt hatten. Wir haben einige gefunden, die den Kontakt wieder aufgenommen haben. Wir hatten das große Glück und das große Vorrecht, dass in dieser Zeit auch einige zugezogen sind, dass sich die Gemeinde auf eine schöne Art und Weise stabilisiert hat. Wir haben gute Kontakte aufgebaut zu Mitgliedern, weil wir Zeit hatten. Wir konnten sie häufiger besuchen und etliche haben die Kirche wieder aufgesucht und haben Interesse gefunden.
Als ich die Zeit in Halberstadt beendet hatte, nahm ich die Gelegenheit wahr, etwas an meinem Haus zu reparieren, was dringend notwendig war. In dieser Zeit planten wir dann eine nächste Mission. Das Angebot war von CES nach Russland zu gehen oder nach Albanien. Während wir uns noch damit beschäftigten, rief uns der Tempelpräsident an, den ich gut kenne und sagte: „Ulli, ich brauche dich noch einmal fünf Monate im Tempel, kannst du uns helfen?“ Natürlich sagten wir ja, weil wir dachten, wir können dann weiter überlegen, wie es weitergehen soll. Aus diesen fünf Monaten sind nun inzwischen fünf Jahre geworden. Wir waren ein Jahr als Tempelmissionare, nachdem der Tempelpräsident wechselte. Wir sind im August 2004 dorthin gegangen. Im November wechselte der Tempelpräsident. Präsident Fetzer kam dort hin. Er bat uns zwei Mal, ob wir nicht noch ein paar Monate daran hängen könnten und noch einmal drei Monate haben wir verlängert. Dann wurde es ein Jahr. Plötzlich bekam ich einen Anruf von der Gebietspräsidentschaft und wurde gebeten, als Ratgeber zu dienen. Dann haben wir ein Jahr als Ratgeber gedient, dann musste Präsident Fetzer, wegen Krankheit seiner Frau die Mission beenden nach zwei Jahren und Präsident Hinckley berief mich als Tempelpräsident zunächst für ein Jahr und dann für die volle Zeit von drei Jahren. So sind wir am 31 Oktober 2009 mit unserer Mission am Ende.
Wir sind hierhergekommen als Tempelmissionare. Das war auch unsere Intension, eine Mission zu erfüllen und vielleicht nicht nur von Tür zu Tür zu arbeiten, sondern vielleicht auch sehr intensiv mit den Mitgliedern direkt zu arbeiten, was ich immer sehr gerne gemacht habe. Ich habe mich immer gern um Menschen gekümmert, mein ganzes Leben lang. Ich war schon Ratgeber, als ich Missionar war. Der Ratgeber damals war Franzose und er musste oft nach Frankreich zurück, weil er krank war, und da habe ich ihn schon immer vertreten. Nachdem ich Ratgeber geworden war, rief eines Tages die Schwester in der Urkundenbearbeitung vom Tempel vorne an durch den ganzen Raum „Präsident Bergmann, Präsident Hinckley will Sie sprechen!“ Alle Köpfe drehten sich. Ich kriegte einen kurzen Anruf: „Bruder Bergmann, sind sie bereit, als Tempelpräsident zu dienen?“ Ich sagte „Ja!“. „Wenn Sie noch Fragen haben, rufen Sie meinen Sekretär an!“. Ich war so überrascht von dem kurzen Telefongespräch, dass ich lange darüber nachdenken musste, war das jetzt eine Berufung oder was war das? Natürlich habe ich das realisiert, dass es eine Berufung war und dass ich der Nachfolger von Präsident Fetzer werden sollte. Eine der schwierigsten Dinge war für mich immer die Ratgeber zu wählen, weil es für mich eine so schwierige Sache war, mir gingen immer so fürchterlich viele Namen durch den Kopf, am Ende zu einem Ergebnis zu kommen, das war für mich immer sehr schwierig. Obwohl ich immer am Ende gemerkt habe, wenn ich so etwas getan habe, dass das was heraus kam, richtig war, weil ich mich auf den Herrn verlassen musste. Weil ich meine Gedanken ausschalten musste, denn sonst hätte ich sicher Fehler gemacht.
Die Erfahrung als Tempelpräsident bis zum heutigen Tage ist die, dass ich allen Brüdern und Schwestern, während meiner gesamten Zeit immer wieder gesagt habe und das gilt für meine Ratgeber, für meine Missionare und für jeden Mitarbeiter, dass das Wichtigste ist, was wir tun müssen, den Menschen ein Zuhause im Tempel zu geben und dafür zu sorgen, wenn sie aus dem Tempel herausgehen, sie als glückliche Menschen aus dem Tempel gehen. Wir, die wir im Tempel sind, sind keine Kontrolleure Das habe gerade heute wieder einem Paar gesagt, wir sind nicht die Kontrolleure dessen, was wir tun, sondern wir sind diejenigen, die den Menschen helfen, das zu tun, was sie gern möchten. Jeder Mensch, der zum Tempel kommt, möchte in den Verordnungen tätig sein, er möchte dienen, er möchte etwas tun für die Verstorbenen und natürlich für sich, wenn es um sein eigenes Endowment geht. Das habe ich immer wieder versucht zu predigen, aber auch zu tun und vorzuleben. Ich hoffe, es ist mir gelungen.
Ich bin ein Zahlenmensch, ich habe mein ganzes Leben sehr gern und sehr viel mit Zahlen gelebt aber das war nie der treibende Punkt dessen, was ich getan habe. So ist es auch im Tempel gearbeitet. Ich habe viel mit Zahlen gearbeitet, um mich zu orientieren, um zu wissen, wo ich stehe, um zu wissen, wie die Arbeit gemacht wird, aber es war nie der treibende Faktor im Umgang mit den Menschen. Das war eigentlich immer nur das Bemühen Menschen froh und glücklich zu machen, wenn sie in den Tempel kommen. Das habe ich eigentlich als meine Hauptaufgabe gesehen. Neben all den vielen Fragen, die mit den Verordnungen zu tun haben, und mir sind viele Fragen gestellt worden, wo ich oftmals keine Antwort hatte, nach dem Sinn und Zweck und der Bedeutung von den Verordnungen. Vieles habe ich gelernt, vieles habe ich erfahren in dieser Zeit, aber es war nie vordergründig, sondern das Bemühen, die Menschen im Tempel glücklich zu machen. Das war eigentlich meine Hauptaufgabe.
Ich habe meine Frau kennengelernt, indem sie kam in die Gemeinde kam, gefunden von Missionaren bei einer Straßenausstellung und war eine aufgedonnerte Rotblonde. Eine sehr attraktive junge Frau, selbstbewusst, die in die Gemeinde kam und eigentlich sofort drin war. Jedenfalls war das unser aller Eindruck. Sie hat sich allem angeschlossen, war bei allem dabei, war vor allem auch sehr begeistert. So begeistert, dass ich als GFV Leiter dachte, was haben wir uns da bloß eingefangen in der Gemeinde. Durch ihre berufliche Entwicklung als Übersetzerin sprach sie fast immer nur Englisch mit den Missionaren und hatte auch noch einen guten Partner, das war die Schwester Siebke [Agens Günther], die aus unserer Gemeinde kommt, früher hieß sie Günther und damals auch noch nicht verheiratet und die beiden hatten sehr viel positive Unruhe in die Gemeinde gebracht. Eines Tages wurde sie dann auch noch als GFV Leiterin berufen. Also musste ich, gezwungenermaßen, mit ihr zusammenarbeiten. Als sich die ganze Gemeinde schon den Mund zerriss, dass wir ein Paar werden, wusste ich das immer noch nicht. Ich habe sie nur immer brav nach der GFV nach Hause gefahren, habe sie vor ihrer Wohnung abgesetzt. Was nur passierte war, das Auf Wiedersehen-Sagen im Auto, wurde immer länger. Eines Tages habe ich dann auch kapiert, dass da mehr war, als nur Auf Wiedersehen bis zum nächsten GFV Tag. Dann hat ein Gespräch doch einmal länger gedauert, bis wir dann wussten, wir würden gern miteinander unser restliches Leben gestalten. Dabei muss ich erwähnen, das zeigt eigentlich auch die Veränderung. Das muss eines der ersten Gespräche gewesen sein. Da sagte ich einmal: also die Schminke und all das müsste ja nicht ganz so doll sein! Als ich sie das nächste Mal sah, das muss der Sonntag gewesen sein, nach einem Mittwoch, war alles weg. Sie hat den Lippenstift beinahe weggelassen, Augenbrauen waren nicht mehr so stark nachgezogen und alles andere hatte sich, keine roten Fingernägel mehr, die waren sehr intensiv. Und dann habe ich gewusst, ja, das ist sie!
Dann haben wir auch nicht mehr allzu lang gewartet. Sie ist dann sogar relativ schnell aus ihrer Bornscheider Wohnung zu mir nach Salzgitter gezogen. Da hatte ich eine kleine Wohnung gefunden. Ich wohnte noch bei meinen Eltern. Dann haben wir uns verlobt und ein halbes Jahr später haben wir geheiratet, 1966. Das war eindrucksvoll, wie das geschehen ist. Aber die gesamte Gemeinde hat keinen Pfifferling darauf gegeben, dass unsere Ehe halten würde. Unser Trauzeuge auch nicht.
Wir haben geheiratet, damals war doch noch so. An einem Freitag haben wir Polterabend gefeiert. Am Samstag haben wir geheiratet. Auch noch in der Kirche. Da gab es eine Zeremonie in der Gemeinde, das war in Celle. Celle hatte zu dieser Zeit schon ein eigenes Gemeindehaus, ein schönes großes. Dietmar Matern, war zu dieser Zeit unser Gemeindepräsident, der hat uns in Celle auch och kirchlich vermählt, nach einem bestimmten Text, den es damals gab. Dann sind wir sonntags losgefahren in die Schweiz. Wir wussten überhaupt nicht, was uns erwartete. Wir hatten das Gefühl, unser Gemeindepräsident hatte Angst, das Wort Tempel auszusprechen, geschweige denn uns irgendwas zu erzählen, was der Tempel bedeutet. Wir sind völlig ahnungslos losgefahren und sind am Sonntagabend in der Schweiz angekommen. Da war der Tempel noch montags früh geöffnet. Montag früh um sieben standen wir vor der Tempeltür und hatten keine Ahnung, was jetzt mit uns passiert. Aber das haben wir dann eindrucksvoll erlebt.
Das war uns klar, wir wollten Kinder haben. Wir hatten drei Kinder geplant. Aber das klappte nicht mit den Kindern. Dann haben wir ein wenig überlegt. Etwa nach gut einem Jahr hat meine Frau dann auf Anraten des Arztes, weil er meinte, da ist viel Nervosität mit im Spiel, durch ihren Beruf, dem sie als Übersetzerin nachgegangen ist, sie sollte wohl aufhören zu arbeiten. Das hat sie dann auch sofort getan. Dann kam ein Jahr später unser erstes Kind 1968, geheiratet haben wir 1966. Dann haben wir die ersten Kinder geplant. Wir wollten zwei Jahre dazwischen haben, damit das vorhergehende Kind schon aus dem Gröbsten heraus ist. Das hat auch geklappt bis zur Nummer drei. Dann haben wir Nummer vier zugelassen. Nummer fünf war eine Überraschung und Nummer sechs kam dann auch noch. Dann haben wir gesagt, jetzt reicht es. Da war sie schon fast vierzig.