Ebhausen, Calw, Baden-Württemberg
Ich bin Annelore Stein, geborene Braun. Am 7. Januar 1931 wurde ich als Tochter der Maria Regina Braun geborene Braun von Breitenberg und des Johannes Braun in Ebhausen, Calw, Baden-Württemberg geboren. Meine Eltern haben sich Mühe gegeben, mich gut zu erziehen und ihrem Wissen gemäß haben sie mir das Evangelium nahe gebracht, so dass ich schon früh den Wunsch hatte, mit dabei zu sein, wenn Jesus wiederkommt. Die Tage der Kindheit verbrachte ich abwechselnd im Heim meiner Eltern und bei meiner Patentante, die in Martinsmoos bei den Eheleuten Anna Maria und Philipp Hamann lebte; sie nannte sie Vetter und Bäsle, das aus dem Grund, weil keine Kinder aus dieser Ehe hervorgingen. Für mich war der Vetter immer, solange ich denken kann, der „Ähne“.
Meine Eltern waren Fabrikarbeiter, so war ich mir oft selbst überlassen. Wenn ich während der ersten Schuljahre bei der Familie Grimm sein konnte, die zwei Söhne, Bernhard und Karl, hatten, die mir die Brüder ersetzten, so war dies für mich von Vorteil. Diese Familie gehörte den Zeugen Jehovas an. Beide Söhne haben den Kriegsdienst verweigert; einer, Bernhard, musste seine Überzeugung mit dem Leben bezahlen. Karl änderte aus Liebe zu seinen Eltern seine Meinung und kam mit dem Leben davon.
Am 14. November 1944 wurde meinen Eltern noch ein Sohn Hans-Dieter geboren.
In der Schule tat ich recht und schlecht meine Pflicht; ich hatte immer den Wunsch, ein Aufbaugymnasium zu besuchen, doch meine Eltern waren dagegen. Bestärkt wurden sie in ihrer Meinung von meinem Paten Jakob Braun, dem Bruder meiner Mutter. Von der Volksschule bin ich dann im September 1944 ohne richtigen Schulabschluss abgegangen. Bis zum Mai 1945 bin ich zuhause gewesen. Im April 1945 wurde Ebhausen von den französischen Truppen besetzt – es war eine aufregende Zeit. Mein Vater musste noch mit dem Volkssturm weg, kam aber nach einigen Tagen wieder gesund nach Hause. Wir haben in dieser Zeit bei einer Großtante, Barbara Thoma geborene Braun, gelebt, solange unser Haus von französischen Truppen bewohnt wurde.
Meine Patentante und der Ähne wünschten, dass ich zu ihnen nach Martinsmoos käme, um mich mehr mit ihrer Landwirtschaft bekannt zu machen und diese dann später selbst zu übernehmen. Sehr bald hatte ich jedoch herausgefunden, dass ich dies nicht für immer machen wollte. So habe ich nach drei Jahren Martinsmoos verlassen und besuchte ein Jahr die Frauenarbeitsschule in Nagold, um das Nähen für den Hausgebrauch zu lernen. Nebenbei lernte ich etwas Englisch, da ich den Wunsch hatte, als Missionsschwester zur Liebenzeller Mission zu gehen. Tätig war ich beim EC, einer evangelischen Jugendgruppe, die bemüht war, in den Menschen die Liebe zu Jesus zu entfachen.
In dieser Zeit gab mir einmal meine Englischlehrerin ein Buch zu lesen, das sie von einem Mann bekam, der Mormone war. Sie meinte, ich würde den Inhalt vielleicht besser verstehen als sie; es war ein Buch Mormon. Ich habe es gelesen, da ich immer darauf aus war, etwas über andere Kirchen zu erfahren und sie zu prüfen. Für mich war der Inhalt dieses Buches eigenartig. Ich konnte nichts damit anfangen, dachte ich doch, der Verfasser müsse entweder verrückt gewesen sein, als er es schrieb, oder aber es ist wahr. Ich aber konnte und wollte nichts damit zu tun haben, wich es doch in seinem ganzen Aufbau von dem ab, was ich bisher kannte; doch ich habe diese Episode nie mehr vergessen. Ich kam mit der Pfingstbewegung in Berührung. Immer suchte ich etwas, das in der Apostelgeschichte beschrieben ist, konnte es aber nirgends finden. Die ECler stellten mich vor die Wahl – entweder sie oder die Pfingstgemeinde. Da ich mich bei der Pfingstgemeinde meinem Ziel näher sah, blieb ich dabei, trat aus der evangelischen Kirche aus und ließ mich groß taufen. Diese Erlebnisse spielten in den Jahren 1947 bis 1953.
Nach dem Besuch der Frauenarbeitsschule arbeitete ich von Herbst 1948 bis März 1953 als Weberin bei der Firma Schickhardt in Ebhausen. Da ich von meinen Eltern nicht die Erlaubnis bekam, als Missionsschwester nach Liebenzell ins Mutterhaus einzutreten und dann auch der Austritt aus der Kirche und dieser Gemeinschaft erfolgte, ging ich im April 1953 als Wochenbett- und Säuglingspflegeschülerin zur Ausbildung bis September 1953 ins Charlottenhaus nach Stuttgart. Dann kam eine Unterbrechung für Zuhause und eine Privatpflege bei der Familie Wilhelm in Stuttgart. Für Nachtwachen ging ich dann wieder kurze Zeit zurück ins Charlottenhaus. Von 1954 an hatte ich immer wieder Privatpflegen, mal etwas länger oder kürzer in Stuttgart, Darmstadt, Recklinghausen und Tübingen. In diesen Jahren besuchte ich viele Versammlungen der Pfingstgemeinde in Stuttgart, Weilimdorf, Beilstein, in Oberbayern, Nagold und Herrenberg, doch immer, wenn ich in Stuttgart das Gemeindehaus der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage sah, dachte ich an das Buch Mormon. Mit der Zeit lernte ich viele Dinge in der Pfingstgemeinde kennen, die mir nicht gefielen. Ich wurde selbst richtig schwermütig, dass ich mir in der Zeit in Recklinghausen sogar einmal das Leben nehmen wollte.
Ich hatte sehr viel Schwierigkeiten, konnte manches nicht verstehen und mit der Zeit entfernte ich mich etwas von dieser Richtung. Durch Vermittlung der Marienschwestern in Darmstadt bekam ich eine Stelle in Tübingen bei einer Familie Pflumm. Eine Frau Gmelin bat mich, um eine freie Zeit auszufüllen, für kurze Zeit bei einer Familie Kurzenberger auszuhelfen. Diese Pflegestelle habe ich Anfang Juni 1955 angenommen
Am 6. Juni wollte ich nachmittags in meinem Zimmer Pause machen, konnte es aber nicht, weil sich eines der Kinder darin eingeschlossen hatte. Dies war der Grund dafür, dass ich mich im Zimmer des abwesenden Studenten aufhielt, als dieser unvorhergesehen zurückkehrte. Er war ziemlich ärgerlich, sein Zimmer offen und, wie er hereinkam, noch eine junge Schwester darin vorzufinden.
Viele Jahre habe ich die Überzeugung vertreten, dass Heiraten nicht gut wäre und ich wollte es nie, dachte ich doch, es wäre viel besser, eine Braut Christi zu sein und zu leben, wie Paulus im Korintherbrief beschreibt, dass es gut wäre. Doch bevor ich nach Tübingen ging, sagte ich im Spaß: „Ich gehe nach Tübingen und suche mir einen Studenten“. War dies Inspiration? Dieser Herr Stein und ich haben uns in der Folgezeit immer besser verstanden und wir fühlten uns zusammengehörig. Am 6. Juni 1957 haben wir dann in Urach bei Reutlingen standesamtlich geheiratet. Bereits im August desselben Jahres waren wir sicher, dass unsere Familie größer würde. Kurt hatte im Jahr zuvor sein Studium aufgegeben und war als Postinspektoranwärter beim Postamt Urach in Ausbildung. Wir lebten zunächst in einem möblierten Zimmer und zogen dann im Oktober nach Unterhausen bei Pfullingen – in jetzt zwei Zimmer. Wir hatten nichts als unsere Liebe und die Hoffnung auf ein Baby – aber es war schön.
Unsere Eltern waren nicht sehr begeistert über unser Handeln, doch wir haben uns durchgebissen, wobei die Liebe zueinander viel geholfen hat. Am 12. März 1958 morgens um 4.30 Uhr wurde nach 27 V2 stündiger Voranmeldung dann in Reutlingen unser erstes Kind, ein Mädchen geboren. Wir hatten uns fünf Kindernamen ausgesucht und wünschten uns eine Brigitte, eine Beate, eine Bärbel, einen Gerhard und einen Günther. So hatten wir nun eine Brigitte. Das Leben war nicht immer einfach, doch die Liebe glaubt alles, hofft und duldet alles. Das Kind war gesund und wir waren eine glückliche Familie. Das Verhältnis zu unseren Eltern wurde etwas besser.
Nach zweijährigem Aufenthalt in Unterhausen bekamen wir im Postamt in Ebhausen eine größere Wohnung. Kurt arbeitete bis zum Ende seiner Ausbildung in Altensteig und Wildbad. Am 12. März 1961 wurde gegen 10 Uhr morgens unser Gerhard geboren – ein großes kräftiges Baby von mehr als acht Pfund. Unsere Freude war groß, unsere kleine „Bibi“ war ganz stolz auf ihr Brüderle, am meisten, wenn sie es Rittern durfte. Mit Arbeit und Sparen verging die Zeit. Im Oktober 1961 verlor ich nach kurzer schwerer Krankheit meinen Bruder kurz vor seinem 17. Geburtstag. Für meine Eltern war es ein harter Schlag – er war der letzte männliche Nachfahre dieser Braunschen Linie.
Kurt war im Januar 1961 nach seiner Ausbildung nach Tübingen versetzt worden. Wir wollten gerne zusammen sein und nicht nur eine Wochenendfamilie bilden. So suchten wir in Tübingen eine Wohnung und bezogen diese im Februar 1962. Am 2. Januar 1963 wurde mittags um 12.30 Uhr unser Günther geboren. Er hatte es sehr eilig, auf die Welt zu kommen. Im Lauf der Jahre hat er immer wieder gesagt, es sei nicht richtig, dass er erst 1963 und nicht schon 1962 geboren sei. In Tübingen haben wir bis 1967 gewohnt. In dieser Zeit hatten wir uns wieder mehr an die Evangelische Kirche angeschlossen. Sonntags besuchten wir regelmäßig die Gottesdienste, die Kinder gingen in den Kindergottesdienst. Wir hatten den Wunsch, dass sie mit dem Evangelium bekannt würden. Brigitte und Gerhard gingen in den evangelischen Paulinenkindergarten – die Tante Inge hat es gut mit den Kindern verstanden und sie lernten viel. Im Juli 1966 klingelte es eines Tages an unserer Tür – ich war eben beim Wäscheaufhängen – und als ich nachgesehen habe, waren es zwei junge Männer, die mir ein Traktat zeigten und mich fragten, ob ich wüsste, was das Gebäude darauf darstellte. Nun, ich musste ihnen sagen, dass ich es nicht wusste, aber es wäre mir bekannt, dass sie Mormonen seien. Ich wusste, dass in unserer nächsten Nachbarschaft – direkt gegenüber – immer Mormonenmissionare wohnten. Ich konnte ihnen auch sagen, dass ich das Buch Mormon schon gelesen hatte. Auf ihre Frage, ob sie wiederkommen dürften, um mit meinem Mann zu reden, sagte ich, dass dieser sicher kein Interesse haben würde. Sie gingen etwas traurig wieder weg.
Kurt und ich gingen dann im August in Urlaub nach Zwerenberg im Schwarzwald; es war unser erster gemeinsamer Urlaub, die Kinder waren wie in allen Ferien auch diesmal bei meinen Eltern in Ebhausen. Wir hatten eine schöne Zeit zusammen. Eines Morgens hörte ich eine Stimme, die zu mir sagte: Wenn wieder jemand an unsere Tür käme, um mit uns über das Evangelium zu sprechen, sollte ich ihn nicht wegschicken, sondern zu uns einladen, um mit ihm zu sprechen. Wir gingen wieder nach Tübingen zurück. Anfang September war ich gerade dabei, das Mittagessen fertig zu machen, da klingelte es, und als ich nachsah, waren es wieder zwei junge Männer. Gleich kam mir wieder der Auftrag in den Sinn und ich bat sie, am Abend wieder zu kommen Sie kamen gerne wieder und erzählten uns über Joseph Smith und über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage – eine interessante Botschaft für uns. Sie baten uns, das Buch Mormon zu lesen und zu beten, den Vater im Himmel zu fragen, ob diese Dinge wahr sind oder nicht. Sie brachten uns etwas, das ich schon lange vergebens gesucht hatte. Nach eifrigem Studium der Schriften bekam ich ein Zeugnis von der Wahrheit dieser Dinge und ich wäre bereit gewesen, mich taufen zu lassen, doch ohne Kurt wollte ich das nicht. Die Brüder kamen jede Woche zu einer Lektion zu uns, doch je mehr mein Zeugnis wuchs, umso ablehnender wurde Kurt. Wir bekamen Probleme miteinander und ich fragte den Herrn im Gebet, was ich tun könnte, damit wir gemeinsam im Evangelium Fortschritte machten. So wurde mir über manche Verfehlung in meinem Leben Klarheit gegeben und ich wollte und konnte sie in Ordnung bringen – Buße ist etwas Wunderbares und öffnet ein Tor zu großen Segnungen.
Die Brüder und ich fasteten für meinen Mann. Am Abend dieses Fasttages haben wir dann sehr lange miteinander über das Evangelium und die Kirche, über uns und den Schritt der Taufe gesprochen. Als die Missionare am nächsten Tag wieder kamen, war Kurt bereit, sich mit uns taufen zu lassen. Brigitte wurde mit Gerhard und Günther zusammen auch belehrt, hatte also das Alter der Verantwortlichkeit. An diesem Abend wollten die Elders Snelders und Pferdner das letzte Mal mit uns zusammen sprechen. Es war für uns alle eine Gebetserhörung, dass Kurt den Wunsch hatte, diesen Schritt zu tun. Weihnachten 1966 haben wir zum ersten Mal die Versammlung der Heiligen der Letzten Tage in Tübingen besucht; es war eine kleine Gemeinde und sie haben uns sehr nett aufgenommen. Am 21. Januar 1967 wurden Kurt, ich und Brigitte in Stuttgart im Gemeindehaus von Bruder Pferdner getauft. Am 5. Februar, dem ersten Fastensonntag als Mitglieder der Kirche, wurden unser Gerhard und unser Günther gesegnet, ein wunderbares Erlebnis für uns Eltern.
Seit dieser Zeit hatten unser Leben, unsere Liebe und Ehe Sinn und Zweck bekommen und ich habe gefunden, was ich immer gesucht habe – die einzig wahre Kirche hier auf dieser Erde, zusammen mit meiner Familie. Bald erwarteten wir wieder ein Baby. Da wir dachten, die Wohnung in Tübingen wäre dann zu klein, bewarb Kurt sich nach Pfullingen ans Postamt. Er bekam das Amt und wir sind im Mai 1967 nach Pfullingen in eine große schöne Wohnung umgezogen. Am 29. Oktober meldete sich dann das neue Baby an – ohne dass ich etwas spürte, war es mir, als ob jemand zu mir sagte „ich komme jetzt“. Unser Klaus Dieter ist am 30. Oktober in der Nacht geboren, gesund und ohne Probleme. So hatten wir drei Buben und ein Mädchen, das schon bei Günther enttäuscht war, dass es ein Brüderchen war. Bei diesem neuen Bruder weinte sie herzzerbrechend um ein Schwesterchen – ihre Enttäuschung war sehr groß. Eine Schwester in der Kirche hatte sich bereit erklärt für einige Zeit zu uns zu kommen; Schwester Weller hat uns in diesen Wochen gut versorgt.
Am 3. Dezember 1967 wurde Kurt von Bruder Helmut Müller zum Ältesten im Melchisedekischen Priestertum in der Gemeinde Reutlingen im Pfahl Stuttgart ordiniert. Anschließend wurde als Erstes unserer Kinder unser Klaus von seinem eigenen Vater gesegnet und ihm ein Name gegeben – ein wunderbares Erlebnis für eine Familie.
Immer stärker wurde in uns der Wunsch, aller Segnungen des Evangeliums teilhaftig zu werden. So haben wir uns darum bemüht, einen Empfehlungsschein für den Patriarchen des Stuttgarter Pfahles zu bekommen und konnten dann am 1. Juni 1968 nach Heilbronn zu Bruder Emil Geist fahren. Wir haben eine wunderbare Zeit mit dem Patriarchen erlebt und unsere Segen, die er uns gegeben hat, haben uns in unserem bisherigen Leben viel geholfen. Am 28, desselben Monats sind wir dann mit Freunden – den amerikanischen Geschwistern Wagner – und unseren vier Kindern nach Zollikofen in die Schweiz gefahren, um unsere eigene Begabung zu erhalten und um als Familie für Zeit und Ewigkeit von bevollmächtigten Brüdern aneinander gesiegelt zu werden. Wir sind sehr spät in Zollikofen angekommen und es haben sich uns viele Dinge entgegen gestellt, aber die Freude, das Haus des Herrn zu sehen und hineingehen zu dürfen, war das bisher größte Erlebnis für uns und alles andere trat dabei in den Hintergrund. Am 29. Juni 1968 haben Kurt und ich unser Endowment erhalten und wir sind mit unseren Kindern von Präsident Trauffer für Zeit und Ewigkeit gesiegelt worden. Möge der Herr uns helfen, dass wir treu in diesem Bund unsere Zeit auf Erden verbringen und treu erfunden werden, um dereinst zusammen mit unseren Kindern in die Erhöhung einzugehen.
Am 19. Mai 1969 wurde Kurt zum Gemeindevorsteher der Gemeinde Reutlingen berufen und ich von ihm als FHV-Leiterin in derselben Gemeinde. Der Herr hat uns bisher treu geführt und uns viel Gelegenheit gegeben, zu wachsen und Fortschritt zu machen.
Im Februar 1969 war unser Gerhard, der im Herbst 1967 in Pfullingen in die Schule gekommen war, mittags nach dem Unterricht in ein Auto gelaufen und musste mit einem Schädelbruch ins Krankenhaus nach Reutlingen gebracht werden. Wie froh waren wir in dieser Zeit, dass wir das Priestertum in unserer Familie hatten, konnte Kurt doch Gerhard einen Krankensegen geben. So wurde unser Bub trotz großer Operation sehr bald wieder ganz gesund, ohne dass Spätfolgen zurückblieben.
Wir fühlen den Geist des Herrn in unserem Leben und wir sind reich gesegnet. Nachdem wir immer mehr in die Kirche hineinwuchsen, bekamen wir von meinen Eltern ein Auto geschenkt, so konnte Kurt das Autofahren lernen und wir konnten damit auch öfters zum Tempel fahren.
Günther kam 1969 zur Schule. Obwohl er vom Arbeiten und vom Lernen nicht viel hielt, tat er doch immer so viel, um nicht unangenehm aufzufallen. Einmal hat er mir im Garten geholfen, Steine aufzulesen. Da ihm die Arbeit nicht schmeckte, hat er sich auf den Boden gesetzt und die Steine im Zeitlupentempo in die Hand genommen und dann in den Eimer gelegt. Wir lieben unsere Kinder, doch sie sind sich nicht ähnlich. Brigitte hatte in der Schule gute Fortschritte zu verzeichnen; den Übergang aufs Gymnasium hat sie ohne Mühe und Prüfung geschafft und sich in der ersten Zeit Preis und Belobung erarbeitet. Am 28. Juni 1969 verstarb nach langer Krankheit mein Vater, Johannes Braun, in Ebhausen.
Am 31. Mai 1970 wurde Kurt nach einer Pfahlkonferenz von Präsident Knoedler zum Hohepriester ordiniert. Im Oktober desselben Jahres ging er zum Sozialamt der Post nach Stuttgart, so war die Familie wieder einmal getrennt. Kurt versuchte nun so bald wie möglich für seine Familie eine Wohnung zu finden, doch sollte dies noch ein Jahr dauern. Wir haben nach dem Wort gehandelt „Wo du hingehst, will auch ich hingehen“.
Im Frühjahr 1971 reiste Kurt zur Generalkonferenz nach Salt Lake City; er hatte dort wundervolle Erlebnisse und kam ganz begeistert zurück. Im August 1971 konnten wir dann nach Stuttgart ziehen und waren wieder zusammen. Die Arbeit in der Gemeinde Reutlingen haben wir von Stuttgart aus noch bis Juni 1972 getan. Neben der Berufung in Reutlingen war Kurt von November 1970 bis November 1971 Pfahlführungssekretär, um danach eine Berufung als Pfahlsekretär zu erfüllen. Nachdem im September 1971 die Schule wieder begann, wechselte Gerhard zur Realschule, Günther besuchte die Falkertschule, Brigitte ging zum Hölderlingymnasium und Klaus fühlte sich zu Hause sehr wohl.
Im Juni 1973 habe ich das Arbeiten begonnen, nachdem wir eine Reise in die USA planten, um zusammen einmal einer Generalkonferenz beizuwohnen. Im August 1973 fuhren wir zusammen für drei Tage nach München zu einer Gebietskonferenz, es war eine gute Zeit zusammen mit einigen tausend Mormonen. Unsere Reise in die Staaten traten wir am 1. Oktober 1973 an, gerade als Fluglotsenstreik war. So mussten wir in Frankfurt fünf Stunden auf die Maschine warten und kamen dadurch in New York in Schwierigkeiten – einmal fehlte ein Koffer und zum anderen war die Anschlussmaschine nach Salt Lake City weg, so dass wir in New York übernachten mussten. Diese Reise war für Kurt und mich ein wunderbares Erlebnis. Für zwölf Tage waren wir in Salt Lake City bei Grobs, dann sind wir zur Familie Wagner nach Sparks in Nevada weiter geflogen. Nach zwei Tagen ging es dann nach Los Angeles zur Familie Crandall; mit ihnen verbrachten wir einen Tag im Disneyland – es war einmalig. Unsere letzte Station war Los Alamos in New Mexiko bei Familie Hecht. Wir haben von unseren Freunden sehr viel vom Land gezeigt bekommen Ich habe das Land Amerika schon immer geliebt, aber diese Reise ließ mich heimwehkrank werden.
In der Zeit unseres Amerikaaufenthalts war unsere liebe Freundin Christel Hermann bei den Kindern und hat sie gut versorgt und bemuttert. Nach dreieinhalb Wochen sind wir dann gesund, aber müde wieder in Stuttgart gelandet.
Günther hat sich im September 1973 entschlossen, das Gymnasium zu besuchen, so plagte er sich recht und schlecht auf dem Friedrich-Eugen-Gymnasium herum – wenn nur die Arbeit nicht so anstrengend wäre“. Das Jahr 1974 brachte kleinere und größere Veränderungen. Gleich am Rosenmontag im Februar lief unser Klaus, als er vom Kindergarten nach Hause ging, in ein Auto und musste für zwei Wochen in die Klinik Es ist ihm nicht sehr viel passiert, doch eine Gehirnerschütterung musste ausgeheilt werden. Wir konnten auch bei diesem Unfall die Hilfe des Herrn verspüren.
Kurt wurde im Mai 1974 als Pfahlsekretär entlassen und in den Hohen Rat berufen, wo er für PV und das HLT-Seminar zuständig war. Für dieses Jahr planten wir, mit der Familie Urlaub in der Eifel zu machen. Wir konnten im Postferiendorf in Prüm ein Häuschen mieten. Brigitte war nicht dabei, sie wollte in den Ferien arbeiten; das hatte sie auch schon in den Osterferien getan. Diese Ferien haben uns sehr gut getan und wir haben viele gute Erfahrungen sammeln können. Auf der Hinfahrt ist uns auf der Autobahn ein Reifen geplatzt, doch ist uns trotz Schleudern nichts passiert. In der Gemeinde Trier haben wir gute Bekannte getroffen – Geschwister, die wir im Tempel in Zollikofen kennen gelernt hatten. In der kleinen Trierer Gemeinde war eine wirklich gute Atmosphäre. Es war eine Freude, die Versammlungen zu besuchen. Ausflüge machten wir nach Belgien und Luxemburg.
Brigitte ist am 13. August 1974 von Stuttgart aus zu einem einjährigen Aufenthalt nach Amerika abgeflogen. Die Geschwister Pferdner hatten sie eingeladen, ein Jahr mit ihnen zu verbringen. Sie besuchte ab September die Brighton High School in Sandy und hatte dabei viel Spaß. Ihre Briefe waren sehr begeistert und wir konnten merken, dass sie auch auf geistigem Gebiet Fortschritt machte.
Auch wir konnten in diesen Dingen die Hand des Herrn verspüren. An den Sonntagen hatten wir immer Missionare bei uns zum Essen. Das gab und gibt uns stets ein gutes Gefühl, sind wir doch durch Missionare zur Kirche gekommen und von Herzen dafür dankbar. Am 23. Dezember haben wir allen Stuttgarter Missionaren (Brüder Luther und Leavitt, Robertson und Williams, Stone und Johnson, Wassam und Jones und die Schwestern Kupitz und Sleaper) eine kleine Party gegeben. Am Heiligen Abend waren dann die Brüder Luther und Leavitt bei uns; wir hatten eine gute Zeit zusammen.