Hamburg

Mormon Deutsch Harald FrickeIch heiße Harald Fricke und bin geboren 1926 in Hamburg. Meine Eltern sind 1901 in Hamburg geboren. Meine Mutter hieß Brunhilde Meyer und mein Vater war Henry Ernst Fricke. Meine Mutter wurde am.6 September 1910 getauft. Mein Vater wurde etwas später getauft. Meine Mutter selber starb mit 58 und war ebenso 48 Jahre Mitglied in der Kirche.

Meine Großmutter, Emilie Meyer, die wurde auch genau vor 99 Jahren getauft, auch in Hamburg. Mein Großvater wollte auswandern nach Amerika, er hat auch seinen Bruder; der war schon in Amerika in Alabama und sein Bruder sagte „komm mal rüber, guck das an, dass du auch nach Amerika kommst “. Aber mein Opa ist dann nach Amerika gegangen, für circa ½ Jahr, aber das war in der Gegend Alabama, waren sehr viel Afrikaner und auch sehr heiß und da hat er sich doch nicht so wohlgefühlt und dann hat sein Bruder die Tageskasse genommen. Er hatte so ein Laden und dann ist mein Großvater wieder nach Deutschland zurückgekommen und sind dann in Hamburg geblieben.

Die Gemeinde, wo wir die Versammlungen besucht haben, das war die Sankt George Gemeinde in St. Georg. Der letzte Gemeindepräsident war Bruder Arthur Zander. Also zu meiner Zeit, ich bin ja 1926 geboren, war’s, sodass die Versammlungen regelmäßig durchgeführt wurden. Also wir hatten die Sonntagsschule, wir hatten die Abendmahlsversammlung, haben die Priestertumsklasse. Montags hatten wir die Priestertumsklasse, Mittwoch war die FHV [Frauenshilfsvereinigung] und die Gemeinschaftliche Fortbildungsvereinigung, sonntags waren dann morgens die Sonntagsschule und abends die Abendmahlsversammlung. St. Georg war damals die größte Gemeinde in Deutschland, wir hatten 200 bis 250 Personen anwesend; es war eine sehr schöne Zeit.

Wie ich noch zurückdenken kann, das war 1937, kam zum ersten Mal ein Prophet nach Deutschland ein Prophet; das war Heber G. Grant, der kam nach Deutschland. Die Gemeinde war brechend voll und der Chor hat „Die Märtyrer“ gesungen; es war ein einmaliges Erlebnis überhaupt zum ersten Mal einen Propheten zu sehen. (Dann hatte ich das Glück, von Heber G. Grant bis zum heutigen Propheten alle Propheten persönlich gesehen zu haben, also das heißt in Amerika gesehen zu haben und das war eigentlich mein großes Erlebnis.)

Die Veranstaltungen wurden, also politisch gesehen ab 1933 ohne Probleme abgehalten. Das heißt, wir hatten im Grund genommen keinen Ärger. Also wir hatten die Versammlung besucht, da war auch einmal die Gestapo und die haben die Versammlung beobachtet, aber die Glaubensartikel sagen, wir sollen jeder Regierung untertänig sein, die über uns herrscht.

Aber nun war’s so zu dieser Zeit war ein Bruder Helmut Hübner und ein Bruder Wobbe und auch ein Bruder Schnibbe und damit bin ich aufgewachsen mit diesen Brüdern und die haben uns im Grunde genommen Schwierigkeiten gemacht in der Gemeinde. Der Bruder Hübner, ich kannte ihn sehr gut, weil er in meinem Alter war, er war ein Jahr älter. Er war Gemeindesekretär, er hat die Schreibmaschine genommen und hat die Flugblätter damit geschrieben und hat den englischen Sender abgehört und hat die Flugblätter in Telefonzellen und hier im Bieberhaus, wo er gearbeitet hat, vom Treppenhaus aus heruntergeworfen und die Leute konnten sie aufsammeln.

Es war nun eine traurige Begebenheit, weil er selber hingerichtet wurde in Berlin Plötzensee. Und die anderen Brüder Bruder Wobbe und Schnibbe, die hatten ja dann ungefähr zehn Jahre Gefängnis bekommen. Aber die wurden ja dann auch entlassen und sind nachher [in die Armee] eingezogen worden und sind dann wieder zurückgekommen. Aber die Schwierigkeit kam ja dann, weil das ja ein Mitglied der Kirche war, dass der Gemeindevorsteher, Bruder Zander, zwei Wochen bei der Gestapo war, und wurde verhört. das heißt also, wie ist so etwas möglich, ein Mitglied der Kirche. Und Bruder Zander selber kannte ich sehr gut, wir haben auch im Betrieb zusammengearbeitet und er hat sich sehr für die Gemeinde eingesetzt. Er wollte es nur machen, damit die Gemeinde praktisch politisch gesehen hier nicht verfolgt wurde, beziehungsweise, dass die Gemeinde hier weiter existieren konnte. Und er hat auch nachher eine Dummheit gemacht, wie man so sagt, Er hat vorne am Gemeindehaus angebracht „Juden ist der Zutritt verboten “. Und das war natürlich für uns nicht so gut als Kirche.

Aber das ist ja genauso, die Bürger in der DDR, die unter dem Kommunismus waren, sie mussten so einiges machen, was eigentlich nicht so übereinstimmt mit der Kirche. Also es ist ein zweischneidiges Schwert und es ist auch so, dass jeder nach seinem gewissen handeln muss, das ist auch richtig.

Da kam die ganze Kriegsgeschichte 1939, der Krieg, ich selber wurde mit 16 Jahren zum SS Wehrertüchtigungslager eingezogen, das war Zwang, das war nicht die SS, sondern, die Waffen SS hat uns ausgebildet, das war so körperliche Ertüchtigung, das war sechs Wochen; da bin ich wieder entlassen worden und anschließend kam ich zum Arbeitsdienst nach Polen, das war in Wartegau und haben dort eine vormilitärische Ausbildung und Arbeitsdienst gemacht, bin ich entlassen worden.

Dann kam 1943 diese großen Angriffe auf Hamburg, das hieß Gomorrah, wo wir selber, das heißt, mein Großvater und ich, haben im Gemeindehaus immer Luftschutzwache gemacht. Das heißt, die Gemeinde war ja unten im Parterre und über uns waren dann die Betriebe. Und jede Firma musste so und so viele Leute stellen, jeden Abend, wenn jetzt Brandbomben geworfen wurden, dass sie dann löschen sollten. Und wir waren dann auch alle drei Wochen dran und mussten Luftschutzwache machen, weil wir dicht am Gemeindehaus wohnten. Mein Großvater und ich haben immer die Luftschutzwache gemacht.

Und eines Tages, als diese großen Angriffe kamen, das war 1943, ist das Haus stehen geblieben, wo wir die Versammlungen hatten, da sagte ich zu meinen Großvater, nun wollen wir sehen, ich geh mal heim ,um zu sehen, was unser Haus macht . Und als ich dann dort ankam, war das Haus nicht mehr da, es war niedergebrannt. Na ja gut, da hatte ich nur das an, was ich auf dem Leib habe, alles andere war ja alles verbrannt.

Einen Tag später, haben wir ein Zimmer bekommen in der Olgastrasse in Rotenburgsort, und wir sind eben noch nicht mal eingeschlafen, da kam wieder ein Großangriff auch das Haus ist abgebrannt, denn diese Straße war ja so eng, die ging so längs und es wurden ja so Phosphorbomben geworfen und das spritzte ja immer auseinander. Wir hatten das Glück, dass wir am Anfang auf der Straße waren, und wir konnten zum Luftschutzbunker rüber laufen. Es war gar nicht so ungefährlich, weil die Flak ja auch geschossen hat und es sind also Granatsplitter, die glühend heiß waren und wenn die runterkamen, die Dinger, das war nicht gerade angenehm. Na, ja, aber wir hatten Glück, dass wir am Anfang auf der Straße waren, denn die anderen Menschen, die in der Mitte der Straße waren, haben keinen Fluchtweg gehabt. Und diese Angriffe, das waren die schwersten Angriffe, die in Deutschland waren, da sind immerhin 40.000 Menschen verbrannt oder gestorben bei diesen ganzen Angriffen.

Wir selber wurden ja evakuiert nach Pommern oder wir kamen nach Westpreußen, in Marienwerder und dort haben wir uns erholt. Mein Vater war in der Bahnhofskommandantur in Neustettin und der hat gesagt, ja, ihr müsst dahin. Da wurde alles gesammelt. Da war ich dann drei oder vier Wochen. Bin nach Hamburg zurückgegangen und da wurde ich auch eingezogen, das heißt, da war ich 17 Jahre alt, wurde ich eingezogen zur Panzerjägerabteilung. In Hamburg-Harburg war die Ausbildung und von da aus bin ich nach Russland gekommen, Richtung Leningrad.

Ich kam nach Leningrad, da war praktisch der Rückzug. Und dann waren wir von September bis nächsten Mai eingeschlossen, also eingekesselt. Und der Russe war schon in Berlin aber wir waren immer noch eingekesselt. Das heißt, wir hatten dazumal so fünf Verteidigungslinien gemacht kam die erste mal ran, dann haben wir die nächste wieder aufgemacht. Da haben wir Abwehrschlachten gemacht, ich war in der Heeresgruppeabteilung, das heißt, wo immer ein Durchbruch war, oder wo irgendetwas los war, da mussten wir hin. Da habe ich noch eine Verwundung hier oben, hab ich einen Stecksplitter in der Kieferhöhle, der Splitter ist immer noch drinnen, die Seite ist taub. Dafür habe ich das Eiserne Kreuz bekommen.

Und weil der Russe gesagt hat, da kommen wir nicht gegen an. Sagten wir, das kriegen wir schon vor Ende, das heißt, wenn Frieden ist. Dann hatte ich eine Auszeichnung bekommen, EK, das Eiserne Kreuz ja, und nachher haben wir das eingetauscht in Russland und dafür haben wir Brot bekommen.

Und so ist es gewesen, dann war ich nachher in russischer Gefangenschaft. Wir waren ja normalerweise keine Gefangenen, sondern der Krieg war ja aus, wir waren praktisch Internierte, das heißt, weil wir ja nicht gefangen genommen wurden. Trotz alle dem, ich bin dann runtergekommen, mit etlichen Kameraden nach Stalingrad. Ich weiß nicht ob sie was gehört haben von Stalingrad. Die ganze Stadt ist ja ein Trümmerfeld gewesen und dort in Stalingrad mussten wir dann den Wiederaufbau machen. Das heißt Steine klopfen, Mörtel fahren, usw.

Da waren im Gefangenenlager circa 2000 Leute. Das muss man sich so vorstellen, da war nichts Sanitäres oder so etwas. Wir waren immer noch Kriegsgefangene, wir mussten im Lager schlafen. Wir lagen ja praktisch auf dem Fußboden wir hatten ja nichts gehabt. Dann ist ja so, wer in die Gefangenschaft kam, dem wurden sämtliche Haare vom Körper entfernt wurden, alles wurde abrasiert. Das haben die deshalb gemacht, da gab’s diese Sackläuse und Läuse, um dies zu vermeiden, haben selbst die Russen, die russischen Soldaten, um dies zu vermeiden alle Haare abrasiert.

Ich hatte dann Glück und bin dann zurückgekommen nach Kamaschin, südlich von Moskau, das war eine Glasfabrik ,da hatte ich so abends um 18 Uhr, bis andern Morgen um 8 Uhr musste ich arbeiten und die Einenachtgläser raus nehmen aus dem Ofen, und das ging dann auch ganz gut. Da mussten wir, weil wir ja nicht viel zu essen hatten, und die Aufseher, das heißt die russischen Soldaten, die auf uns aufgepasst hatten, die auch nicht viel zu essen hatten. Dann hieß es schon so, „Kamerad davai“, da waren Scheunen, da lagen so viel Kürbisse, da mussten wir klauen gehen, auch für die Aufseher und dann haben wir die Kürbisse zum Ofen gelegt und das konnten wir da backen und dann haben wir was zu essen gehabt.

Dann war ich eine Zeit draußen und da ist mein Zeh abgefroren oder halb abgefroren, durch Frost. Dann kam ich ins Hospital oder Lazarett, das war ein Raum so mit 180 Leute dort drinnen und da mussten jeden Morgen dann so 10 bis 15 Tote rausgetragen werden.

Und Bundeskanzler Adenauer der war nachher in Moskau und der hat den die Verhandlungen geführt damit die letzten Kriegsgefangenen auch noch heimkamen und der wollte, das war noch Stalin. Er, der wollte das nicht und die haben ziemlich harte Verhandlungen geführt. Adenauer, der wollte schon abfahren, weil er keine Einigung und das wollte der Russe auch nicht und auf Grund dessen, sind die letzten Kriegsgefangenen 1949/50 zurückgekommen. Das waren die Spätheimkehrer.

Ich hatte insofern ein Glück. Meine Mutter, die hat immer gebetet, dass ich in guten Händen bin, dass ich wieder zurückkomme. Meine Eltern wussten ja nicht Bescheid, die dachten ich bin tot. Sie haben ja keinen Brief bekommen, wir konnten nichts schreiben, gar nichts. Und die haben lange nichts gehört, ob ich überhaupt lebte. Und die Gebete wurden irgendwie erhört. Ich hatte eine Ärztin dort, das war eine Wolgadeutsche, von der hatte ich immer Vitaminspritzen bekommen. Und das war meine im Grunde genommen meine Überlebenschance. Dann hatte ich einmal die Gelegenheit, das waren auch Ärzte da, und ich war so Kalfakter, das heißt, ich musste die Bude sauber machen und dadurch hab ich wieder mehr zu essen bekommen.

Ja und dann ist das so gewesen, dass alle viertel Jahr von Moskau eine Kommission kam, da mussten die ganzen Gefangenen längs marschieren, nackend. Und da machte sie so, „dawai, poschli damoi“, nach Hause. Ich hatte ja nur noch 75 Pfund gewogen. Nur noch Haut und Knochen. Und dann, wie gesagt hier, bin ich heimgefahren. Und dann, wie’s so ist, meine Schwester ist nach draußen gefahren, um Pilze zu sammeln, und ich hab den gleichen Zug genommen nach Hamburg – Wilhelmsburg rein, ich hab natürlich meine Schwester nicht gesehen. Ja auf jeden Fall ich bin so nach einer Stunde, auch körperlich gesehen, war ich ziemlich kaputt und da kam ich unten an und da wohnte noch ein Bruder Witt. Ich wusste ja nicht, ob meine Eltern noch oben wohnten oder was los ist, mein Bruder war ja auch Soldat und mein Vater, ob die noch lebten und da sagt er, komm erst mal rein. Und wir haben erzählt und erzählt und meine Eltern wohnten eine Etage höher.

Und dann sagt er „willst du raufgehen “. Sagt er „ich, geh, ich geh erst mal rauf, damit die nicht ein Schreck bekommen “. Und dann ist Hugo raufgegangen und mein Vater ist dann runtergekommen. Da war natürlich die Freude groß. Aber meine Mutter hat immer gesagt, bevor ich kam. Ich hab so ein komisches Gefühl, irgendwie stimmt was nicht, Harald muss doch irgendwie kommen, Und mein Vater und Meine Geschwister, was Du nicht wieder hast. Aber meine Mutter hat viel gebetet, war immer sehr glaubensvoll, und ich glaub das war schon Inspiration, dass sie so im Gefühl hatte. Denn wie ich in Erfurt Durchgangslager ankam, da hab ich auch nicht geschrieben, denn ich wusste ja nicht ob ich lebend dort ankam und da wollt ich vermeiden, dass ich unterwegs noch tot bin. Dann ist aber alles gut gegangen und ich bin heimgekommen. Na ja, das war so ungefähr die Geschichte in Stichworten.

In russischer Gefangenschaft war ich eineinhalb Jahre. Aufgrund der Unterernährung und dass ich nicht mehr arbeiten konnte, haben die Russen gesagt, hau ab, also weg damit. Und dann sind wir vier Wochen in Viehwaggon durch Russland gefahren und da sind ja auch im Viehwaggon etliche gestorben und so weiter, und dann sind wir trotzdem angekommen.

Und das Eigenartige war, ich war ja immer in der Kirche tätig. Ich hatte einen Traum, und das war die Zeit noch, 1941, 42 und da ging’s ja noch vorwärts, Norwegen wurde besetzt und Frankreich und so weiter und ich hatte einen Traum, dass englische Soldaten die Elbbrücke bewacht haben und die ging immer auf und runter. Und da dachte ich, was ist das denn. Da hab ich dann ungefähr gedacht, Na, das wird schon so sein, dass die Amerikaner, beziehungsweise die Engländer irgendwie hier was vorhatten, oder dass wir verlieren und dass sie herkommen. Aber ich durfte diesen Traum ja keinen erzählen, sonst wäre ich ja auch, für verrückt erklärt worden oder ich wäre sonst wo gelandet. Aber das hab ich immer im Gedächtnis behalten, Und nachher war’s Tatsache, wie ich noch in Kurland war, habe ich an den Traum gedacht. Die Engländer haben zuerst Hamburg besetzt. Und dieser Traum ist im Grunde genommen dann auch in Erfüllung gegangen. Das war wirklich für mich auch ein Zeugnis.

Meine Mutter und meine Schwester haben die Angriffe 1943 gut überstanden. Die sind wirklich gesegnet worden. In Wilhelmsburg ist ja ein riesiger Betonklotz und Betonbunker, vielleicht haben Sie den auch gesehen, da passen ja immer, wenn die Luftangriffe waren, oben waren Vierlings Flakgeschütze und unten im Bunker waren die Menschen. Da passen ungefähr 20.000 Leute hinein. Die haben Lazarett unten gehabt und eigene Wasserversorgung und die Betonmauern, die waren ja ungefähr so dick. Und die sind dann dort immer hingelaufen. Die hatten schon einen Platz, wo sie immer gesessen hatten.

Ich kam von Russland zurück. Die Kirche wurde ja in Hamburg schön aufgebaut, das heißt hier war Bruder Benson glaub ich war der, der die ersten Carepakete und Lebensmittel nach Deutschland brachte und das habe ich noch nicht erlebt und mein Bruder und meine Mutter waren da und sie haben das erzählt. Da haben sie Lebensmittel bekommen und Kleidung bekommen und alles, was so ist, das wurde hier im Bunker eingelagert und auch zum Teil in der Rotenburgsort Kleinwesterstraβe. Und dann mussten die Mitglieder das Zeug immer bewachen, weil die sonst eingebrochen hätten, da wurde ja viel geklaut.

Das war eine ganz schöne Zeit, wo ganz schön geholfen wurde. Und da waren dann auch die Massentaufen. Denn viele ließen sich taufen, weil sie hier nur – Dosenmormonen sagten wir – waren. Ich weiß noch, als ich von Russland zurückkam, da war ich ja ziemlich abgehärtet, ich weiß noch genau in Olsdorf, einer Badeanstalt, wo 80 Leute getauft wurden. Das war aber draußen, im Winter schon und jeder musste dann so zehn oder acht Leute taufen. Ich weiß noch, ich hatte auch die Gelegenheit und konnte hier so sieben oder acht Leute taufen. Andere haben zwei Leute getauft und sind dann vor Kälte erstarrt und konnten nicht mehr. Ich hab gesagt, ich kann noch weiter. Weil es so kalt war, konnte ich dann noch weiter taufen. Ich hab das dann gut geschafft. Aber leider von diesen 80 Taufen, sind nicht viel geblieben.

Das Tragische war hier, dass praktisch in Hamburg die Zeit kam. wo viele gute Mitglieder ausgewandert sind. Ich weiß noch ganz genau, wir waren zuerst in der Gemeinde Reinbek mit Walter Menssen, da wurde die Gemeinde gegründet, und wir wohnten in Wilhelmsburg und da hat Bruder Menssen gesagt, Mensch Harald, ich brauch noch einen guten Ratgeber in der Zweigpräsidentschaft und eine GFV Leiter, bist Du so gut und kommst mit. Ich sagte selbstverständlich mach ich.

Da musste ich, weil ja 1946/47 waren die Verbindungen noch nicht so, da musste ich von Wilhelmsburg, zum Teil, zu Fuß noch laufen, um dort zur Versammlung zu kommen. Beziehungsweise ich hab auch Heimlehrbezirke, gehabt in Friedrichsruh, da konnte ich eine Familie besuchen und dann bin ich oftmals zu Fuß von Rotenburgsort nach Wilhelmsburg gegangen, weil keine Bahn mehr fuhr. Solche Sachen, da denkt man gar nicht dran, aber ich möchte eins sagen. Den Zusammenhalt, den die Mitglieder während dieser schweren Zeit gemacht haben, das heißt diese brüderliche Hilfe, das war einmalig. Ich weiß, meine Schwester, die ist von Wilhelmsburg zur Kleinwesterstraße, dort war früher eine Freimaurerloge, dort haben wir die Versammlungen besucht, die ist dann zu Fuß durch den Hafen gelaufen, wenn Fliegeralarm kam, ist sie in den Keller gelaufen und dann ist sie wieder weitergegangen. Das würde heute keiner mehr machen, unvorstellbar. Aber das waren die Zeiten, wo noch oftmals wo die Mitglieder zusammengeschweißt, wenn hier Not und Elend waren. Und da gab es noch die Löffelspende. Und wenn man nur ein Löffel Reis gegeben hat für die, die nichts hatten, haben wir getan. Ich weiß noch meine Mutter war so abgemagert gewesen, die hat beinah nichts gegessen, nur dass die Kinder mehr Essen haben. Weil wir ja auch arbeiten gehen mussten.

Ja nachher ging es in Hamburg bergauf. Die Versammlungen wurden nachher zum Teil zu Hause durchgeführt, weil noch keine Räumlichkeiten da waren und dann, ging es nachher in Altona, das war die Gemeinde, wo die alle hinkamen und dann ist es so gewesen, dass hier praktisch die Gemeinden gegründet wurden, das heißt die Hamburger Gemeinde, dann kam die Wilhelmsburger Gemeinde, dann kam die Eppendorfer Gemeinde, dann kamen auch andere Gemeinden. Aber dann ging es los, 1948/49, die Auswanderung. Also die ganzen Gemeinden, ob das Wilhelmsburg war, ob das Altona war, ob das Hamburg war, die ganzen Führungsbeamten, das heißt die ganzen Zweigpräsidenten und Ratgeber, die FHV-Leitung und alle sind ausgewandert. Das war eine schlimme Zeit, das war die Auswanderzeit. Und ich weiß noch hier. Ich hatte selbst einen Bürgen in Amerika, mein Schwager, der ist ja schon 50 Jahre in St. Georg unten, der hat gesagt, Harald komm. Ich bin nicht rübergegangen.

Und da kam David O McKay, ich glaub, das war 1951, wenn ich das so entsinnen kann, der hat dann gesagt, das war hier in Holstenwall im Gewerbehaus, der hat gesagt, „Geschwister bleiben sie hier in Deutschland, in Amerika haben wir genug Leute, die praktisch die Gemeinden aufbauen. Sie werden hier in Deutschland benötigt “. Ich sagte zu meiner Frau, Ilse sagte ich, wir bleiben hier in Hamburg, hier haben wir was zu tun und wir werden auch hier zurechtkommen. Und meine Frau sagte, okay, wir bleiben jetzt hier.

Und da hab ich jetzt hingeschrieben, Fritz wir bleiben jetzt hier. Und da sind wir hier in Hamburg geblieben. Und ich bin ganz froh gewesen; denn ich hab meine gute Arbeit gehabt. und es ist so gewesen in der Kirche gab es viel zu tun.

Und dann kam ich in die Sonntagsschule in Wilhelmsburg, dann war ich Gemeindevorsteher fünf Jahre, dann war ich in der Distriktspräsidentschaft mit Bruder Torke, na ja und dann ist es so gewesen 1961 kam Elder Henry D. Moyle und Elder N. Eldon Tanner. Da wurde der Pfahl gegründet in Hamburg. Dann war es so, dass mindestens vier oder fünf Bischofgemeinden im Pfahl sein mussten und nun war ich in Wilhelmsburg und wurde als Bischof eingesetzt. Wilhelmsburg hat dann noch die Harburger Zweiggemeinde bekommen, die Stader Gemeinde und die Lüneburger Gemeinde und da musste ich als Bischof jeden Sonntag unterwegs sein und hab meine Gemeinden immer besucht, und abends war ich dann immer in Wilhelmsburg, weil wir abends Versammlung hatten.

Ja und zurück, da wurde ich wie gesagt als Bischof eingesetzt. Und nachher kam die Sturmflut in Wilhelmsburg. Bruder Tanner, wir hatten schon den Grundstein gelegt, das Gemeindehaus war schon, die Betondecke war schon gelegt und am 17. Februar 1962 kam die Sturmflut. Ich lag noch im Bett und auf einmal war mein Po nass und das Wasser war schon so hoch, ich habe gedacht, die Wasserleitung ist geplatzt. Und wie ich aus dem Bett spring, hab ich unsere Tochter Gabriele aus dem Bett geholt, das war noch ein bißl höher und zur Nachbarin gebracht.

Na gut, auf jeden Fall war’s so, die Sturmflut war da und da war natürlich das Problem ging mit mir. Wir hatten Glück, Wilhelmsburg lag am höchsten, das Wasser ist dann zurückgegangen. Und wies dann so ist muss man nicht nur für die Familie, sondern auch für die Gemeinde, sorgen. Meine Frau hat manchmal geweint, wir sind in Schlamm und Dreck und du bist immer unterwegs. Aber auf jeden Fall war alles gut gelaufen. Das Gemeindehaus wurde dann gebaut und es war alles schön.

Wir hatten dann das Glück, wie wir Pfahl wurden, dass dazumal die Bischöfe nach Amerika fliegen konnten. Es war eine Zeit, wo jedes Jahr zwei Bischöfe nach Amerika fliegen konnten. Und ich war 10 Jahre, also 15 Jahre war ich Bischof und Gemeindevorsteher. Und die ersten Jahre sind wir immer nach Amerika gefahren. Und wurden auch gut empfangen. Und da war ein Bruder, der gute Beziehung zur Verwaltung gehabt und wir hatten Gelegenheit, wir konnten mit David O. McKay ein Einzelinterview führen. Das heißt jeder Bischof konnte mit dem Präsidenten sprechen. Und das war ein einmaliges Erlebnis und wenn ich bedenke, David O. McKay war damals schon 95 und da sagte ein Bruder, wir hätten doch noch gerne ein Bild, eine Fotografie. Dann ist Präsident McKay durch den Flur vom Church Office gelaufen und wir haben ein Bild gemacht. Das war wirklich etwas Schönes.

Und die ganzen Jahre waren wirklich einmalig, die Generalkonferenzen. Das Drollige war dabei, wenn die erste Konferenzversammlung um 12 zu Ende war, da war anschließend auf dem Tempelplatz die Assembly Hall [Versammlungshalle], da war die Deutsche Versammlung. Da haben sich die Deutschen noch getroffen. Und da war Präsident Monson und, er war schon immer deutsch angehaucht, positiv gemeint. Wenn wir sagten Bruder Monson, Sie müssen noch zu den Deutschen rüber kommen. Und wenn er konnte, ist er noch zu den Deutschen rüber gekommen. Und was ich an Bruder Monson immer so schätze und liebe, selbst als Bischof, er war ja auch ganz jung, was er für die eigenen Geschwister getan hat.

Und wie gesagt, es wurde Zeit, dass ich abgesetzt wurde, als Bischof, 15 Jahre ist eine lange Zeit, als Gemeindevorsteher und Bischof, 22 Jahre bin ich Hoher Rat, gewesen und dann die Hauptaufgabe die ich hatte, Beauftragter für die Grundstücke.

Noch heute mach ich die Arbeit sehr gerne. Das heißt, wie ich 75 wurde, bin ich zum Pfahlpräsidenten gegangen. Wissen Sie ich bin jetzt 75, es wird Zeit, dass Jüngere diese Aufgabe übernehmen“, sagte ich zu Bruder Warnke, er sagte, „ne, ne, machen Sie weiter. Wissen sie, nur eine ganz kleine Begebenheit, was ich so schön fände, ich mach immer noch die Reinigungsarbeiten und Malerarbeiten. Und das war eine nette Begebenheit, da kam Bruder Perry, unser Apostel und der Missionspräsidenten kommen, da sage ich nee, da geh ich nicht hin, in den Malerzeug usw. Ich hatte grad den Hohenratsraum gestrichen usw. Und da kam Bruder Perry an und hat sich bedankt für die Arbeit. Und er sagt, Sie sind ja auch schon 80 und so, und es war ungefähr 1½ Jahre her. Ich sag, wieso 80 und Sie, Sie sind auch 80, 82 und Sie sind auch noch nicht in der Rente sie arbeiten auch noch tüchtig. Und da hat er so gelacht.

Ich will sagen die Apostel und Propheten, das sind besondere Männer, wenn wir nur ein bisschen mehr Liebe auch so hätten, wie diese Brüder. So, Bruder Ezra Taft Benson kenn ich auch persönlich. Er hatte hier in Wilhelmsburg die Einweihung gemacht. Das sind so kleine Erlebnisse.