Nürnberg, Mittelfranken Bayern

Mormon Deutsch Zenos FrenzelMein Name ist Zenos Frenzel. Zenos ist ein Buch Mormon Name. Es zeigt, dass ich in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage geboren bin. Mein Vater heißt Hans-Albert Frenzel und meine Mutter Frieda Babette Frenzel. Ich habe eine Schwester Asnath Berthilde und zwei jüngere Brüder Peter Mahonri und Gabriel Eugen. In der Nürnberger Gegend in Deutschland bin ich 1940 geboren und aufgewachsen. Mit 18 Jahren bin ich 1958 alleine nach Amerika ausgewandert. In den ersten sechs Jahren habe ich in Los Angeles gewohnt. Von dort bin ich auf eine Mission nach Österreich von 1960 bis 1962 berufen worden. In 1964 bin ich nach Utah umgezogen. Hier habe ich meine Frau Renate Bergmann von Deutschland, kennen gelernt, die ich am 29. Juni 1967 im Salt Lake Tempel geheiratet habe. Wir haben drei Kinder.

Mein Vater war 1907 in Deutschland geboren und hat sich mit seinen beiden Brüdern oft in seinen Teenagerjahren damit beschäftigt, verschiedene Kirchen anzuschauen und dabei ist er auch zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gekommen. Mit 20 Jahren wurde er am 21. September 1927 getauft. Seine Brüder wurden einige Jahre später getauft. Er war der mittlere von seinen drei Brüdern gewesen. Der Erste hieß Karl Artur Frenzel (drei Kinder), der Zweite hieß Hans-Albert Frenzel (sechs Kinder) und der Dritte hieß Friedrich Frenzel (acht Kinder). Alle Brüder haben Buch Mormon oder Bibel Namen ihren Kindern gegeben, und daher kam der Name Zenos.

Nachdem mein Vater Hans-Albert getauft worden ist, wurde zur damaligen Zeit verlangt, dass alle Neugetauften der Kirche das Evangelium lernten und auch im Evangelium dienten, um sich im Priestertum vorwärts zuarbeiten Und es dauerte mehrere Jahre bis man Ältester geworden ist. Aber bevor Hans-Albert, Ältester geworden ist, wurde er auf eine Stadtmission geschickt, den Leuten in Nürnberg das Evangelium zu predigen. Während dieser Zeit hatte er mehrere Familien getauft, unter anderen auch eine Familie Burkhardt. Von dieser Familie hat er im März 1934 die Tochter Frieda Babette Burkhardt geheiratet.

Als meine Eltern verheiratet waren, ist Hitler an die Macht gekommen. Zur gleichen Zeit in 1936 hat der Prophet der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage den Wohlfahrtsplan herausgegeben, er hat den Mitgliedern gesagt, sie sollen Nahrungsmittel und andere Sachen sammeln, weil ein Notstand entstehen könnte. Mein Vater war ein sehr gläubiger Mann gewesen und hatte diese Warnung und Rat sehr ernst angenommen. Er hat auch in anderen Dingen der Kirche Gehorsamkeit ausgeübt. Mein Vater ist zum Kaufmann um die Ecke gegangen, wo ein kleiner Lebensmittelladen war, und kaufte extra Kartons mit Bohnen oder Dosenmilch und alles was man an Vorrat kaufen konnte. So kaufte er wöchentlich extra Kartons mit Dosen. Der Verkäufer war so großzügig und hat meinem Vater oft geholfen, die Sachen gleich zwei Straßen weiter nach Hause zu tragen. Für viele Monate hatten meine Eltern Vorrat nach Hause gebracht.

Wir haben im ersten Stock in einem drei stockigen Mietshaus in der Tucherstrasse 2 gewohnt, dort wurde ich auch geboren. Da war natürlich auch das Problem, wo bringt man das Essen unter. Mein Vater hat im Gang zu den Zimmern, Regale eingebaut und hat in den Regalen Essenvorrat untergebracht, wie Reis und Weizen und Dosen, und was sie alles finden konnten. Auch hat man Sachen unter dem Bett verstaut. Nachdem wir keinen Garten hatten, hat mein Vater am Rande der Stadt Nürnberg einen Schrebergarten gemietet, dort wurde Gemüse gepflanzt und Hühner gehalten. Am Weg zur Arbeit oder am Weg von der Arbeit ist mein Vater jeden Tag mit dem Fahrrad am Schrebergarten vorbeigefahren und hat Eier und Gemüse mitgenommen. Das hat natürlich auch geholfen den Nahrungsmittelstand zu ergänzen.

Im Jahre 1939 als der Krieg angefangen hat, konnte man nur noch Nahrungsmittel mit Lebensmittelmarken kaufen. Die Lebensmittelmarken sind natürlich jeden Monat kleiner geworden und man konnte nicht mehr viel einkaufen. In dieser Zeit hatten wir zusätzlich von unserem Vorrat genommen, denn man konnte vieles nicht mehr kaufen, und so hatten wir ein einigermaßen normales Essen gehabt. In der kalten Winternacht, am 2. Januar 1945, als die Alliierten die Innenstadt Nürnberg vollständig bombardiert hatten, wurden wir ausgebombt und hatten alle weltlichen Sachen verloren. Bis zu dieser Stunde hat unser ein Jahr Vorrat über sechs Jahre gereicht.

Nach 1940 ist der Krieg in Deutschland immer schlimmer geworden. Viele Bombenangriffe sind auf Nürnberg ausgeübt worden. Ich bin 1940 geboren und ich bin praktisch in den ersten fünf Jahren im Krieg aufgewachsen. Ich erinnere mich als Kind, dass meine Mutter, besonders, als ich so drei bis vier Jahre alt war, uns Kinder, mit Kleidung angezogen, ins Bett für die Nacht gesteckt hat. Wenn die Sirenen in der Nacht anfingen zu heulen, weil Flugzeuge mit Bomben angeflogen sind, haben wir schnell unsere Schuhe und Jacken angezogen und sind zwei Straßen zum Luftschutzkeller gerannt.

Nürnberg war bekannt, Spielsachen und Lebkuchen zu produzieren und nicht Kriegsmaterialien. Nürnberg war eine Musterstadt, die Hitler gebaut hatte, wo große Aufmärsche durchgeführt worden sind. Dadurch ist Nürnberg oft während des Krieges bombardiert worden. In einer Nacht vom 2. zum 3. Januar 1945 zerstörten und beschädigten 525 British Lancaster Bombers vollkommen die Altstadt, einschließlich die Stadtmauern, die Burg und 13. Jahrhunderte alte Gotische Kirchen. Die Flugzeuge haben hundert Tausend Brandbomben und sechs Tausend explosive Bomben abgeworfen. Über 1800 Einwohner sind getötet, über 3300 Leute sind verletzt und über 100000 haben ihre Wohnungen verloren. Zu dieser Zeit im Krieg war es der größte Bombenangriff an die Zivilbevölkerung einer Stadt. Ein Monat später wurde in Dresden mehr Schaden angerichtet und mehr Menschen getötet.

Als die Alliierten durch Deutschland zogen, sind viele Städte beschädigt worden. In der Nacht vom 2. bis 3. Januar 1945 (5 Monate vor dem Ende des 2. Weltkrieges) ist die Innenstadt von Nürnberg durch Bombenangriffe total vernichtet worden. Es war eine bitter kalte Nacht. Ich war 4½ Jahre alt gewesen. Wir hatten in der Innenstadt gewohnt. Als die Sirenen geheult haben, sind wir wie immer zum Bunker schnell gerannt. Als wir einige Zeit im Bunker waren, hat es geheißen, der Bunker hat eine Brandbombe bekommen und wir mussten den Bunker räumen, weil so viel Rauch hereingekommen ist. Als wir aus dem Bunker kamen, sahen wir in der Innenstadt von Nürnberg alle Gebäude vollständig brennen. Alle Wohnhäuser, die oft vier Stockwerke hoch waren, waren vollkommen in Feuer eingehüllt. Als wir an unserer Wohnung vorbei gekommen sind, war alles vernichtet. Wir konnten nur Feuer sehen, was niemand löschen konnte. So hatten wir in dieser Nacht alle unsere weltlichen Güter verloren, nur die Kleidung, die wir drei Kinder anhatten war uns geblieben. Meine Mutter hatte noch ihre Handtasche gerettet, in der nur ein paar Bilder und ein Ausweis waren. Die leichte Winterkleidung, die wir angehabt hatten, war nicht der Kälte gewachsen. Wegen des starken Rauches, hat meine Mutter jedem Kind ein feuchtes Taschentuch um die Nase gebunden, damit wir besser atmen konnten, aber durch die Kälte ist das Taschentuch angefroren, und hat nicht viel geholfen.

Wir hatten uns auf den Weg gemacht aus der brennenden Stadt heraus zu kommen. Wir sind in der Nacht zu dem Zeitungsverlag „Nürnberg Nachrichten“ gekommen. Das Gebäude war nicht viel zerstört. Viele Menschen, die in dieser Nacht nicht ums Leben gekommen sind, oder verletzt waren, haben sich dort gesammelt. In der Kantine haben die Menschen den Rest der Nacht verbracht. Man hat sich mit Zeitungen zugedeckt und am Boden oder Tischen geschlafen. Am nächsten Tag hat mein Vater versucht, mit seiner Firma die „Vereinigten Papierwerke Werke“, wieder Kontakt aufzunehmen. Die Beamten der Firma hatten geahnt, dass durch den Krieg, die Stadt Nürnberg beschädigt werden könnte und haben deshalb Holzbehelfsheime, in Heroldsberg, etwa Zehn Kilometer nördlich von Nürnberg gebaut. Dort in Heroldsberg war die Camelia Fabrik der Vereinigten Papierwerke. In den Behelfsheimen, die aus zwei Zimmern bestanden, (circa 4×4 und 4×3 Meter groß waren), gab es kein Licht, kein Wasser, kein Gas, kein Telefon, keine Toilette (nur ein Aborthäuschen), und keinen Herd. Im Schlafraum waren zwei Bettgestelle mit strohgefüllten Säcken, die als Matratzen dienten. Im anderen Raum waren in der Ecke ein Tisch mit einer Eckbank und ein paar Stühle und eine kleine Schüssel, in der man sich waschen konnte. Die Holzmöbel waren aus Fichte gebaut und waren nicht angemalt oder lackiert. Eine Kerosine Lampe war das Licht in der Nacht. Und so hatten wir die zweite Nacht im kalten Winter überlebt.

Die Camelia Werke produzierte Zellstockbinden für Frauen und wurde deshalb als „Kriegswichtiger Betrieb“ bezeichnet. Viele Frauen mussten die Arbeitsstellen übernehmen, weil die Männer an die Front geschickt wurden. Das Camelia Werk hat dafür gesorgt, dass die Arbeiterinnen während ihrer Regelzeit nicht zuhause bleiben mussten. Dies hat auch dazu beigetragen, dass mein Vater nicht in den Krieg eingezogen wurde, weil er in der Verwaltung gearbeitet hatte. Als wir in Heroldsberg in dem Behelfsheim wohnten, konnten wir am Tage in die Kantine der Camelia Werke gehen um uns dort aufzuwärmen und zu essen. Wir hatten durch den Bombenangriff alles verloren. Wir konnten nur das kaufen, was man auf Lebensmittelmarken bekam. was natürlich sehr wenig war. Meine Eltern haben versucht die Spirituosen- und Zigarettenmarken zu tauschen um mehr Essen zu bekommen. Mein Vater versuchte in kurzer Zeit einen Herd und Hackbeil zum Holz hauen ausfindig zu machen, damit wir Wärme in unserem kleinen Heim hatten und Essen kochen konnten. Bei Nacht haben wir in den danebengelegenen Wald, Bäume geklaut, um zu heizen und heißes Wasser zu machen. Wir haben kein Werkzeug und nichts gehabt. Es war eine ganz schwere Zeit. Man musste sich alles neu anschaffen durch Tausch oder kaufen mit Marken. Die Büros der „Vereinigten Papier Werke“ waren in Nürnberg und dort konnte mein Vater seine Arbeit fortsetzen und hatten ein Einkommen. Er musste 10 Kilometer nach Nürnberg mit dem Zug fahren und dann mit der Straßenbahn weiter in die Arbeit fahren. Oft musste er laufen weil keine Eisenbahn fuhr oder andere Transportmöglichkeiten waren.

Um zurückzukommen auf die Zeit vor dem Anfang des Krieges. Nürnberg war eine Musterstadt, die Hitler gehörig war und in dieser Stadt ist Hitler oft gekommen und hatte große Aufmärsche abgehalten. Wenn Hitler kam, mussten alle Bürger zum Zeppelin Feld gehen, da mussten alle Leute dem Führer „Sieg Heil“ (treue schwören) und haben dabei den Arm hochheben müssen. Mein Vater hat vom Anfang an kein großes Interesse gezeigt von der Regierung mit Hitler. Wenn die Bürger am großen Aufmarschfeld die Arme hochhoben und im „Nazi Salut“ schrien „Sieg Heil“, hat Hans-Albert mit Gott ein Bündnis gemacht. Er sagte „Gott ich bitte Dich, mich zu unterstützen, dass ich von diesen Sachen frei bleibe“. Denn er wollte nichts mit der Nazi Regierung zu tun haben, weil es teuflisch war, und versuchte sich herauszuhalten. Er hat alles gemacht, was man von ihm in der Kirche verlangt hat. Auf Grund seines starken Zeugnis, Treue und Glauben zum Evangelium, ist er auch tatsächlich während des ganzen Krieges verschont geblieben. Obwohl er zur Musterung gehen musste, hat er nie in der Armee kämpfen müssen.

Während der ersten Kriegsjahre hat mein Vater noch eine andere Sache gemacht bezüglich des Wohlfahrtsplanes. Sein Bruder Karl hatte in einem kleinen Dorf Burgthann bei Altdorf, etwa 20 km östlich von Nürnberg entfernt, in einer kleinen Hütte gewohnt. Dort hat mein Vater viele Nahrungsmittel, Kleidungen, Handtücher, Geschirre, Decken und viele andere lebenswichtige Sachen in Kartons untergebracht, damit man noch eine zweite Stelle hatte, falls etwas passieren sollte. Von Januar 1945 an sind wir dann viele Male von Heroldsberg nach Burgthann hinaus gefahren, wenn immer es möglich war mit den Zug und Omnibus. Das war eine 60 km Tagesfahrt. Wir haben versucht, alle unsere Sachen von Burgthann nach Heroldsberg zubringen, damit wir besser leben konnten. Kurz vor dem Kriegsende im Mai 1945 sind die Amerikaner nach Heroldsberg mit Panzern und viele Geschütze gekommen. Sie haben sich in der Nähe von unserer Behelfsheim niedergelassen, von dort aus haben die Amerikaner nach Nürnberg geschossen bis die Nazis aufgegeben haben. Wir hatten Angst gehabt, dass sie uns was antun könnten und haben versucht viele Sachen zu vergraben und uns in einen Keller in der Nachbarschaft versteckt. Selbst das Geschirr haben wir gleich neben dem Behelfsheim vergraben. Als die Amerikaner mit ihren Panzern über das Gebiet so nahe am Haus vorbeifuhren, sind manche Geschirrstücke kaputtgegangen.

Mein Vater hatte mir später im Leben zwei Geschichten erzählt. Als er sich vorbereitete an einem Sonntagmorgen um 8 Uhr früh in 1944 zur Kirche in die Priesterschaftversammlung zu gehen, bekam er ein Telegramm, (das zur der damaligen Zeit auch am Sonntag zugestellt wurde). Das Telegramm beschrieb, das er am Donnerstag zum Hauptbahnhof in Nürnberg als Soldat hingehen muss, um sich dort mit seiner Einheit zu sammeln. Das Battalion wurde nach der Tschechoslowakei versandt. Er hatte das Telegramm genommen und hat es meiner Mutter gegeben und ging in die Kirche. Von Sonntag bis Freitag hat er gefastet und gebetet. Am Donnerstag ist er nicht hingegangen, sondern erst am Freitag hatte er sich der Einheit gestellt und wurde sehr schlecht von den Ärzten der Armee behandelt. Auf die Frage, warum er so spät kommt, hat er gesagt, „Ich bin zu schwach dafür gewesen und konnte es nicht schaffen“. Dann haben sie ihn noch einmal untersuchen müssen, weil alle seine Papiere mit der Battallion abgesandt waren. Einer der Ärzte, der ihn untersucht hatten sagte: „Der Mann ist zu schwach, der schafft es nicht mehr den Krieg zu retten.“ Natürlich war er sehr schwach vom Fasten, was ihm geholfen hat, dass er sich aus dieser Sache befreien konnte. Gott hatte ihn wieder beschützt auf Grund seiner Glaubenstreue und das Halten der Gebote. Viele Soldaten von dieser Einheit sind nicht mehr zurückgekommen.

Mein Vater hatte Freunde gehabt, die jüdisch waren, diese Leute haben Informationen gehabt, die nicht öffentlich bekannt waren und so hatte er auch vieles gehört. Während der letzten Tage des Krieges hat ihn jemand gesagt: „Pass auf, die Alliierten werden durch Deutschland kommen, Das Land wird sein wie ein Pferd, das im Sterben liegt und noch einmal kräftig ausschlägt. viele Menschen können dadurch verletzt und getötet werden“. Aufgrund dessen ist mein Vater geflohen und hat sich draußen in der Nähe bei seinem Bruder Karl in Burgthann versteckt. Am Wege dorthin hatte er noch seinen Bruder Friedrich gefunden. Als sie bei ihren Bruder Karl Artur angekommen sind, hatte dieser mit seiner Familie schon das Haus verlassen und sich versteckt. Beide haben sich im Haus vom Bruder Karl versteckt. Das Haus stand am Hügel in Burgthann. Auf der anderen Seite des kleinen Tales war eine Burg. Die Alliierten sind oben vom Hügel, wo das Holzhaus am Berg stand, gekommen, Von dort oben aus haben die Amerikaner auf die gegenüberliegende Burg hinüber geschossen. Dort hat die SS zurück auf die Alliierten geschossen. Der Bürgermeister von Burgthann versuchte die weiße Fahne zu flaggen, wurde aber von der SS von hinten erschossen. Hans-Albert musste aufs Klo gehen, dass ein kleines Holzhäuschen ohne Wasser einige Meter vom Haus gestanden hat. Als er auf dem Klo saß, hörte er wie die Kugeln von beiden Seiten an ihn vorbei heulten. Die Kugeln sind so nahe an ihm vorbeigeschossen. Er dachte es wäre sein Ende. Mit Bleistift hat er auf dem Toilettenpapier dort seinen letzten Willen und Testament geschrieben, weil er nicht wusste, ob er am Leben bleibt. Er wollte besonders meiner Mutter und Kindern sein Zeugnis des Evangelium geben und dass sie uns Kinder im Evangelium aufziehen soll. Nach einigen Tagen haben die Amerikaner die Burg besiegt und die Führung übernommen. Das ist wirklich gut ausgegangen.

In Bezug auf die Kirche. Die Kirche hatte Räume gemietet in der Herschelgasse in der Innenstadt von Nürnberg, denn wir hatten noch kein Gemeindehaus gehabt. Diese Räume wurden in der Nacht vom 2. zum 3. Januar vollständig zerstört. Es konnten keine Versammlungen für einige Zeit abgehalten werden. Die Brüder der Gemeinde haben nach dem Ende des Krieges im Mai 1945 versucht ausfindig zu machen welche Mitglieder noch lebten und wo. Die Gemeindeleitung suchte nach einem Platz wo sie Versammlungen abhalten konnten. Sie haben eine Villa (Ruine) in der Gunderstraße 56 gefunden, das einem Juden gehörte, der Jude musste in den dreißiger Jahren alles in Deutschland lassen und ist nach Amerika ausgewandert. Auf jeden Fall haben die Brüder etwas gefunden was man wieder aufbauen konnte. Obwohl alles daran kaputt war, haben die Geschwister Backsteine genommen und den Mörtel abgeschlagen, und begonnen aufzumauern, auszubessern und zu streichen usw. und alles gemacht, was zu machen war. Das Material war nicht leicht zu bekommen, aber mein Vater hatte durch seinen Arbeitgeber die „Vereinigten Papierwerke“ oft Möglichkeiten gehabt, Baumaterial in Richtung Kirchenbau umzuleiten. Selbst Möbelstücke wie Tische und viele Stühle, sind auch zur Gunderstraße 56 überführt worden. Die Mitglieder sind freiwillig zusammengekommen und bauten die Kirche auf. Als ich ein 6 oder 7 Jähriges Kind war, habe ich auch dabei mitgeholfen die Backsteine abzukratzen, und hinzutragen. So wurden in der Gunderstraße 56 die Versammlungen in diesem Gebäude von 1946 bis 1954 abgehalten.

Von Heroldsberg aus mussten wir 14 km weit zur Kirche gehen. 1945 und 1946 fuhr kein Zug, es fuhr gar nichts. Die einzige Möglichkeit in die Kirche zu kommen war, dass wir die 14 km hin- und zurück gelaufen sind. Oft hat mein Vater an manchen Sonntagmorgens früh um 6 Uhr uns aufgeweckt und gesagt: „Ich gehe jetzt in die Kirche, möchte jemand mit mir in die Kirche gehen“. Ich erinnere mich als Kind von 6 bis 8 Jahren, dass ich öfters mitgegangen bin. Wir sind nicht jeden Sonntag in die Versammlungen gekommen, aber ab und zu. Später haben wir die Gelegenheit gehabt, dass ein Zug früh um 6 Uhr von Heroldsberg nach Nürnberg fuhr und abends um 6 Uhr zurückfuhr. Da mussten wir uns den ganzen Tag in der Stadt aufhalten. Wir sind 1950 von Heroldsberg wieder nach Nürnberg zu einer ausgebauten Wohnung in die Mathildenstrasse 32 gezogen. Wir hatten eine große sieben Zimmer Wohnung im 2. Stock eines 4 stockigen Haus.

Eines was uns sehr viel geholfen hatte, war der Wohlfahrtsplan der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Nach Kriegsende konnte man sehr wenig bekommen in Bezug auf Nahrung und Kleidung. Viele Sendungen sind von den Mitgliedern in Amerika nach Deutschland ins Gemeindehaus Gunderstraße 56 abgeliefert worden. In dieser Zeit haben wir viele Kleidungsstücke und viel Kartons mit Dosen bekommen. Vor allem haben wir viel Grütze bekommen. All das war Lebensrettend. Natürlich haben sich in dieser Zeit viele Menschen taufen lassen, damit sie auch etwas bekamen. Als diese Hilfe langsam aufhörte, sind auch die Büchsen Mitglieder, (wie man diese Mitglieder genannt hatte) verschwunden,

Nach dem Kriegsende im Mai 1945 konnten die amerikanischen Soldaten ihre Familien von Amerika nach Deutschland bringen. Viele davon waren Mitglieder der Kirche gewesen. Sie haben sich auch in der Gunderstraße 56 versammelt. Dadurch haben wir sehr viel Kontakt mit den Amerikanischen Mitgliedern bekommen, was uns deutsche sehr viel geholfen hatte. Die Amerikaner haben unser Leben viel leichter gemacht. Einer meiner besten Weihnachtsfeiern war 1948 und 1949 von den Amerikanern organisiert worden. Alle Kinder haben sich beim Hauptbahnhof in Nürnberg versammelt. Dort wurden wir mit US Armee Lastwagen abgeholt und nach Fürth zur Kaserne gebracht. Ein weihnachtlich geschmückter Saal war für uns vorbereitet. Es gab ein wunderbares Essen mit viel Eiscream als Nachspeise (was wir gar nicht kannten). Der Santa Claus hat uns Kindern alle ein schönes Geschenk gemacht. Nach einer wunderbaren Feier sind wir dann wieder zum Hauptbahnhof in Nürnberg zurück gefahren worden. Von dort aus sind wir nach Hause gelaufen, oder wenn man Geld hatte, mit der Bahn gefahren.

Bis 1953 wurde das Gebäude in der Gunterstraße 56 für unsere Versammlungen benutzt. Als in Deutschland das Gesetz der Wiedergutmachung kam, mussten die Mitglieder das Gemeindehaus innerhalb einer Woche räumen, weil es einem Juden gehört hat und er es sofort zurück haben wollte. Die Kirche hatte keine Vergütung für den Ausbau des Gebäudes bekommen. In einer Woche mussten wir neue Räume finden und eine Wohnung für die sechs Missionaren, die im Gemeindehaus gewohnt hatten. Mein Vater, zusammen mit dem Gemeindepräsidenten Willy Eysser, haben versucht einen neuen Versammlungsraum zu finden. Mein Vater hatte durch seinen großen Glauben an Gott, Räume im Germanischen National Museum in Nürnberg gefunden. Vier von den sechs Missionaren sind in unserer Wohnung in der Mathildenstrasse 32 in zwei Zimmern untergebracht worden. Dort sind die letzten zwei Missionare in 1959 woanders hingezogen.

Ende 1954 hatte die Missionsleitung in Frankfurt bewilligt, das Nürnberg sein eigenes Gemeindehaus haben soll. Wieder hat sich Hans-Albert Frenzel eingesetzt. Er hat sich mit den Grundstücksvermittlern von seiner Firma auf den Weg gemacht, ein passendes Grundstück für die Nürnberger Gemeinde zu finden. Sie hatten zwei Grundstücke gefunden. Der Missionspräsident Kenneth B Dyer kam schnell nach Nürnberg, entschied sich für das Grundstück Kesslerplatz 8 in Nürnberg und unterzeichnete den Vertrag am gleichen Tag. Elder Spencer W. Kimball kam zum Spatenstich im Mai 1955. Einige Wochen danach wurde mit dem Bau des Gemeindehauses angefangen. Im Oktober 1956 wurde das Nürnberger Gemeindehaus eröffnet, was heute nach 50 Jahren noch besteht.

Ein großer Teil dieser Mitglieder sind nach Amerika ausgewandert. Und da war eine Zeit in den Vierziger und Fünfziger Jahren, dass viele Mitglieder von Nürnberg nach Salt Lake City auswanderten. Eine Zeitlang haben mehr Nürnberger Mitglieder in Salt Lake City gewohnt, als in Nürnberg. Es war zu der damaligen Zeit normal, dass ein oder zweimal im Monat eine Familie Abschied nahm und zum letzten Mal in der Abendmahlversammlung gesprochen haben. Als ich 18 Jahre alt war, hat Präsident David O. McKay gesagt, die Mitglieder sollen in ihrem Lande bleiben und dort die Kirche aufbauen und nicht nach Amerika auswandern. Ich hatte zu der Zeit schon meine Papiere zum Auswandern gehabt und bin 1958 alleine nach Amerika ausgewandert.

Ich bin in der Nürnberger Gemeinde während des Krieges und nach dem Krieg aufgewachsen. Mit neun Jahren bin ich in den Pegnitz Fluss getauft worden. Man hat gewartet bis mehrere Kinder alt genug waren und hat sie alle zur gleichen Zeit getauft. Der Fluss floss durch Nürnberg. Einige Kilometer vor der Stadt war ein guter Platz zum Taufen gewesen und dort wurden dann alle getauft. Seit meiner Jugend war ich immer aktive gewesen. Ich habe bei allem mitgemacht. In Nürnberg hatte ich in meiner Jugend das Evangelium gelernt, gelebt und die Gelegenheiten gehabt, in den verschiedenen Organisationen der Kirche zu wirken. In der Gemeinschaftlichen Fortbildungs- Vereinigung (Junge Männer und junge Mädchen) habe ich mit 16 Jahren schon in der Leitung gedient. In der Nürnberger Gemeinde hatten wir zu dieser Zeit über 300 Mitglieder gehabt.