Czernowitz, Bukowina, Rumänien
Ich heiße Eleonora Cunia, geborene Dospil, ich bin geboren am 4. November 1923 in Czernowitz, Bukowina, Rumänien. Meine Eltern sind auch in Czernowitz geboren. Mein Vater heißt Anton Theophil Dospil und meine Mutter Josefine Dospil, geborene Jaworska. Ich bin das fünfte Kind von elf Kindern. Mein Vater hatte von seinen Eltern ein Häuschen bekommen, wo wir gewohnt haben. Über dem Hof hat der Großvater, der Vater meines Vaters, auch ein Haus gehabt mit einem schönen Obstgarten. Wir haben eine schöne Kindheit verbracht. Wir haben genug Obst gehabt, wir haben den Garten gehabt. Meine Mama ist nicht arbeiten gegangen. Ich habe mich wohl gefühlt. Ich bin auch gerne in die Schule gegangen. Ich habe gerne gelernt. Ich kann heute noch Gedichte, die ich in der Schule gelernt habe. Das war eine rumänische Schule.
Nach dem Ersten Weltkrieg hat Rumänien die Bukowina bekommen, was zu Österreich, zu Österreich-Ungarn gehörte. Die Schwester meines Vaters hat ein Haus gehabt und einen Obstgarten und Gemüse und Blumen. Jedes Mal, wenn wir hingegangen sind, hat sie uns immer Blumen mitgegeben. Ihr Onkel war ein Förster. Ich habe zuerst eine Schwester, die Katinka, dann einen Bruder Abel, dann einen Josef und der Olgen, drei Brüder hintereinander, dann komme ich, dann den Wilhelm Dospil, der Mitglied ist in der Kirche. Fünfzehn Jahre war er Mitglied der Kirche und er konnte uns nicht überzeugen. Ich glaube die Missionare waren diejenigen, die mich so weit gebracht haben. Wir waren alle katholisch und wir haben gesagt, warum sollen wir eine andere Kirche nehmen, wenn wir doch an Gott und an Jesus Christus und an den Heiligen Geist glauben. Was gibt es Besseres!
Ich habe meine sieben Klassen Volksschulen beendet und meine Lehrerin wollte mich zu ihrer Schwester geben, dass ich ein bisschen Wirtschaft lerne. Ich habe mich bedankt und habe gesagt, ich möchte einen Beruf ergreifen. Ich möchte Damen-Friseurin werden. Nachdem mein Vater Elektromechaniker war, hat er Beziehungen gehabt, auch zu Friseuren, weil er die Föhnapparate repariert und so weiter. So hat mein Vater erfahren, dass eine Friseurin, vierundzwanzig Jahre alt war, und ihr Geschäft eröffnet hat und sie hat mich aufgenommen. Aber das hat nicht lange gedauert, weil inzwischen die Russen unser Land besetzt hatten, die sind über den Brut mit Panzern gekommen und haben Czernowitz besetzt.
Hitler hatte den Krieg noch nicht angefangen. Er hatte den Pakt mit dem Stalin gehabt. Durch diesen Pakt haben wir die Möglichkeit gehabt umzusiedeln. Es hat geheißen, alle Deutschen, die wollten, konnten heim ins Reich. Mein Vater wollte zuerst nicht, weil er krank war, als aber ein Russe kam, der etwas zur Reparatur brachte und gesagt hat: „Solche Leute wie Sie können wir in Moskau brauchen“, dann hat er sich entschlossen doch nach Deutschland zu gehen. Viele Leute waren schon angemeldet, um mitzufahren. Meine Schwester hat festgestellt, dass unsere Ahnen in der Pfalz sind.
Wir sind dann umgezogen und sind in ein Kloster gekommen, wo man uns aufgenommen hat in Oberschlesien, im St.-Klara-Stift. Die Nonnen hatten zwei große Gebäude und einen großen Park, die haben sich zurückgezogen und haben uns fünfhundert Leuten das überlassen. Unser Leiter im Kloster war ein SS-Mann, ein junger fescher Mann, so groß wie die Tür, dann war ein Lagerführer und Lagerverwalter – sehr nette Menschen. Dort haben wir neun Monate verbracht, bis wir nach Wien gekommen sind. Der Lagerführer hat gesagt: „Wer eine Arbeit und eine Wohnung findet, darf von hier ausziehen.“ Mein Vater hat sich nach Wien gemeldet, weil mein Vater im Ersten Weltkrieg in Wien geheiratet hatte. Meine Mutter und mein Vater waren in Czernowitz Nachbarn. Im Ersten Weltkrieg haben die Russen auch Czernowitz besetzt.
Meine Mama war schon beschäftigt, bei einem Baron Wasilko und er ist nach Wien gereist, bevor die Russen gekommen sind. Mein Vater war beim österreichischen Militär KuK (kaiserlich und königlich) und ist auch nach Wien gekommen, dort haben sie sich getroffen und haben am 9. Mai 1916 in Wien in der St. Barbara-Kirche geheiratet. Meine Großmutter (Elisabeth Jaworska) war mit dieser Heirat nicht einverstanden und hat die Papiere nicht geschickt. Aber als sie dann erfahren hat, dass meine Mama in anderen Umständen ist und ein Baby erwartet, hat sie die Papiere geschickt. Im Mai hat sie die Papiere bekommen hat geheiratet und hat das erste Kind bekommen.
Wir haben in Wien gewohnt. Mein Bruder ist auch hier geboren, zwei Kinder sind hier auf die Welt gekommen, in Wien, der Adolf und die Katinka. Dann sind meine Eltern wieder zurück nach Czernowitz und dort haben sie dann im Häuschen von den Eltern gewohnt. Mein Vater wollte nach Wien, er musste eine Arbeit und eine Wohnung suchen. Er hat dazu vierzehn Tage Urlaub bekommen. Aber nach vierzehn Tagen war er noch nicht fertig und ist nicht gekommen. Da sagt der Lagerführer zu uns: „Eure Eltern kommen nicht, die haben euch verlassen.“ Aber sie sind doch gekommen. Sie haben eine Wohnung im zweiten Bezirk gefunden und wir sind vom Lager ausgezogen.
Während des Krieges war meine Schwester schon mit einem Anwalt verheiratet. Die Russen haben, als sie gekommen sind, ihn sofort eingesperrt und meine Schwester ist mit uns mitgekommen. Nachher hat er meine Schwester geholt und ist wieder nach Hause gefahren. Als der Krieg ausbrach, da waren wir schon in Wien. Aber, wo wir bis nach dem Krieg waren.
Ich sollte auch Herrenfriseur lernen, aber das wollte ich nicht. So bin ich eines Tages im Postamt gelandet. Man hat Mädchen gesucht, die Rad fahren können, es war Krieg. Ich konnte das. Ich habe Telegramme, Schnellpost und Rohrpost ausgetragen, wo ich bis zum Kriegsende war. Da habe ich den Postdirektor gesehen, wie er die Straßen kehrte. Ich habe meinen Mann kennengelernt. Ich habe im Jahre 1946 geheiratet.
Die Besatzungsmächte haben sich Wien aufgeteilt, in den französischen Teil, den russischen Teil, den amerikanischen Teil und den britischen Teil. Meine Tante hat im amerikanischen Teil gewohnt, wir haben im russischen Teil gewohnt. Wir mussten um acht Uhr zu Hause sein und es musste zugesperrt sein, damit niemand hineinkommt. Einmal war ich im Kino, das bis dreiviertel acht Uhr ging, und ich musste sehen, dass ich schnell zu Hause bin. Auf dem Weg nach Hause geht mein zukünftiger Mann hinter mir und Gegenüberliegend von der Straße war ein Mann, der mir auf Rumänisch guten Abend gesagt hat. Dieser Mann war ein Bekannter von unserer Untermieterin, eine Schneiderin und Witwe, die hat er bei uns besucht. Das hat mein Mann gehört und hat mich angesprochen: „Hier in Wien spricht man rumänisch?“ Aber ich sagte: „Ich muss hineingehen, er wollte mit mir sprechen, aber hier ist eine Wasserpumpe. Wenn Sie Wasser holen werden, können wir uns sehen!” Ich hatte auch kein Interesse, ihn näher kennenzulernen, denn ich habe schon jemanden gekannt, der hat bei meinem Vater vorgesprochen, ob er mich heiraten könnte. Er war ein Wiener, aber ich bin noch in Uniform, wir wissen noch nicht wie es sein wird.
Die Russen sind schon in der Nähe. Wir haben keine Post von ihm bekommen. Er ist inzwischen in amerikanische Gefangenschaft gekommen. Einmal kommt eine Krankenschwester und bringt mir einen Brief. Auf diese Weise habe ich erfahren, dass er in Gefangenschaft ist und er weiß nicht, wann er herauskommt. Inzwischen habe ich meinen Mann kennengelernt. Er wollte mich unbedingt kennenlernen. Wenn er mich nicht getroffen hat, hat er die Hausbesorgerin gefragt, ob da jemand aus Rumänien wohnt. So ist er ins Haus gekommen, hat geläutet und Frau Russ ist herausgekommen und da hat er nach mir gefragt. So sind wir zusammen gekommen. Wir haben uns eine Zeit ausgemacht. Aber ich habe vergessen, ich war gerade beim Fußboden reiben. Auf einmal denke ich, ich habe ein Rendezvous. Ich bin zu meiner Nachbarin gegangen, weil dort auch ein Mädchen war, die beim Postamt beschäftigt war und ich sagte: „Bitte gehe hinunter und sage etwas, sag irgendetwas, ich habe ganz einfach vergessen.“ Sie ist hingegangen und kommt wieder zurück. Sie hat ihn nicht angesprochen und sagte: „Mit dem willst du gehen, lass ihn!“ Weil sie ihn nicht angesprochen hatte und er hat nicht gewusst, dann hat er die Hausbesorgerin angesprochen und ist gekommen. Wir haben uns eine Zeit ausgemacht und wollten in die Oper gehen. Aber ich habe nicht gewusst, dass er keine Uhr gehabt hat. So haben wir uns nicht getroffen. Erst bei der Oper haben wir uns gesehen. „Warum haben Sie auf mich nicht gewartet?“ „Ich, ich bin ja kein Kavalier?“ „Ich habe gesehen, Sie sind nicht da, da bin ich weggegangen!“ So hat das angefangen. Dann sind wir wieder von der Oper zurück zu Fuß nach Hause gegangen. Er hat auf der anderen Seite der Straße gewohnt, aber das habe ich ja nicht gewusst. Ich glaube es hat neun Monate gedauert, dann waren wir verheiratet.