Zendersch, Siebenbürgen, Rumänien
Mein Name ist Andreas Bürger, geboren bin ich am 06. September 1924 in Zendersch in Siebenbürgen, Rumänien. Mein Vater war Georg Bürger, meine Mutter Sarah, eine geborene Weber. Von drei Brüdern war ich der Jüngste. Der älteste, Georg, ist in Russland vermisst. Der zweite Bruder, der Michael, war auch im Krieg. In der Gefangenschaft haben wir uns dann wieder getroffen. Im Jahr 1948 sind wir aus der englischen Gefangenschaft entlassen worden und kamen nach drei Jahren zu unserem Onkel Georg Weber.
Ich habe die Volksschule besucht, bin dann bei der Hitlerjugend gewesen, und mit achtzehn Jahren bin ich dann zum Militär eingezogen worden. Ich habe eine schöne Kindheit erlebt. Meine Vorfahren sind 1160 aus dem Rhein/ Moselgebiet nach Rumänien gekommen und haben sich dort angesiedelt. Wir haben immer nur Deutsch gesprochen. In der Schule haben wir zwar etwas Rumänisch gelernt, aber nie richtig sprechen können. Ich hatte die Rumänische Staatsangehörigkeit, und in dem Ort, in dem wir waren, lebten nur Deutsche, außer ein paar rumänischen Hirtenfamilien und Zigeunern. Dort haben wir unseren Dialekt gesprochen.
Als wir damals eingezogen wurden, sind wir mit dem Zug nach Prag gebracht worden, wo wir in die verschiedenen Wehrmachtsabteilungen eingeteilt wurden. Ich bin nach Polen gekommen, und dort habe ich meine Ausbildung gemacht. Danach bin ich dann an die Ostfront gekommen. Die verschiedenen Stationen waren Stettin, Frankfurt Oder usw. Ich selbst war bei der Infanterie, Beleitperson für die Panzer. Wir haben zwar gekämpft gegen die Russen, aber Verwundungen habe ich keine gehabt. Wir haben uns vor den Russen zurückgezogen, aber die Russen sind hinter uns hergezogen. Unser Kompaniechef hat gesagt: „Wir müssen jetzt gegen die Russen kämpfen.“ Das haben wir dann getan, und wir haben sie zurückgeschlagen. Dadurch hatten wir das große Glück, dass wir uns wieder weiter vor den Russen zurückziehen konnten. Ich habe eigentlich nie Angst gehabt, und das, was man mir aufgetragen hat, das habe ich auch ausgeführt. Erst viel später habe ich mir darüber Gedanken gemacht, wie schützend der Herr doch seine Hand über mich gehalten hat
Bei dem Rückzug haben wir uns immer nur nachts bewegt und über Tag geschlafen. Wir waren bemüht, nicht in die russische Gefangenschaft zu kommen. Wir sind dann am zweiten Mai 1945 in amerikanische Gefangenschaft gekommen. Wir haben uns alle in einem großen Lager gesammelt und haben unsere Gewehre und sonstigen Waffen auf einen Haufen geworfen. Zuerst war es eine schwere Zeit, vor allem mit der Ernährung. Da hat man Pferde geschlachtet, um sich überhaupt ernähren zu können. In dieser Zeit wurden wir von dem Amerikanern an die Engländer übergeben. So bin ich dann nach Brüssel gekommen. Dort habe ich meinen Bruder Michael getroffen. In der Gefangenschaft waren wir von 1945 bis 1948, also drei Jahre. Die erste Zeit in Belgien haben wir in Zelten gelebt, auch im Winter. Wir wurden nicht zu irgendeiner Arbeit herangezogen. Danach kamen wir nach England, und dort wurden wir in der Landwirtschaft eingesetzt und mussten arbeiten. Wir lebten dort in einem Lager und wurden morgens zu den verschiedenen Farmern mit einem Bus gefahren. Über den ganzen Tag haben wir dann dort gearbeitet, und am Abend wurden wir dann wieder ins Lager zurück gebracht. Das Essen, welches wir in England bekamen, war sehr gut. Als wir aus der Gefangenschaft entlassen wurden, wollten wir nicht nach Rumänien zurück und sind nach Bayern gekommen. Wir haben später dann erfahren wo unsere Eltern sind. Die sind auch geflüchtet, und wir wussten zuerst nicht wo sie waren. Die Eltern waren von Schlesien nach Österreich geflüchtet.
Mein Onkel hat in Mittelfranken in Bayern gewohnt, und zu dem sind wir gefahren. Dort haben wir dann von 1948 bis 1952 in der Landwirtschaft gearbeitet. Wir haben in der Landwirtschaft sehr wenig verdient. Dann haben wir erfahren, dass man in Stuttgart mehr verdienen konnte. So bin ich dann nach Stuttgart gekommen. Ich hatte keinen Beruf erlernt und habe in Stuttgart in einer Küche in einer amerikanischen Schule gearbeitet. In dieser Zeit habe ich auch die Kirche kennen gelernt. Das war im Jahr 1952.
Ich habe immer schon etwas gesucht, es fehlte etwas in meinem Leben. Ich habe mich auch für andere Religionen interessiert. Aber an einem besonderen Sonntag traf ich die Missionare auf dem Schlossplatz, und sie haben mich eingeladen, in die Versammlungen zu kommen. Und ich bin dieser Einladung gefolgt. Auch habe ich ein Buch Mormon bekommen und habe von da ab jeden Sonntag die Versammlungen besucht. Am neunzehnten April 1953 bin ich dann in Bad Kantstadt getauft worden. Ich habe mich in der Gemeinde sehr wohl gefühlt.
Später habe dann die Frau, die mir gefiel, und die später auch meine Frau wurde, zur Kirche eingeladen. Sie brachte ihre Schwester mit. Und so haben sie und ihre Schwester die Kirche kennengelernt. Meine Frau hat im gleichen Dorf in Rumänien gelebt wie wir. Wir sind sogar ein wenig miteinander verwandt. Meine Frau war auch vorher schon sehr gläubig. Sie wurde von einem Ehepaar belehrt und ist dann auch sehr schnell getauft worden. Im Jahre 1956 sind wir dann standesamtlich getraut worden, und 1957 sind wir dann im Tempel in Zollikofen in der Schweiz aneinander gesiegelt worden. Danach haben wir immer versucht, bei den Tempelwochen des Pfahles dabei zu sein. Da wir keine Kinder hatten, haben wir das machen können. Wir sind dann Tempelarbeiter geworden. Für uns war das etwas ganz Großartiges, so eine Tempelsession zu leiten. Das ist einfach einmalig. Im Jahr 1962 wurde ich als Gemeindevorsteher berufen, später war ich dann Ratgeber in der Gemeindepräsidentschaft. Eine zeitlang war ich Ältestenkollegiumspräsident, dann auch Gemeindesekretär. Das Archiv in Stuttgart habe ich drei Jahre geleitet. Zurzeit bin ich Tempelarbeiter in Friedrichsdorf.
Ich habe mir immer Sorgen gemacht darüber, dass ich Krebs oder sonst etwas Unheilbares haben könnte, wenn ich einmal krank war. Da habe ich einmal in einem Stern gelesen, man soll sich erst dann Sorgen machen, wenn die Krankheit tatsächlich festgestellt worden ist. Das war ein großer Trost für mich. Ich habe einmal einen Traum gehabt, in dem ich sah, wie die Schwalben ein Nest bauen. Aber das Nest war aus Tuch, und in dem Nest war ein Tier. Ich wollte das Tier mit einem Stecken kaputt machen. Aber das Nest war so hell, und es hat auf meine Krankheit hingewiesen und mir gesagt, dass die Krankheit nicht schlecht ist. Ich bin dann aufgewacht und habe gesagt, dass ich so etwas was an Helle noch nie gesehen habe. Auf jeden Fall sind meine drei Blasenoperationen gut verlaufen, und auch meine Magenprobleme wurden behoben.
Meine Frau war eine sehr gläubige Person. Sie hatte viele Ämter in der Kirche. Zweimal war sie FHV-Leiterin, dann war sie Leiterin der Primarvereinigung, sowie Ratgeberin in der FHV. Sie ist nie ohne Amt in der Kirche gewesen. Meine Frau ist 1990 gestorben. Wir haben keine Kinder gehabt.
Was meine berufliche Arbeit anbelangt, da bekam ich damals vom Gemeindepräsidenten Franz Greiner einen Vorschlag, dass ich bei Kodak eine Arbeit bekommen könnte. Der Bruder Kissmann, der bei Kodak gearbeitet hat, hat mich dort eingeführt. So habe ich bei Kodak angefangen zu arbeiten und habe dreißig Jahre dort als Werkzeugschleifer gearbeitet. Und von da aus bin ich in den Ruhestand gegangen.