Friedrichstadt, Schleswig-Holstein

mormon deutsch dorothea zentnerIch bin Dorothea Zentner, geborene Micheelsen. Ich bin am 9. Februar. 1923 in Friedrichstadt an der Eider geboren. Mein Vater ist Klaus Christian Micheelsen und meine Mutter Emma, geborene Peters. Wir waren vier Kinder, zwei Mädels und ein Sohn. Wir sind alle Mitglieder unserer Kirche. Meine Mutter war schon vorher Mitglied bei meiner Oma. Ob meine Oma getauft wurde das habe ich nie ganz mitgekriegt. Wir haben in der Familie miteinander guten Kontakt gehabt; es gab keine Schwierigkeiten.

Wir haben hier in der Kirche angefangen. Ich bin hier in Friedrichstadt in der Kirche aufgewachsen. Unser ältestes Mitglied, das war Oma Vogt, die hat uns ihr Wohnzimmer zur Verfügung gestellt. Aber wir waren nachher so viele, dass wir, wir Erwachsenen auf den Stühlen gesessen und Kinder am Fußboden gesessen. Und das war so schön.

Wir hatten eine ganz schöne Gemeinde. Wir wurden dann immer mehr. Dann haben wir in der Volksschule einen Raum zur Verfügung gekriegt. Dann wurden wir wieder mehr, dann haben wir in einer Gaststätte einen großen Raum gekriegt. Da wurden wir dann auch mehr, dann sind wir nach Schwabenhude gewesen. Da haben wir uns da, bei unserem ältesten Bruder getroffen, der hatte einen großen Raum und einen großen Garten gehabt.

Wir hatten Bienenkörben, Ährenleserinnen, wir hatten so viele Vereine, wo wir alle so in Gruppen, nach dem Alter, dass wir alles mit Begeisterung unternommen haben. Unsere Gemeinde, die wuchs aber auch, wir haben alles mit Begeisterung gemacht. Wir waren vierzig bestimmt.

Nachher sind wir nach Husum gegangen, wo wir einen großen Raum gehabt haben. Da haben wir endlich unsere Kirche gekriegt. Wir hatten immer Missionare hier.

In der Nazizeit haben wir keine Schwierigkeiten gehabt. Stellen Sie sich einmal vor, wir haben hier an der Ecke, da haben die Juden die Synagoge. Dann war da nebenan der Judenpastor, dann kam eine evangelische Familie, dann noch einmal evangelische Familie, dann haben wir als Mormonen, dann kam andere. Wir waren hier alles vertreten, sieben Kirchen: katholische, evangelische, Methodisten, Mennoniten, Juden, Bibelforscher und wir.

Unsere Kirche war eine ganz tolle Kirche hier. Und hier in der Stadt unsere Bürger gehörten zu den Mennoniten oder die gehörten zu den Bibelforschern, oder zu den Juden, oder zu den Katholiken, dann haben wir hier die Remonstrantenkirche. Aber es gab keine Schwierigkeiten mit keinem Menschen. Es war genau so mit den Juden. Wir waren immer zusammen. Ich war mit in der Synagoge, oder sie waren mit in unserer Kirche. Da haben wir gar keine Schwierigkeiten gehabt. Und die wurden überhaupt nicht verfolgt. Aber dann wurde es so schwierig, dass sie abgehauen sind. Sonst haben wir hier mit allen Kirchen keine Schwierigkeiten gehabt.

Allerdings meine Mutter ist früh gestorben mit 51 Jahren, das war 1944. Da war ich 21. Mein Vater war 20 Jahre älter und der ist 1947 drei Jahre später, mit 74 Jahren, gestorben.

Während des Krieges sind wir hier geblieben. Ich habe die ganzen Jahre ohne Schwierigkeiten mit allem drum und dran durchgekommen. Ich habe gearbeitet und habe die ganze Familie versorgt. Ich habe meine Mutter vertreten, weil ich die älteste Tochter war. Ich habe alle versorgt habe gearbeitet, habe alle versorgt, wir sind den ganzen Krieg durchgekommen.

Da habe ich hier drüben, bei meinem Bäcker, 35 Jahre gearbeitet. Jeden Morgen um 5 Uhr war ich in der Backstube und habe meine Brötchen eingepackt und habe drei Stunden, bei Wind und Wetter, bei Sonnenschein und Regen alles, jeden Morgen meine ganze Kundschaft durch ganz Friedrichstadt, meine ganze Kundschaft mit Brötchen beliefert. Und das habe ich 35 Jahre gemacht.

Das Geld, das ich da verdient habe, damit habe ich meine Familie mit versorgt. Meine Mutter war zu jung. Nachher habe ich was gekriegt an Unterstützung. Es war ja dann die schlechte Zeit 1944-1947. Wir haben nach dem Krieg zu essen und zu trinken gehabt und ich habe sogar arme Leute noch mit versorgt. Ich habe mein Leben lang gearbeitet und habe nur Leute versorgend wie viele andere noch mit.

Die Geschwister in der Kirche, die nicht viel hatten, die habe ich, wie gesagt, versorgt, wie ich beim Bäcker gearbeitet habe, die 35 Jahre. Wenn dann Wochenende war, da war manches Mal dann was über. Dann habe ich immer zum Sonntag Brot in der Gemeinde gebracht damit Leute versorgt worden.

Mein Chef hat nicht einmal gesagt, ich musste bezahlen ich habe das immer so gekriegt. Ich sehr viele Leute mit unterstützt. Ich habe nie an mich gedacht.

Viel später kam einmal einer auf mich zu, der war so ein Schulkollege. Er fragte: “Dora, wie bist du mit deiner Rente zufrieden?“ Da lebte mein Mann schon nicht mehr. Da kriegte ich von meinem Mann ja schon die Rente. Da kam er eine Woche später noch einmal auf mich zu und sagte: “Dora ich bin nicht ganz zufrieden mit dir. Was kriegst du an eigne Rente?“ Ich sagte, „wieso? ich habe mir gar nichts dabei gedacht.“. Ich war ja schon 70 Jahre alt.

Da hat der mich ausgeschimpft: „Du gehst morgen früh mit deinen Papiere zum Rathaus hin, damit du deine Rente kriegst.“ Da war ich 71. Da kam ich zum Rathaus ich bin an und für sich hier bekannt, wie ein bunter Hund und legte die Papiere vor. Er guckte in die Papiere rein. Sagt er: ”Frau Zentner, so etwas kann auch nur Ihnen passieren“. Da habe ich die ganzen Jahre verschenkt und kriegte keine Nachzahlung. Erst von dem Tag an, wo ich meine Papiere vorgelegt habe.

Ich habe die Hand Gottes in meinem Leben immer wieder gespürt. Immer wieder ist mir geholfen worden. Von unseren Pfennigen, die wir verdient haben, haben wir unseren Zehnten bezahlt. Das waren nur Pfennige. Ich habe angefangen, wie ich aus der Schule war, da habe ich angefangen zu arbeiten. Da kriegte ich vier oder fünf Mark für den ganzen Monat. Da habe ich den Zehnten bezahlt. Da sagte meine Mutter, wenn wir das Geld verdient hatten, was geht davon ab? Da haben wir gleich unseren Zehnten davon abgetan, bevor wir das Geld in die Tasche taten.

Mein Mann hieß Hans Zentner, er war 73 Jahre alt als er starb. Er hat bis zum letzten Tag gearbeitet. Er war wohl immer mit in der Kirche aber er ist nicht getauft worden. Er ist drei Wochen vor unserer Silberhochzeit gestorben. Wir hatten alles geplant, wir hatten schon unsere Leute eingeladen. Da musste mein Mann ins Krankenhaus und der Arzt sagt, „Ihr Mann ist so krank“ und dann ist er gestorben. Karlheinz von Neumünster, der hat für meinen Mann dann die Totentaufe vollzogen. Er hat gearbeitet. Drei Wochen vor unserer Silberhochzeit.

In der Trene, hier unten in der Öffentlichkeit am Wasser, da bin ich getauft waren. 1931 mit 8 Jahren, da waren wir drei Mädels. Am 9 Februar wäre ich acht Jahre alt geworden und im März bin ich hier in der Trene getauft worden. Da war es kalt aber wir haben das nicht kalt gefunden. Wir waren stolz, dass wir hier draußen in der Trene, in der Öffentlichkeit getauft wurden.