Weimar Thüringen
Mein Name ist Rosa Gertrud Gützlaff geborene Schindler. Meine Eltern sind Karl Schindler und Anna Spiegler. Ich bin geboren am 8.Mai.1926 in Weimar. Meine Eltern sind aus Weimar. Wir waren fünf Kinder zu Hause, zwei Buben und drei Mädle, ich bin die Vierte. Nach mir kam noch mein Bruder. Wir haben eine sehr schöne Kindheit gehabt. Unsere Eltern haben alles für uns getan, ihre Kinder waren das Wichtigste.
Wir sind 1937 zur Kirche gekommen durch Missionare Bruder Drexel und Bruder Feefield waren Missionare bei uns. Wir sind 1927 von Weimar nach Nordhausen gezogen, mein Vater musste beruflich da hin. Da waren die Missionare bei uns, sie haben an die Tür geklopft und dann sind wir zur Kirche gekommen. Die Freunde meiner Eltern, die Bekannten, die wir hatten, die kamen alle zu uns. Wir haben sehr viele Heimversammlungen gemacht. So haben wir angefangen eine Gemeinde in Nordhausen aufzubauen. Wir waren ungefähr zwanzig Mitglieder.
Der Bruder Drexel war ein älterer Missionar und hat seine Mission in Nordhausen fertig gemacht. Er wollte nach Berlin zu seinen Bruder, ihn zu besuchen und sich zu verabschieden, bevor er nach Amerika flog. Auf der Fahrt im Zug nach Berlin hatte er einen Blinddarmdurchbruch bekommen und ist gestorben. Dann mussten sie ihn im Sarg nach Salt Lake überführen. Das war tragisch für uns alle, weil, irgendwie ist man mit den Missionaren zusammen gewachsen. Dann kamen Bruder Gerald und Bruder Glück, die nächsten Missionare. Bruder Gerald hat uns getauft, meinen Vater, meine Mutter meinen jüngsten Bruder und mich. Meine anderen Geschwister waren schon so groß, die waren schon über vierzehn, so dass mein Vater gesagt hat, die müssen selber entscheiden. Durch den Krieg ist man nicht mehr dazu gekommen.
Mein Bruder musste in den Krieg. Der Krieg hat vieles anders gemacht. Mein Bruder war in Jugoslawien und da ist er vermisst. Mein Vater war auch eingezogen, als der Krieg begann, das war in Schlesien. Die Deutschen haben den Krieg angefangen in Polen. Mein Vater ist zurückgekommen, er ist aber 1946 gestorben – ein Jahr nach dem Krieg. Er hat sich so gegrämt über meinen Bruder, weil der vermisst ist. Der ist krank geworden, er konnte das nicht überwinden. Er war acht Tage gelegen, hatte Lungenentzündung und ist gestorben. Er war körperlich am Ende. Sie hatten nichts zu essen, es war schwer. Meine Mutter war mit vier Kindern allein. Meine große Schwester hat 1942 geheiratet und Bernhard war vermisst und meine andere Schwester hat 1944 geheiratet. Wie der Krieg anfing war ich zwölf und während des Krieges habe ich meine Lehre als kaufmännischer Lehrling angefangen, habe drei Jahre gelernt.
Mein Bruder hat Schaufensterdekorateur gelernt in einem großen Betrieb, wo ich im Verkauf war. Am Ende 1944 ist der kleine Bruder auch noch Soldat geworden, er war siebzehn Jahre, der ist oben gelegen und wie der Krieg zu Ende war, war alles durcheinander und er ist Heim gelaufen. Er hat in seinem Pass aus der sieben eine neun gemacht. Wenn er kontrolliert wurde, haben die gesagt, der ist ja erst fünfzehn Jahre, den können wir laufen lassen und er ist heimgekommen.
Wie der Krieg zu Ende war, sind die Amerikaner zuerst zu uns herein gekommen. Wir hatten zu Hause auch so ein Esszimmer, wo meine Mutter die Bilder vom Salt Lake Tempel hängen hatte, die Bilder vom Propheten. Da kamen die Amerikaner und traten herein, wir müssen hinaus. Wir sind zu Bekannten gezogen. Da hat der amerikanische Soldat gesagt „You Mormon?“ „Ja“. „Du brauchst keine Angst zu haben, wir machen nichts kaputt bei Euch. Wir geben Obacht, dass alles so bleibt.“ Wie wir nach fünf, sechs Wochen wieder in die Wohnung konnten, da haben die uns so viele Lebensmittel da gelassen. Dreckig war alles ganz schlimm, aber sie haben nichts kaputt gemacht und haben auch von uns nichts genommen. Sie haben einen Haufen Lebensmitteln da gelassen.
Wir sind 1938 nach Gotha, nach Thüringen gezogen, weil mein Vater dort eine Anstellung kriegte. Mein Vater war von Hitler verfolgt, er war Sozialdemokrat. Er hatte einen ganz guten Posten. Er war technischer Leiter von vier Kinos. Da war aber einer da, der wollte gerne seinen Poste haben und der hat meinen Vater angeschwärzt und hat gesagt, mein Vater würde Sozialdemokrat sein. Dann hat er seine Arbeit verloren. Er hat einen Prozess gewonnen, doch er ist nicht wieder dahin gegangen. Dann sind wir nach Gotha gezogen, Anfang Februar und im Herbst war mein Vater schon Soldat und musste an die Front.
Die amerikanische Soldaten, die habe uns tüchtig geholfen. Wir haben auch von der Kirche Spenden bekommen. Meine Mutter war FHV Leiterin. Wir bekamen Weizen, Kleider, Mäntel an die Mitglieder verteilt. Alle Menschen waren dankbar. Da waren auch Menschen, die sich der Kirche angeschlossen haben. Nach einer Weile waren sie wieder weg. Es waren harte Zeiten, der Hunger war groß.
Ich bin 1950 auf Mission berufen worden. Zuerst nach Köthen, das war mein erstes Arbeitsfeld. Ich habe mit der Inge Mutig zusammen gearbeitet, die ist jetzt in Salt Lake City, ihr Mann lst auch gestorben. Dann bin ich nach Leipzig gekommen, dann war ich in Chemnitz und Zwickau, wo der Bruder Uchtdorf her ist Zweieinhalb Jahre war ich auf Mission. Wir sind so lange auf Mission geblieben, so lange wie wir gebraucht wurden. Walter Stover war Missionspräsident damals. Und Walter Kindt war Distriktspräsident in Leipzig, der wohnt jetzt in Amerika in Milwaukee, aber sein Bruder lebt immer noch in Hamburg. Walter ist schon einige Zeit in Amerika, aber der ist gut, sehr gut.
Wir waren dankbar, dass wir in Köthen waren und mit den Elders zusammen haben arbeiten können. gearbeitet. Wir durften ja nicht missionieren. Wir konnten bloß auf Empfehlung zu Freunden gehen, das war während der Russenzeit verboten. Wir haben die Gemeinden unterstützt und die Gemeinden mit aufgebaut. Die Mitglieder kamen ja alle aus der Gefangenschaft. Eine Schwester Buttchreit, die da war.
Ich bin entlassen worden von Mission und wir hatten eine Missionsversammlung, wie Bruder Stover da war. Da war ein älterer Bruder Lenk auf Mission, der war in Hannover und der durfte noch nach Berlin hinein, die besten durften noch nach Berlin hinein. Da haben wir Missionarsversammlung gehabt und Bruder Lenk hat mich gefragt, ob ich gerne nach Amerika möchte? Ja, ich würde gehen, wenn ich einen Bürgen hätte. Und da hat mir Bruder Lenk einen Bürgen verschafft. Ein Freund, Bruder Lippelt, der hat mir das Geld für die Überfahrt geschickt und ich habe dann ganz schnell das Geld zurückbezahlt.
Die Schiffe waren von Mormonen belegt. 1954 sind wir hinüber. In Salt Lake Arbeit suchen war damals ganz schwer. Dann habe ich zuerst im Welfare-Store gearbeitet. Für acht Dollar die Woche. Das war mir egal. Da kriegten wir in der Stunde vierzig Cent, das waren in der Woche sechzehn Dollar. Für die Hälfte mussten wir Lebensmittel nehmen und acht Dollar haben wir ausgezahlt gekriegt. Es war besser wie zu Hause zu sitzen und gar nichts zu tun. Dann habe ich im Dell Hause gearbeitet, einer Gaststätte, dann bei Kilys Cafe in der Main Street, da habe ich gearbeitet bis zwölf halb eins Mittag, dann bin ich ins Dell Hause, da habe ich gearbeitet bis abends um zehn. Dann habe ich gearbeitet für Brighten Fish-Geschäft.
Mein Mann war fünf Jahre auf Mission: sie sind so lange geblieben, wie sie gebraucht wurden In Leipzig habe ich ihn erstmal kennengelernt. Er heißt Erich Gützlaff. Dann habe ich ihn richtig kennengelernt und wir haben uns zusammen getan. Wir hatten Bekannte, eine deutsche Familie, die wir kannten von Deutschland Die haben uns geschrieben, weil es in Salt Lake keine richtige Arbeit gab sollten wir nach Rochester in New York fahren. Da habe ich in der Fleischfabrik gearbeitet und mein Mann auch. Da haben wir gutes Geld verdient, wo wir Überstunden machen konnten. Da mussten wir viel arbeiten, da hatte ich meine Schulden schon bezahlt. Ich hatte immer Heimweh, ich wollte immer nach Hause. Ich habe immer gesagt, ich muss heim. Aber mein Mann sagte: „Warte, sparen wir noch ein bisschen Geld.“
Mein Bruder war selbständiger Schaufensterdekorateur. Der hat bei einer älteren Frau die Schaufenster dekoriert. Die ältere Dame wollte ihr Geschäft verkaufen. Und meine Mutter hat geschrieben, wenn du heim kommst, kannst du das Geschäft von Frau Kopp übernehmen, die verkauft euch das. Man muss natürlich Geld haben. Damals kriegte man für einen Dollar vier Mark zwanzig, das war ein ganz schönes Geld. Dann hat mein Mann gesagt, er würde auch mit heimfahren. Ehe wir heimgefahren sind, haben wir geheiratet und sind dann nach Deutschland und haben das Geschäft gekauft. Wir haben hier in Bayreuth gewohnt. Wir sind nach Bayreuth gegangen, weil meine Mutter hier eine Schwester hatte, die war hier verheiratet und hatte hier eine Gärtnerei, auch ihr Mann ist nicht vom Krieg zurückgekommen. Dann sind wir nach Bayreuth hierher und das Geschäft, das wir übernommen hatten, das war im Zentrum der Stadt, das Geschäft ging sehr, sehr gut.
Ich habe einen Sohn. Joachim lebt hier in Bayreuth, er war in Irland auf Mission. Er hat keine Kinder. Mein Mann ist 1986 an Herzinfarkt verstorben, das ging ganz schnell. In einer halben Stunde war alles vorbei.1987 habe ich das Geschäft aufgegeben. Wir haben es fast dreißig Jahre gehabt. Joachim wollte es nicht. Er ist in Computer selbständig. Er macht Software, da verdient er auch recht gut. So ging das dann.
Das wollte ich noch erzählen von Schwester Buttchreit. Erika Fassmann, die war bei uns. Wir waren in der FHV beim Thema, geht die Türe auf und eine Frau kommt herein, die hatte einen Sack und hatte Holzpantinen an den Füßen und hat sich hinten auf den letzten Platz gesetzt. Wir haben die stunde vergehen lassen und wie wir uns umgeschaut haben war die Frau weg. Erika und ich wir sind gleich hinterher gelaufen und haben sie gesucht und haben sie auch noch erwischt. Wir haben sie gefragt, woher sie kommt? Sie erzählte, dass sie am Tag zuvor aus russischer Gefangenschaft gekommen ist. Das war 1947. Sie wohnt bei einem fremden Mann auf dem Sofa. Dann sagte sie uns, wo sie wohnte und ich holte sie am kommenden Tag ab, denn sie konnte bei uns wohnen. Ich war mit meiner Mutter alleine. Mein Bruder war schon im Westen, da haben wir Schwester Buttchreit aufgenommen. Die Missionare haben auch bei uns gewohnt damals. Schwester Buttchreit war schon älter, sie hatte zwei Mädchen aber die sind auf der Flucht aus russischer Gefangenschaft verhungert. Sie hatte beide im Straßengraben liegenlassen müssen. Ihr Mann war gefallen. Das war eine wunderbare Schwester. Die hat bei uns gewohnt, bis wir alle vom Osten weg sind.
Als wir wieder zu Hause waren hatte sich meine Mutter gefreut. Nach dem Tod meines Mannes habe ich in der Kirche meine Arbeit gemacht, im Haus, in meinem Garten. Drei Jahre nach dem Tod des Mannes. Bruder Meissner, der war Missionspräsident hier. Der kam zu mir, erkannte meinen Mann sehr gut, die sind ja immer zusammen gewesen. Mein Mann war hier Gemeindepräsident. Und fragte mich, ob ich auf Mission gehen wollte. Ich weiß mit Bestimmtheit, dass das Evangelium die Wahrheit ist, das kann ich aus ganzem Herzen sagen .Dass Joseph Smith der Prophet Gottes ist und dass die Kirche auch jetzt vom Prophet geleitet wird du dass die Heiligen Schriften das Wort Gottes sind. Das ist ganz ohne Zweifel und dass Jesus Christus unser Erlöser ist, das gibt es keinen Zweifel darüber. Das Evangelium ist die Wahrheit.