Chemnitz, Sachsen
Mein Name ist Ute Bruns. Ich bin am 12 Juli 1943 in Chemnitz/Sachsen geboren und wurde am 3 August 1974 in Hamburg getauft. Mein Vater heißt Herbert Schaarschmidt und meine Mutter Helga geborene Schütz.
Die Kriegszeit habe ich zum Teil in Chemnitz erlebt und die Nachkriegszeit dann in Dessau und Görlitz. Mein Vater ist im Krieg gefallen. Er ist in Frankreich von Partisanen erschossen worden, als ich ein und ein halb Jahre alt war. Mein Großvater ist am Phosphor erstickt, als eine Phosphorbombe in sein Haus fiel und er noch etwas retten wollte. Meine Großmutter ist dann mit zu uns gezogen und damit waren wir ein Haushalt mit vier Frauen.
An die Kriegszeit erinnere ich mich als eine sehr arme Zeit für uns. Wir hatten so gut wie nichts zu Essen und konnten auch nichts kaufen. Viel haben wir geschenkt bekommen und meine Mutter ging aufs Land „Hamstern“ (betteln, tauschen, besorgen) und manchmal hat sie etwas mitgebracht. Ich erinnere mich an eine Begebenheit, bei der sie Fleisch mitbrachte, was damals eine ganz große Sache war. Eigentlich wollten wir das niemandem erzählen und endlich wieder einmal etwas Fleisch essen.
Wir wohnten in einer sehr großen Wohnung die durch zugestopfte Zwischentüren halbiert war damit von den zwei Familien jede ihren eigenen Bereich hatte. Auf der anderen Seite unserer Wohnung wohnte die Familie „Hangebrauch“. Meine Oma und meine Mutter fingen nun an dieses Fleisch zu kochen und es dauerte gar nicht lange da klingelte es an unserer Tür. Frau Hangebrauch stand da und fragte im breiten Sächsisch: „Habt er Fleesch“? Da hat meine Mutter wahrheitsgetreu geantwortet: „Ja, wir ham Fleesch – kommt man rein“. Und es wurde dann zwischen beiden Familien geteilt.
Meine Mutter war Opernsängerin und oftmals unterwegs. Unsere Großmutter, die uns ja erzogen hat, weil meine Mutter arbeiten musste, hat uns sehr viel aus der Bibel vorgelesen, mit uns gebetet und viel von Jesus erzählt, wie auch meine Mutter. Ich bin ihr sehr dankbar, dass sie das getan haben, weil das so die Grundlage dafür war, dass ich es für mein eigenes Leben auch weiter so verwenden konnte. Damals in Görlitz habe ich ein Buch geschenkt bekommen, als ich noch in der ersten Klasse war, es hieß: „Das Schild des Glaubens“. Da sind wunderschöne Bibelgeschichten aus dem neuen und alten Testament drin. Dieses Buch habe ich heute noch und es ist mir sehr wertvoll.
Als wir noch in Chemnitz wohnten, hatten wir Einquartierung von einem russischen Offizier, der mit seinem Burschen bei uns wohnte. Er bekam das gute Wohnzimmer. Meine Mutter und meine Oma mussten für ihn Wäsche waschen, kochen und alles rein halten. Dieser russische Offizier war eigentlich sehr freundlich und ein Familienmensch. Er zeigte uns immer wieder Bilder von seiner Familie und hatte uns auch manchmal etwas mitgebracht.
Als er aber wieder weg war, kam als Einquartierung eine deutsche Staatsanwältin. Das war eine Erzkommunistin, die hat da etwas gemacht, was mir sehr merkwürdig und abstoßend im Gedächtnis geblieben ist: Wir hatten eine Katze und die Frau nahm sie auf den Arm und sagte: „Am Sonntag geht ihr doch nicht in die Kirche”! Und dann hat sie der Katze ins Ohr gepustet, worauf diese den Kopf geschüttelt hat. Und dann hat sie uns immer wieder gesagt: „Die Katze geht nicht in die Kirche und dann sollt ihr auch nicht gehen”! Aber wir sind immer mit unserer Oma in die Kirche gegangen, das weiß ich noch. Ich fand es aber schrecklich abstoßend, was sie da mit der Katze gemacht hatte.
Von Chemnitz weiß ich noch, dass wir viel draußen gespielt haben und meine Mutter hat viel für uns genäht. Wir brauchten ja auch viel Zeug, wenn wir draußen waren. und so wurden aus alten Sachen immer wieder neue Kleidungsstücke genäht. Aber – was ganz schrecklich war – wir hatten ganz dicke Strümpfe, die sehr gekratzt haben und wenn sie zu kurz waren, hat meine Oma oben ein Stück dran genäht und zwar aus irgendwelchen ganz anderen Sachen. Das sah man dann auch und wir haben uns da immer ein wenig für geschämt. Aber die anderen Kinder hatten das auch und dadurch war das denn nicht mehr ganz so schlimm.
Ich erinnere mich, dass ich insgesamt eine sehr schöne Kindheit hatte, obwohl wir so vieles nicht besaßen. Wir kannten zum Beispiel keine Bonbons, oder auch „Bananen“ wussten wir überhaupt nicht was das war. Es war eine schöne Kindheit, weil wir von zu Hause ganz viel Liebe bekommen haben, ganz viel Zuwendung, ganz viel Zeit von meiner Oma und meiner Mutter. Sie haben uns in ganz vielen Dingen ganz liebevoll unterwiesen. Zum Beispiel auch, dass wir eben in der Bibel und in den Schriften gelesen und viel darüber gesprochen haben und ich erinnere mich, dass es immer lustig bei uns zu Hause zuging, dass wir viel gelacht wurde.
Wir wohnten danach in Görlitz. Da ist ja die Oder-Neiße Grenze nach Polen. Die Brücken nach Polen waren alle außer Betrieb, es war nur eine, die noch in Ordnung war, aber sie war abgesperrt, da durfte man nicht nach Polen rüber. In Görlitz habe ich dann 1952 den Arbeiteraufstand ganz schrecklich miterlebt. Das war eigentlich wie Krieg. Ich war in der Schule und die Arbeiter haben die Schulen gestürmt. Wir mussten sehen, dass wir irgendwie schnell nach Hause kamen. Meine große Schwester hat mich dann abgeholt. Wir mussten durch die Stadt und das Gefängnis war geöffnet worden und alle 293 Gefangenen wurden auf den Schultern heraus getragen. Es war wie Kriegszustand in der Stadt, wie Bürgerkrieg. Dann kamen die russischen Panzer und haben geschossen. Es war alles so beängstigend. Die Arbeiter wussten überhaupt nicht was sie taten, so aufgebracht und rebellisch waren sie. Aber es wurde alles niedergeschlagen.
Vor zwei Jahren (2006) war ich noch einmal in Görlitz gewesen und habe diese damaligen Schauplätze alle wieder besucht. Die Häuser waren renoviert worden, das Gefängnis und alles andere war aber noch so vorhanden, wie es damals war und da kamen mir auch die Erinnerungen wieder an diesen so schrecklichen Tag, der wie ein Kriegstag war immer zu einem anderen Theater wechselte. Sie hatte damals einen Vertrag mit dem „Rundfunk Berlin“ in der DDR und hat im Sommer in Bayreuth gesungen, bei den Wagnerfestspielen. Und als sie zurück kam von den Festspielen – das war im September 1957 – da wollte sie in Berlin anfangen und man hat ihr gesagt, sie könnten den Vertrag nicht einhalten, wegen irgendwelcher Gründe. Das hieß also meine Mutter wäre Arbeitslos gewesen, denn außerhalb der Saison gab es keine Anstellung. und sie war der alleinige Verdiener in der Familie. Meine Oma war mittlerweile ziemlich krank geworden und somit musste sie irgendetwas an Arbeit finden. So hat sie sich noch einmal an die Direktion in Bayreuth gewandt die ihr dann sagten: „Ja, wir helfen Dir “. und haben ihr eine Anstellung an der „Deutschen Oper am Rhein“ in Düsseldorf besorgt, was natürlich in Westdeutschland liegt, aber wir wohnten ja in der damaligen DDR und da stellte sich für uns die Frage: „Wie kommen wir gemeinsam auf die andere Seite der Grenze“?
Meine Mutter war angefangen in Düsseldorf zu arbeiten und hatte uns mitgeteilt, sie würde uns nachholen. Das hieß also, meine Schwester und mich, mit unserer Oma zusammen, die wir alle in Dessau zurückgeblieben waren. Uns wurde von den Behörden aber gesagt, sie würden uns nicht raus lassen und wir wurden stark unter Druck gesetzt wie mit Äußerungen, dass wir unsere Mutter nie wieder sehen würden. Sie durfte nicht zurück, weil sie ja einfach fortgeblieben war und somit als „Republikflüchtling“ eingestuft wurde. Das war eine Zeit wo meine Schwester und ich viel geweint haben.
Meine Mutter hat dann darauf bestanden „Ich will meine Familie haben”! und ist dann in Düsseldorf zum Amt gegangen und hat gefragt, ob sie noch ihren alten Personalausweis aus der DDR haben und er wurde ihr tatsächlich heraus gesucht. Meine Mutter ist dann mit diesem Ausweis nach Dessau gefahren, denn damit mit durfte sie ja über die Grenze wieder zurückgehen, ist dann auf die Ämter gegangen und hat ihr Anliegen ganz energisch vorgetragen: „Ihr könnt mir hier keine Arbeit geben und ich bin der alleinige Verdiener meiner Familie. Ich muss die Arbeit in Düsseldorf annehmen”! Sie konnten ihr auch wirklich nichts anbieten und dann hat meine Mutter darauf bestanden: „Also bitte, lassen Sie meine Familie raus“! Und sie hat es tatsächlich geschafft! Da hat der Herr auch ganz viel mit geholfen.
Wir hätten damals alles was wir hatten mitnehmen dürfen, es wäre aber unmöglich gewesen. An der Grenze hätten alle Möbel umgeladen werden müssen. Wir haben also angefangen zu packen, alles was in den Schränken war und unsere persönlichen Dinge. Zum Glück hatten wir gute Freunde, die eine Eisdiele hatten und damit auch große Kartons, denn so was war als Verpackungsmaterial drüben nicht zu bekommen. Vieles haben wir verschickt. Die Möbel haben wir verkauft. Schöne alte Eichenmöbel, von meiner Mutter noch, auch an das Klavier erinnere ich mich noch. Meine Mutter hat dann das Geld nicht in der ehemaligen DDR umgetauscht, sondern wir haben es mitgenommen. Das war auch so eine Sache, die eigentlich nicht erlaubt war. Erstmal hat meine Mutter dann aber Fahrkarten gekauft und zwar gleich 1. Klasse, damit wir in einem Abteil für uns sind, weil das ja für uns die erste außergewöhnlich große Reise war.
Wir mussten in der Schule abgemeldet werden. Meine Schwester hatte eine Ausbildung angefangen und musste ebenfalls abgemeldet werden. Das war auch noch so eine Sache, denn meine Schwester war nicht bei den Jungen Pionieren, was da drüben ja eigentlich Pflicht war, und wir waren keine Arbeiter- und Bauernkinder, das hieß, meine Schwester konnte nicht Kindergärtnerin werden, weil sie nicht dazugehörte und nicht die politische Bildung hatte, die wir auch von zu Hause nicht bekommen hatten. Sie musste dann eine Lehre machen in einem Lebensmittelgeschäft in dem sie die Lehre nun abbrechen musste. Wir hatten ja das außerordentliche Privileg offiziell nach Drüben gehen zu dürfen und durften somit auch darüber sprechen.
Ich weiß aber von der Schule noch, dass vorher schon oft die Situation war, dass plötzlich ein Platz leer war und hinter vorgehaltener Hand gesagt wurde: Die sind diese Nacht „weggemacht“. (über die Grenze geflohen) aber das durften wir nicht sagen. Und dann kam der Tag immer näher, dass wir fahren sollten und wir hatten gar keine Vorstellung davon was uns erwartete. Wir hatten kein Fernsehen, wir hatten nur ein ganz kleines altes Radio, so eine alte „Göbbelsorgel“ (alter Volksempfänger.) Nur so ein paar Drähte und man hoffte immer, dass dann irgendwann mal ein paar Töne kamen.
Wir sind am 14. Dezember 1957 mit unserer Oma zur Bahn. Oma hatte sich damals kurz vorher noch einen Schenkelhalsbruch zugezogen, weshalb wir das Rote Kreuz benachrichtigt hatten, Oma auf der Fahrt zu begleiten. Unseren Hund hatten wir auch mitnehmen dürfen. Auch ein Fahrrad hatten wir als Gepäck mit dabei.
Meine alte Schulfreundin, mit der ich heute noch in Verbindung stehe, saß zu der Zeit in ihrer Klasse und wäre so gerne dabei gewesen. Unser Lehrer hatte ihr damals gesagt: „Sag mal, Rita, Du bist überhaupt nicht aufmerksam, Du möchtest sicher zum Bahnhof und alle verabschieden, dann lauf los“! Und sie durfte kommen und uns verabschieden und das war großartig. Ja, wir wussten ja nicht, dass wir uns irgendwann mal wieder sehen würden. Die Grenzen waren zu und es schien uns einfach unmöglich.
Wir sind dann in den Zug gestiegen und mussten unterwegs irgendwo umsteigen. Meine Oma wurde vom Roten Kreuz versorgt, meine Mutter und ich nahmen das ganze Gepäck und den Hund und meine Schwester musste zum Gepäckwagen laufen, um das Fahrrad zu holen. Dann sind wir in den nächsten Zug eingestiegen und von da aus dann bis Duisburg durchgefahren. In Duisburg angekommen waren wir am 14. Dezember alles in Festbeleuchtung für Weihnachten, was wir absolut nicht kannten. Wir hatten ja immer nur Schilder gesehen wie „Sozialismus siegt“ und ähnliches. Das war unser Umfeld gewesen. Meine Mutter nahm am Bahnhof ein Taxi und sagte dem Fahrer: „Bitte fahren Sie ganz langsam, damit meine Familie das alles sehen kann“.
Einmal war meine Mutter zwischenzeitlich wieder nach Duisburg zurückgefahren gewesen und hatte eine Wohnung besorgt. Ich weiß nicht, wie sie das alles geschafft hat. Wir kamen an und wohnten in einem Turm! In einem richtigen hohen Brückenturm und zwar gab es da eine Wendeltreppe rauf mit einhundert sechs Stufen. Meine Oma hat unten gestanden, hoch geguckt und gesagt: „Da komm ich nie wieder runter “., aber sie hat es dann doch geschafft.
Wir waren dann in der Wohnung und es war für uns irgendwie schwierig. wir konnten mit all diesen Sachen um uns herum noch gar nichts anfangen. Das war also recht schwierig. Mir hat es sehr, sehr Leid getan aus der Schule in Dessau wegzugehen, weil ich sehr gerne Russisch gelernt habe. Ich hatte dort ja schon vier Jahre Russisch gehabt und es war für mich überhaupt nicht angenehm jetzt damit aufzuhören. Ich bin dann in Duisburg aufs Gymnasium gegangen – ein Aufbau-Gymnasium mit vielen ehemaligen DDR-Bürgern. Das hieß wir mussten in drei Jahren alles das nachholen, was die andern schon von der vierten Klasse an zu lernen hatten, zum Beispiel Englisch und Latein. Und ich habe dann leider kein Russisch mehr gehabt, was ich sehr bedauerte. Aber ich habe mein Russischbuch heute noch. Das hatte ich damals noch mitgenommen.
Wir mussten uns erst einmal einleben und umstellen und dann haben wir in Duisburg eine ganze Zeit gelebt. Viele Sachen gab es die wir gar nicht begreifen konnten. Zum Beispiel, dass man einfach in ein Geschäft geht und etwas kauft, es war aber auch alles vorhanden. Das war für uns ganz erstaunlich und schwer zu begreifen.
So manche Sachen aus der Nachkriegszeit würde ich gerne noch berichten. Wir haben zum Beispiel in Chemnitz, als ich noch klein war, Bonbons gemacht aus Eicheln. Ein bisschen Zucker in die Pfanne und abgeschälte Eicheln darin gewälzt; das waren unsere Bonbons. Ich bekam 1957, da war ich 14 Jahre alt, 50 Pfennig Taschengeld. Das war für mich Reichtum, denn wir hatten ja nie Taschengeld bekommen, das war so ganz außergewöhnlich. Da bin ich manchmal in die Stadt gefahren, einfach nur mit dem Gefühl ich habe in der Tasche 50 Pfennige und könnte sie ausgeben, aber ich traute mich nicht.
Wir haben aus Kartoffelschalen Kuchen gebacken und meine Oma hat eine Suppe gemacht aus Brot, Kartoffeln und wenn sie hatte eine Zwiebel und die hat uns so gut geschmeckt, dass wir später immer wieder sagten: „Oma mach doch mal wieder die „Fitzfedelsuppe“. Sie antwortete uns darauf nur: „Nie im Leben mach ich so etwas wieder“.
In Duisburg hab ich dann meinen Mann kennen gelernt – Wilhelm Bruns – das war 1970 auf einem Fest. Ich hatte einen Kindergarten geleitet in Duisburg von der evangelischen Kirche aus und war auch sehr verbunden mit der evangelischen Kirche, habe sehr viel mitgemacht an Veranstaltungen und Aktivitäten. Bin auch sonntags immer in die Gemeinde gegangen und habe mich da wirklich wohlgefühlt, die Bibelstunden mitgemacht und so das ganze Programm. Ein Hauseinweihungsfest von Eltern, die ihre Kinder bei mir im Kindergarten hatten, hat dann Wim und mich zusammengeführt, wobei ich zum ersten Mal überhaupt hörte, dass es die Kirche Jesu Christi gibt. Den Ausdruck „Mormonen“ hatte ich vorher noch nie gehört. Wim hat mir damals erzählt, und das fand ich so wunderbar, dass mein Vater, der gefallen war, und den ich ja so sehr gerne kennen gelernt hätte, dass ich den wieder sehen werde. Und das war für mich eine Sache, wo ich gedacht habe: „Warum hat mir das bis jetzt noch nie jemand gesagt”? In der anderen Kirche nicht und nie hat man mir gesagt dass, es die Möglichkeit gibt, später einmal mit meinem Vater zusammen zu sein. Dann habe ich zu Wim gesagt, er möchte mir doch noch einmal mehr davon erzählen und ab und zu bin ich mit in die Kirche der Heiligen der Letzten Tage gegangen. Die war damals in Duisburg in einer Wohnung in einem Wohnblock
Ich war da eigentlich noch ein wenig misstrauisch und ganz vorsichtig, da es mir merkwürdig schien. Ich fragte mich, ob das vielleicht eine Sekte sei, wenn die noch nicht einmal ein Kirchengebäude haben? Ja, ich fand die Menschen recht nett, ich habe später sogar welche hier in Hamburg wieder getroffen. Die Familie Fischer, die jetzt in Oldenburg ist, waren damals auch in Duisburg. Es hat aber doch eine ganze Weile gedauert bis mir bewusst wurde, da könnte irgendetwas sein, was auch für mich gültig ist. Wir sind dann Ende 1973 nach Hamburg gezogen, hatten geheiratet und ich bin dann mit in die Wartenau gegangen und zwar sehr aktiv.
Wir haben in Barmbeck gewohnt und ich habe dort den evangelischen Kindergarten geleitet, bin aber sehr viel mit in die Wartenau zur Kirche gegangen. Mein Mann war damals (1974) MPGFV-Leiter (Leiter der Alleinstehenden Erwachsenen, oder Melchizedekisches Priestertum, Gemeinschaftliche Fortbildungs- Vereinigung.) obwohl er schon verheiratet war. Da habe ich viele Geschwister kennen gelernt, mit denen ich teilweise heute noch in Verbindung bin und habe festgestellt, dass da Menschen sind, die etwas haben und es auch ausstrahlen. Die haben mehr als ich und ich hatte mir gut überlegt, das auch haben zu wollen. Dass war mein Ziel.
Ich hatte damals in der Gemeinde eine Lehrerausbildung mitgemacht bei Bruder Jürgen Schulz – unserem heutigen Pfahl Patriarchen – und war noch gar nicht Mitglied in der Kirche. Das hatte mir aber sehr viel Freude gemacht. Nach 1974 hab ich dann zu meinem Mann gesagt: „Bitte, bring die Missionare mit nach Hause, ich möchte mehr wissen“. Dann bin ich ein viertel Jahr belehrt worden und daraufhin hat der Missionar Elder Willertsen, gesagt: „Wissen Sie was, wir taufen Sie im Sommer. Sie haben im Juli Geburtstag und dann werden Sie getauft“. Und ich sagte: „Das ist ok “. Der andere Missionar hieß Elder Christensen.
Den Tauftag hatten wir zu meinem Geburtstag, den 12 Juli festgelegt, Das hieß natürlich, dass ich mit unserem Pastoren von der evangelischen Kirche sprechen musste, weil ich ja dort den Kindergarten leitete, und was noch dazu kam, wir wohnten in einem Haus der Evangelischen Kirche. Ich ging also zu dem Pastor in Barmbeck, auf der Wohldorferstrasse und hab ihm das erklärt und gesagt: „Es ist mir so wichtig ein Mitglied der „Kirche Jesu Christi“ zu werden, weil ich erkannt habe, dass es wirklich die Wahrheit ist und ich möchte aus der evangelischen Kirche austreten“. Er war sehr betrübt und sehr traurig und hat gesagt, ich solle mir das wirklich noch mal überlegen, er würde mich so gerne behalten für den Kindergarten und ich sagte ihm: „Nein, es tut mir Leid, es gibt keinen anderen Weg“.
Beim Amt habe ich dann meinen Austritt aus der evangelischen Kirche beantragt, das aber hieß für uns dann auch, aus der Wohnung aus zu ziehen und ich hatte keine Arbeit mehr. Und das, wo wir doch noch so auf den Verdienst angewiesen waren. Ich bin dann losgegangen und habe versucht mir eine Arbeit zu suchen und das hat auch alles wunderbar geklappt. Ich habe eine Arbeit bei der Stadt gefunden, im Städtischen Kindertagesheim, und dann hat es gar nicht mehr lange gedauert und wir hatten eine neue Wohnung und zwar ein kleines Haus auf der Veddel, das dem Arbeitgeber von meinem Mann gehörte. Nun war ich in allem vorbereitet und ich konnte getauft werden und das alles hat mein Zeugnis so gestärkt, dass ich mir sagte, der Herr wollte, dass das so kommt. Er hatte mich dafür gefunden und Er wollte, dass alles so kam, wie es gekommen ist und ich habe es bis heute nie bereut, dass ich gesagt hatte, dass es mir so wichtig wäre ein Mitglied der Kirche Jesu Christi zu werden und das ist bis heute so geblieben.
Mein Mann hat sich nun leider vor 28 Jahren aus der Kirche ausschließen lassen, was mir damals sehr weh getan hat, weil ich denke, das Evangelium ist so eine Freude, die kann man eigentlich nicht abgeben. Man kann im Leben nicht auf Freude verzichten oder auf die Segnungen die wir empfangen und alles, das der Herr für uns bereithält. Aber Wim ist heute immer noch nicht so, dass er sagen würde, er möchte wieder zur Kirche zurück. Er akzeptiert, dass ich dort bin, und hat mich auch immer in allem unterstützt, auch bei meinen Berufungen, die ich hatte, wobei ich sehr viel unterwegs war, wie bei der Pfahl FHV Leitung, aber er möchte es noch nicht für sich in Anspruch nehmen. Unsere Tochter ist im Evangelium erzogen und auch mit in der Kirche und die Enkel kommen ebenfalls mit in die Gemeinde und das ist mir eine große Freude. Hamburg,