Breslau, Schlesien
Ich heiße Georg Maximilian Josef Hiemer und bin am 16.07.1925 in Breslau, Schlesien, geboren. Mein Vater heißt Max Oskar Paul Hiemer und meine Mutter Maria Antonia Kremser. Meine Jugend war schön. Als meine Mutter dauerhaft krank wurde, mussten meine ältere Schwester und ich vieles in der Familie selbst erledigen. Trotzdem waren wir sehr glücklich, da wir unsere Eltern hatten. Meine Mutter und mein Vater waren sehr lieb. Ich habe manchen Streich gemacht, aber mein Vater hat mich nicht versohlt, sondern hat mir geholfen die schwierigen Phasen während meiner Jugendzeit zu meistern. Dafür bin ich ihm heute noch sehr dankbar. Am wohlsten habe ich mich bei meiner Großmutter mütterlicherseits, Pauline Kremser, auf dem Land in Neudorf/Bad Dirsdorf gefühlt. Sie tat alles für uns.
Meine Schwester ist Elisabeth Hiemer verheiratete Keim. Ich bin mit Lieselotte Erika Guzinski verheiratet. Meine Kinder sind: Rainer, Wolfgang, Karin, Michael, Axel und Stephan.
Ich kam mit sieben Jahren in die Schule. Wie man so als Junge ist, war ich leider manchmal faul. Meine acht Jahre Schule habe ich aber trotzdem gut geschafft. Anschließend ging ich zur Handelsschule. Im Alter von zehn Jahren musste ich ins Jungvolk gehen, weil mein Vater in seinem Beruf als Lokomotivführer Beamter war. Von da an musste ich jeden Mittwoch, Samstag und Sonntag marschieren, Geländespiele und ähnliches machen. Mit 16 Jahren kam ich zur Hitler-Jugend (HJ) und mit 17 Jahren, das war 1942, kam ich für sechs Wochen in ein Wehrertüchtigungslager der Hitler-Jugend nach Wohlau. Dort bekam ich eine militärische Ausbildung. Das hat mir keinen Spaß gemacht. Ich bin nicht gerne marschiert.
Am 30.01.1943 kam ich zum Reichsarbeitsdienst (RAD). Da lernte ich auf der Straße und im Wald arbeiten und schießen. Danach kam ich zum Militär und wurde intensiv gedrillt. Anschließend war ich in Goslar, Mörching, Metz, Wiener-Neustadt und Ungarn (Debrecin). Dann wurden wir nach Italien an den Arno versetzt, wo die amerikanische Armee durchgebrochen war. Wir hatten den Auftrag die Soldaten aufzuhalten. Ich war bei den Funkern im Nachrichtendienst. Als es wieder ruhig war, kamen wir an die Ostfront nach Ungarn. Dort wurden wir verheizt. Das russische Heer hatte viele Panzer und wir hatten gar nichts mehr. Am 14. April 1945 wurden wir von der Ostfront abgelöst und nach Österreich verlegt.
Am 08. Mai 1945 (Kriegsende) kam ich in amerikanische Gefangenschaft. Der erste Amerikaner, den ich kennen lernte, war ein Schwarzer. Er fragte mich gleich: „Haven’t you Schnaps?“ Ich hatte keinen, ich war ja froh, dass ich mein Leben hatte. Wir wurden dann in ein Alpental in Österreich gebracht. Dort waren wir zehntausend Wehrmachtsangehörige. Ich war bei der Waffen-SS und wurde extra behandelt, also besser bewacht. PW (Prisoner of War) haben wir umgewandelt in „Politisch wertvoll“, so zum Spaß. Dann kamen wir nach Bad Aibling, Bayern, und danach ins Konzentrationslager (KZ) Dachau in der Nähe von München. Dort waren wir ein Jahr und es ging uns nicht schlecht. Wir bekamen zu essen und Zigaretten und waren froh, dass wir Gegenstände tauschen konnten. Wir hatten sogar Schokolade. Wir wollten trotzdem entlassen werden, denn wir wollten frei sein. Draußen gab es aber nichts, drinnen hatten wir alles. Wir bekamen die Schuhe besohlt, die Wäsche gewaschen, all dies bekamen wir als Kriegsgefangene.
Am 23. Juni 1946 wurde ich aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Ich bin zu meiner Mutter gefahren, die nach ihrer Flucht aus Schlesien in Bad Rappenau, Baden-Württemberg, wohnte. Das erste, was meine Mutter zu mir sagte, war: „Junge, ich bin glücklich, dass Du nach Hause gekommen bist. Aber ich bin sehr traurig, dass Dein Vater nicht zurückgekommen ist.“ Mein Vater wurde vermisste gemeldet. Er war bei der Reichsbahn.
In einem Brief aus dem Jahr 1948 erklärte der Oberlokführer, Paul Skola, an Eidesstatt, dass der Oberlokführer Paul Hiemer bei den Bahnbetriebswerken Breslau als Lokführer im Dienst war. „Hiemer kam am 14.02.1945 frühmorgens auf dem Bahnhof Tölplitz in Mark mit der Dienststelle in russische Gefangenschaft.“
Mein Vater ist aus dem Krieg nicht wieder zurückgekehrt. Die Umstände seines Todes sind mir nicht bekannt.
Meine Mutter lebte in Bad Rappenau bei einem Bauern in einem Zimmer. Ich konnte nicht bei ihr wohnen. Ich habe bei einem Kleinbauern unter dem Dach gewohnt und habe von morgens 06:00 bis abends 19:00 Uhr für 40 Reichsmark (RM) gearbeitet, bei freier Unterkunft und Verpflegung. Das habe ich ein Jahr ausgehalten. Weil meine Mutter keine Wohnung hatte, ist sie nach Werl, Kreis Soest, Nordrhein-Westfalen, gezogen. Dort erhielt sie ein Zimmer und musste als Kindermädchen arbeiten, obwohl sie schwer krank war. Ich bin auch dorthin gezogen und habe nach Arbeit gesucht. Ab dem 30.März 1947 erhielt ich eine Anstellung auf dem Bauerhof von Johann Koch in Theiningsen, der Pferde hatte. Dort habe ich als Knecht gearbeitet. Zwischenzeitlich habe ich weiter nach einer anderen Arbeit gesucht. In Hagen/Westfalen wurde ich fündig. Am 30.August 1950 begann ich in dem Federnwerk Krämer & Freund, einem Werk für Autofedern, zu arbeiten. Anfänglich musste ich dort jede Arbeit übernehmen.
Meine Frau lernte ich am 27. März 1947 bei dem Bauern kennen, bei dem ich mich vorgestellt hatte. Meine erste Frage an meine Frau lautete: „Wie ist es hier?“ Meine Frau war auf demselben Bauernhof schon seit längerer Zeit angestellt. Zu dem Zeitpunkt als ich meine Frau kennen lernte hatte ich noch eine Freundin in Breslau. Diese Verbindung zerbrach aber weil sie lieber bei ihrer Mutter leben wollte und ich arm war.
Kurz noch einmal meine Chronologie: Am 27. März 1947 habe ich mich bei Kochs vorgestellt, am 30. März 1947 wurde ich angestellt und trat meine neue Arbeitsstelle an. Meine (damals) zukünftige Frau ist ein Jahr später von Kochs weggegangen, damit wir beide nicht zusammen auf dem Bauerhof leben mussten. Sie ist zu ihrer Mutter gezogen und hat dort gearbeitet. Die Mutter wohnte in Opmünden in der Nähe von Soest. Meine Frau und ich haben am 27. Juli 1951 geheiratet. Wir haben so spät geheiratet, weil wir kein Geld und keine Wohnung hatten. Durch einen Bekannten habe ich in Hagen Arbeit bekommen und bin am 30. August 1950 hingezogen. Meine Frau ist im Dezember 1950 nachgekommen. Ich habe als Fabrikarbeiter in der Federnfabrik gearbeitet. Die Firma stellte Autofedern her, von einem Kilogramm bis zu 1.000 Kilogramm. Im Verlauf meines Arbeitslebens habe ich mich bis zum Betriebsmeister hochgearbeitet und die Fertigungsabteilung der Federnfabrik geleitet. Insgesamt habe 38 ich Jahre – bis zum Renteneintritt in der Firma gearbeitet.
Ich hatte immer die Angewohnheit, Leute an der Tür wegzuschicken. Ich wollte mit keinem an der Tür sprechen. Ich weiß nicht, warum ich die Missionare nicht weggejagt habe. Jedenfalls haben wir eine halbe Stunde vor der Tür zusammen gesprochen. Dann habe ich sie herein gebeten. Sie sind wiedergekommen und haben mir und meiner Frau das Evangelium sehr einfühlsam und mit viel Geduld dargestellt und gelehrt. Ein gutes halbes Jahr später, in denen sich die Missionare bei uns immer wohlfühlten, haben wir uns für die Taufe und die Mitgliedschaft in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage entschieden.
Am 26. Juli 1958, morgens um 06:00 Uhr, sind wir mit Sack und Pack zum Hengsteysee, ein großer Grenzsee/Stausee zwischen den Städten Hagen und Dortmund, gefahren und gelaufen. Die Leute fragten, ob wir Camping machen wollten. Ich sagte: „Ja, wir machen Camping.“ Meine Frau Lieselotte und ich wurden an diesem Morgen von Elder Allen Reinhold und Elder Karl-Heinz Franz getauft. Meine beiden ältesten Söhne Rainer (damals 6 Jahre alt) und Wolfgang (damals 4 Jahre alt) sahen den heiligen Handlungen aufmerksam und interessiert zu.
In Hagen gab es 1958 eine Nebengemeinde der Gemeinde Wuppertal. Die Mitglieder der Kirche wurden von den Wuppertaler Brüdern betreut. In der Ingenieurschule in der Hagener Innenstadt, im Physiksaal, traf sich die kleine Schar der Hagener Mitglieder zu ihren sonntäglichen Versammlungen. Im Jahr 1960 wurden im Haus Graf-von-Galen-Ring 16 zum ersten Mal eigene Versammlungsräume in Hagen angemietet. Als unweit dieses Ortes ein Sexshop eröffnete und die Räume aufgrund der Steigerung der Mitgliederzahlen zu klein wurden, entschied Pfahlpräsident Klaus F. Hasse, dass die Gemeinde aus den Räumen ausziehen sollte. Neue und schönere Räume wurden in der Boeler Straße 55 in Hagen-Altenhagen angemietet.
Anfangs meiner Mitgliedschaft wurde ich im Jahr 1960 als Nebengemeindeleiter berufen, später wurde ich Gemeindepräsident. Ich diente in dieser Aufgabe mit einer kurzen Unterbrechung bis 1976. In diesem Jahr übernahm mein Sohn Wolfgang, der damals 22 Jahre alt war, die Aufgabe des Gemeindepräsidenten. Meine Familie hat durch Glaubenstreue und Ausdauer den Aufbau der Kirchengemeinde in Hagen unterstützt und sich immer auf die Führung durch den Heiligen Geist verlassen.
Unser Wolfgang hat die Gemeinde weiter aufgebaut und wurde als erster Bischof der Gemeinde Hagen berufen. Während seiner Dienstzeit wurde auch das Gemeindehaus in der Kreishausstraße 13 gebaut und im April 1986 eröffnet. Später wurde er Pfahlpräsident des Pfahles Dortmund.
Ich selbst war als Hoherrat ohne Auto (Pkw) im Pfahl Düsseldorf und später im Pfahl Dortmund aktiv. Ich habe viele Gemeinden des Pfahles betreut und bin immer angekommen, da ich genügend flexibel war mit der Bahn, dem Bus oder mit jemanden mitzufahren. Ich selbst habe nie ein Auto besessen. Neben diesen beschriebenen Aufgaben diente ich als Gemeindepräsident des Zweiges Iserlohn, als Ratgeber in einer Bischofschaft, als Assistent zum Hohepriestergruppenleiter und als Lehrer des Kurses „Vorbereitung auf den Tempel“.
Am 09. Februar 1991 bin ich von Präsident James E. Faust, Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft, als Siegler im Frankfurt Tempel in Friedrichsdorf eingesetzt worden. Im Jahr 1992 war ich mit meiner Ehefrau auf einer Tempelmission in Friedrichsdorf. Während dieser Zeit fühlten wir die intensive Unterstützung der Mitglieder und unserer großen Familie.
Alle meine Kinder sind glücklich verheiratet. Durch sie haben meine Frau und ich 21 Enkelkinder und 13 Urenkelkinder. 10 der Enkelkinder haben einen lieben Partner oder Partnerin gefunden und haben geheiratet. Acht der Brautpaare durfte ich für Zeit und alle Ewigkeit siegeln.
Lieber Bruder Hiemer.
Von Ihrer Taufe habe ich schon sehr viel gehört. Mein Mann ist Ihr Missionar der sie getauft hat. Er hat immer wieder von Ihnen und Ihrer Familie berichtet. Ihr Sohn Wolfgang hat den Kontakt zu uns gefunden. Ich freue mich sehr über Ihren Bericht. Ich werde ihn gleich meinem Mann vorlesen. Wir gehen wieder regelmäßig zur Kirche und es tut uns gut. Vielleicht können wir auch zu Ihnen einen Kontakt bekommen, das würde meinen Mann sehr freuen.
Ich weiß nicht was mich veranlasst hat nach Ihrem Namen zu suchen, sicher ist es Gottes Wille dass wir voneinander hören. Ganz herzliche Grüße aus Saarbrücken. Ihre Geschwister Franz
Ich finde der Berich gehört auch zum Lebenslauf, oder Familiengeschiechte.Ihre Söhne Rainer und Wolfgang Hiemer waren meine ersten Heimbesucher in Hagen 1976 in diesem Jahr wurde ich dann Eingezogen zum Wehrdiens nach Neumünster .Heute bin ich Dein Heimbesucher in Hagen es ist immer eine schöne Zeit.Ihr Bruder im Evangelium Hans Schmidt