Neubrandenburg, Mecklenburg-Vorpommern
Mein Name ist Walter Rohloff. Geboren wurde ich am 4. Juni 1922 in Neubrandenburg. Mein Vater hieß Bruno Rohloff und meine Mutter Irene Boer.
Zur Zeit der Depression in Deutschland war jeder Dritte ohne Arbeit. Mein Vater war sieben Jahre ohne Arbeit. Wir bewohnten eine Einzimmerwohnung, die aus einem Zimmer und einer Küche bestand. Meine Schwester und ich schliefen in der Küche. Um durchzukommen, hat uns der Schwiegervater uns eingeladen, ein großes Zimmer in seinem Haus zu beziehen. Ich habe beim Großvater geschlafen.
Eines Tages, klopfte es an der Tür und die Tante hat geöffnet. Standen da zwei Stadtmissionare und wollten mit ihr über Religion sprechen und sie gab zur Antwort: „Reden Sie mit meinem Schwager Bruno“. Karl Heinz Töne zeigte das Buch Mormon und wollte ihm ein Traktat überreichen. „Das interessiert mich nicht“, gab mein Vater zu verstehen; „Ich habe genug von anderen Kirchen, aber das Buch Mormon würde mich sehr interessieren, ich kann es nicht kaufen, aber wenn sie mir es leihen würden? Die Zeit verging, doch das Buch Mormon kam nicht. Schließlich, traf er die Missionare auf der Strasse. „Wann werden Sie mir das Buch Mormon bringen, leihen wollen?“
Daraufhin sind die Missionare gleich gekommen und haben das Buch Mormon gebracht. Noch in derselben Nacht, hat mein Vater das Buch durchgelesen und hatte vom Anfang an ein Zeugnis, dass es wahr und das Wort Gottes war. Mein Vater sprach mit der Mutter darüber: „Ich muss hingehen und sehen.“ Mein Vater setzte sich in die letzte Reihe. Vorne saß der Gemeindepräsident, den er nicht kannte. Aber erkannte Herrn Töbl, der am Harmonium saß. Bruder Kugelt wurde gebeten, das Wort der Weisheit vorzulesen; diese Botschaft hatte er schon so oft gelesen, er wollte nicht mehr, tat es aber doch. Mein Vater hörte, man solle nicht rauchen und nicht Alkohol trinken. Mein Vater lief nach Hause, hat die Zigaretten genommen und sich gesagt, wenn das Buch Mormon wahr ist, dann muss auch das Wort der Weisheit wahr sein! Er hat die Zigaretten weggesteckt und gesagt: „Ich rauche nicht mehr!“
Meine Mutter war erschrocken; sie wollte nicht, dass ihr Mann rauchte, die Gardinen wurden gelb davon. An einem Sonntag brachte der Onkel eine große Zigarrenschachtel voll Zigaretten: „Bruno, ich mach dir eine große Freude, mach auf. „Kannst du wieder mitnehmen, ich rauch nicht mehr“. sagte mein Vater. Mein Onkel hat sich kugelig gelacht. Doch er hat die ganze Zigarrenschachtel mit den Zigaretten wieder mitnehmen müssen. Vater rauchte nicht mehr.
Er ging zur Kirche und wollte, dass wir mitkommen sollten. Die ganze Familie seiner Frau war dagegen. Sie waren auch keine guten evangelischen Christen. Sie sind nur zu Weihnachten in die evangelische Kirche gegangen. Sie wussten nichts von den Mormonen, aber sie waren dagegen. Sonntags musste die Mutter, zusammen mit den Schwestern kochen. Sie konnte nicht mitgehen und die Schwestern waren dagegen. Für meine Mutter war das eine schwere Zeit. In der Gemeinde bekam mein Vater eine Wohlfahrtshilfe von 10 Mark. Seiner Frau gab er aber nur 9 Mark. „Wo ist die 10. Mark“, fragte meine Mutter?“ Ich gebe den Zehnten“, gab mein Vater zurück. „Du gehst mit mir, oder wir lassen uns scheiden, hier ist die Mark!“. Die Mutter ist mitgegangen.
Ich bekam gerade Diphtherie und durfte im Bett meiner Eltern schlafen, da geht die Nebentür auf und herein kommen drei Onkel und der Großvater. Sie wollten, dass mein Vater der Mormonenkirche den Rücken kehrte. Mein Vater saß an dem kleinen Tisch, der zwischen dem Ofen und dem Kleiderschrank stand und spielte auf seiner Zither, Über ihm lag der Krückstock. Mein Vater war ziemlich kräftig gebaut. Ein Blick zum Krückstock hatte genügt, dann sind sie alle gegangen. Am nächsten Morgen kam die Polizei mit dem Räumungsbefehl und wir mussten die Wohnung verlassen. In den Jahren 1929-30 waren Wohnungen fast nicht zu kriegen.
Mein Vater hat dort und da Aushilfen gemacht. Und zu ihm kam ein Mann: „Herr Rohloff, ich habe eine Stube aus einer Küche gemacht, so dass ich sie vermieten kann“ Am selben Abend sind wir dort eingezogen und haben später die ganze Wohnung übernommen, in der ich aufgewachsen und groß geworden bin. Damals aber war meine Mutter todunglücklich; oft wurden Möbel auf die Strasse gestellt und in Eisenbahnwaggons gebracht „dort werde ich nie hingehen, lieber würde ich mir das Leben nehmen“, sagte sie. Trotzdem, erhielten meine Mutter und ich ein Zeugnis vom Buch Mormon. Wir wurden am 30. August 1930 zusammen getauft.
Ich sollte zur Armee gehen. Meine Freunde waren alle in den bewaffneten Kräften bereits. Die Eltern meiner Freunde konnten nicht verstehen, warum ich nicht bei der Armee war. Ich war verlegen. Am 18. Februar 1942, habe ich mich mit anderen an der Eisenbahnstation in meiner Heimatstadt Neubrandburg angemeldet. Von dort wurden wir nach Schwerin transportiert, wo das „Infanterie Regiment 89.“ stationiert war. Sobald wir in Schwerin ankamen und das Tor zu unserer Kaserne hinter uns hatte, fühlte ich ob ich im Gefängnis war. Ich war zwei Wochen Soldat, dann wurde ich zum Kompaniechef beordert, der mich fragte, ob ich Offizier werden wollte. Ich habe mit meinem Vater gesprochen. Der Vater sagte, ich solle diese Angebot annehmen. „Nimm es an, Moroni und Mormon waren auch nicht einverstanden mit allem und haben es gemacht. Das machst du nicht für Hitler, sondern für den Staat; bleib treu dem Bund, den du mit Gott gemacht hast und mach sicher, dass, wenn sie dich nicht zum Offizier machen, sondern der Religion wegen, so lassen sie Farbe bekennen“.
Mit drei anderen Kandidaten, deren Väter Offiziere oder Professoren waren, sind wir ausgesondert worden. Mein Vater war arm wie eine Kirchenmaus. Im ersten Lehrgang bin ich krank geworden. Ich bekam eine Fusslähmung und konnte schlecht laufen. Als der Chef den Bericht des Arztes las, ging er sofort zu ihm hin. „Dieser Mann drückt sich nicht, sondern er braucht eine richtige Behandlung.“ Als ich dies dem Vater berichtet habe, hat er geweint. Der Arzt gab mir Spezialspritzen, aber es wurde nicht besser. Ich aber wollte unbedingt gesund werden. Ich habe gebetet und die Inspiration erhalten, dass ich täglich trainieren sollte. Hinter dem Krankenhaus, auf einem kleinen Rasenstück, bin ich zuerst herumgekrochen, bin bald gegangen, machte Kniebeugen und täglich meine Übungen. Soldaten schauten aus dem Fenster und lachten mich aus. Nach drei Monaten haben sie mich wieder gesund geschrieben. Der Arzt hat das gesehen. Jetzt mussten alle Sport und gymnastische Übungen machen.
Ich wurde zur Einheit zurückgeschickt und ich sollte unbedingt Offizier werden. Nachdem ich wieder bei meiner Einheit war, fand ich keinen von meinen ehemaligen Kameraden dort; ich wurde auf einen Ausbildungskurs in der Stadt Gnesen geschickt in der Nähe von Posen nicht weit von dem Haus meines Vaters in Hohensalza. Kurz danach, schieb ich meinem Vater, um die Adresse der nächsten Gemeinde der Kirche zu erhalten. Vater schrieb mir alle Informationen, damit ich die Gemeinde in Schneidemühl finden konnte. Gerade an dem Sonntag hatte die Gemeinde Konferenz. Nach den Versammlungen gab es eine Mahlzeit für alle Anwesende veranstaltet von Bruder und Schwester Birth. Nachdem wir junge Leute uns satt gegessen hatten, gingen wir in den nahe gelegenen Park ein und unterhielten uns. Es war eine gute Zeit. Ich schrieb Bruder und Schwester Birth und erklärte ihnen, wie viel mir ihre Gastfreundschaft bedeutete und wie beeindruckt ich mit der Gemeinde Schneidemühl war. Sie haben zurück geschrieben und mich eingeladen jederzeit zu kommen und mit ihnen zu übernachten. Immer wenn ich bei Familie Birth war, bin ich früh aufgestanden, und Edith und ich haben die Heilige Schriften zusammen studiert.
Ich wurde zum nächsten Lehrgang geschickt, den ich bestanden habe. Ich kam auf die Kriegsakademie. Ein Hauptfeldwebel hat den Namen aufgenommen und Religion „J ES CH”. „Was ist das?” Schreiben wir „Lutheraner” oder „Katholik“? „Nein, Sie müssen schreiben, was ich sage!” Darauf wurde ich zum Kommandeur gerufen; der sagte:“ Herr Rohloff, wie geht es Ihnen, wie geht es Ihrem Vater, Ihrer Mutter? Was ist das für eine Religion im Soldbuch? Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage?“ „Haben Sie noch nie etwas davon gehört? Ich bin Mormone. Wollen Sie etwas darüber wissen?“ „Haben Sie Bücher? Ich gab dem Kommandeur das Buch Mormon, ein Heft und etwas von Joseph F. Smith. Der Offizier hat alles genommen. „Sie werden hören, ob Sie auf der Schule bleiben können oder nicht.“ Nach zwei Wochen hat er mich wieder zu sich hinauf gerufen; er saß an seinem Tisch und sagte:“ Rohloff, ich habe gelesen Ihre Kirche betreibt Vielweiberei?“ „Herr Major, die Kirche hat die Vielweiberei abgeschafft; wenn Sie Vielweiberei sehen wollen, brauchen Sie nur nach draußen gehen und schauen; die Kirche hat die Mehrehe gehabt, aber keine Vielweiberei.“ – „Die Herren haben beschlossen, dass Sie auf der Schule bleiben dürfen. „Aber ich werde Sie im Auge behalten“. Ich salutierte und ging weg.
Wir mussten auf der Schule immer Reden halten. Wir waren zehn auf der Stube. Wir waren dabei Hausaufgaben zu machen, um am nächsten Tag einen Vortrag zu halten. Vor mir hatte ich einen Leitfaden und die Bibel liegen, andere hatten die Schularbeiten gemacht, die ich schon zuvor gemacht hatte. Kommt der Hauptfeldwebel herein: “Sie kennen doch die Bibel“ und wir haben uns darüber unterhalten; er aber wollte mich vom Nationalsozialismus überzeugen. „Rohloff, heute sind wir fremde Leute, wir haben nichts Gemeinsames!“
Am nächsten Tag hatte ich einen Vortrag zu halten. Zum ersten Mal, stand auch der Hauptfeldwebel in der Klasse, der sonst nie drin war. Der Chef, der Major, forderte mich auf, die Aufgabe zu geben- (ich denke, der Feldwebel ihm etwas ins Ohr geflüstert). Danach hat es eine Diskussion gegeben. Der Chef sagte. „Sehr gut Rohloff“. Ich konnte gehen und ich war bekannt bei den Vorgesetzten, sie mussten sich besprochen haben. Sie konnten mir nichts anhaben.
Wie ich kein Offizier wurde, ist es mir schwer gefallen zu grüßen. Alle standen zusammen und ein lutherischer Priester sagte zu mir: „Ich möchte Sie beglückwünschen, dass Sie zu dem stehen, was Sie glauben, aber ich halte nicht viel von den Mormonen.“ Später empfing ich einen Anruf von einem Kameraden. Er hatte unseren Bericht dort und hatte den Umschlag über Dampf geöffnet. Dann las er alle Eintragungen auf meinem Schulzeugnis; ich hatte nur guten und sehr guten Bewertungen, aber unter Anmerkungen wurde geschrieben: „Religiöser Fanatiker, gehörend dem Mormonensekt. Politisch nicht vertrauenswürdig.“ Jetzt wusste ich, warum ich nicht Offizier wurde und ich fühlte mich gut.
Nachdem wir fertig mit dem Training in Gnesen waren, mussten einige von uns von der 12. Infanteriedivision zu unserer Garnison in Schwerin zurückkehren. Hier empfingen wir alles, was wir benötigten, um an die Ostfront in Russland zu gehen. Ich schloss mich der dritten Infanteriekompanie des 89. Regiments an. Dieses Regiment war ein Teil der 12. Division, die zur 4. Armee gehörte. Ihre Aufgabe war die Kampflinie in der Nähe von Mogilew in Weißrussland gegen die Russen zu verteidigen. Am Abend geschützt durch die Dunkelheit, zogen wir in unsere Stellung ein. Mein neues zu Haus war ein Loch im Erdboden. Der Bunker, wie wir es benannten, war mit der Hauptkampflinie verbunden. Eine Gruppe von ungefähr sechs bis acht Männern besetzte den Bunker. Ungefähr 40 Meter vor uns hatten wir eine Stacheldrahtverwicklung. Ich könnte die feindliche Linie nicht sehen, aber ich konnte den Blitz ihrer Gewehre sehen. Ich dachte, dass ich glücklich war, an einem verhältnismäßig ruhigen Platz stationiert zu sein, wo nur wenig gekämpft wurde.
Nachmittag habe ich im Bunker geschlafen und in einem Traum, gesehen, wie ich verwundet wurde und wieder nach Deutschland transportiert wurde. Da bin ich herausgegangen und habe mich herumgeguckt, und alles war ruhig. Da dachte ich, das ist ja kaum möglich. Dann bin ich in den Bunker geeilt; denn ich wollte meine Bücher bei mir haben, wenn wirklich etwas geschehen sollte. Das Buch Mormon, Lehre und Bündnisse, die Glaubensartikel und das Neue Testament waren alle aufbewahrt in einem Loch in der Wand des Bunkers. Ich habe sie alle mitgenommen.
Nachts musste ich kontrollieren. Alles war ruhig und in bester Ordnung. Am Morgen ist die Sonne aufgegangen. Auf der anderen Seite war der Gruppenleiter. Plötzlich eine laute Stimme: „Iwan im Graben“ Ich wollte meine Einheit einsetzen aber der Angriff war auf der anderen Seite, aber wir waren unter Beschuss, und der Salvo ist gerade über uns gegangen. Ich wollte sehen, ob der noch Iwan in der Nähe war, habe rübergeguckt und in dem Augenblick ist eine Granate vor mir geplatzt und ich habe Splitter ins Gesicht bekommen. Sanitäter haben mich bearbeitet und meinten, wenn Schmutz in die Wunde kommt, ist sie lebensgefährlich. Der Gruppenführer wollte, dass ich bleibe, „Du kannst machen, was du willst“, sagte er. Ich entschied mich dafür, ins Krankenhaus zu gehen und nahm im Wagen einen Schwerverwundeten mit. Ich wurde am 21 Juli verwundet. Im Krankenhaus konnte man mich nicht aufnehmen. Ich wurde in ein Erholungsheim geschickt.
In der Nacht bin ich aufgewacht und habe gesehen, dass alles in Aufruhr war. Alles hat gepackt, und versucht die Sachen zu Geld zu machen. Es wurde gesagt, der Russe sei durchgebrochen. Es hieß, dass am 22. Jul 1944 die Russen eine große offensive anfangen hatten. Während die darauf folgenden Angriffe in einem Zeitraum von drei Tagen über 28,000 deutsche Soldaten sind ums Leben gekommen. Aber ich hatte das Glück, ich möchte sagen, die Segnung, dass ich nicht mehr dabei war. Alle Kranken wurden am nächsten Morgen auf den Erholungszug geladen. Elf Leute konnten sie nicht mitnehmen. Ich war einer von den Elf. Ich wurde ins Krankenhaus zurückgeschickt und vier wurden nicht aufgenommen, ich war darunter. Nun sollte ich zum Stadtkommandanten gehen. Um vier Uhr sagte er, dass die Stadt um 6 Uhr zur Festung erklärt wurde. Keiner kommt rein und raus! Wir vier könnten machen, was wir wollten.
Wieder aus dem schönen Gebäude des Stadtkommandanten draußen, höre ich meinen Namen rufen. Da war ein großer Kraftwagen. Ich rief: “Halt, nehmt mich mit“. Sie haben mich mitgenommen. So bin ich aus Romberg herausgekommen. Ich habe niemanden wieder gefunden, alle, die im Erholungsheim, im Krankenhaus oder in den Zügen waren, sind später von den Russen eingeholt, gefangen oder getötet worden.
Ich erfuhr, dass die Russen durch unsere defensive Hauptlinie gebrochen hatten und in unsere Richtung umzogen. Später lernte ich, dass die Russen durch unsere Verteidigungslinie genau dort gebrochen hatten, wo ich verwundet wurde. Dieses war typisch, wenn es Angriffe geplant wurden. Wir taten es auch auf diese Weise. Genau am dem Tag, wo ich verwundet wurde, stellte der Russe fest, dass wir einen schwachen Punkt hatten und darauf folgte ein Hauptangriff. Die 20. Division wurde in Mogilew fast völlig zerstört; ganz wenig der Soldaten der Division sind am Leben geblieben. Unter anderem, der Zug, der verwundeten vom Erholungsheim weg von Mogilew bringen sollten wurde von russischen Soldaten angegriffen. Die Panzer, die sie hatten, waren schneller als der Zug. Die Soldaten, die versucht haben, vom Zug über die Felder zu rennen, waren alle von den Panzergeschützen runtergemäht. Wie gut es gewesen ist, dass ich nun besser verstand dieses Zitat aus den Heiligen Schriften. „Alles, was uns passiert, wird zum unserem Wohlbefinden wirken, wenn wir Gott lieben.“
Ich bin dann die Wilosina gekommen und habe in der Turnhalle übernachtet. Ein Militärpolizist hat uns am Morgen an der Straßenkreuzung gesammelt und uns in Wagen gepackt. Der letzte Wagen, der herausfuhr war ein Postwagen, herrlich eingerichtet, da gab es genug zu essen. Der nahm mich mit bis vor Minsk. Irgendwo habe ich übernachtet. Vor Minsk hat die Militärpolizei alle Lastwagen angehalten, alle Soldaten mussten herunter, außer mir, ich hatte einen Verwundetenschein bei mir. Bis heute weiß ich nicht, wie ich den bekommen habe. Gewöhnlich musste der im Krankenhaus abgegeben werden. So bin ich allein auf dem Lastkraftwagen gewesen.
In Minsk hält der Fahrer an und fragt:“ Krankenhaus oder Bahnhof?“ Übermüdet habe ich am Bahnhof geschlafen und höre: „Die nach Deutschland wollen, auf den Bahnsteig!“ Ich bin in den Zug gestiegen, habe mich ins Gepäcknetz gelegt und weitergeschlafen. Kurz vor Wilna bin ich aufgewacht. Dann bin ich weiter nach Warschau und bis nach Deutschland gefahren. In Deutschland bin ich im Krankenhaus in Kirchheim in der Lausitz operiert worden. Ich bin nach 8 Tagen wieder zur Armee zurückgeschickt worden. Die 12. Division war völlig zerstört in der Schlacht bei Mogilew und sollte nun wieder aufgestellt werden. Diesmal bin ich an die Westfront gekommen. Dort waren die Alliierten durchgebrochen. Es waren keine deutschen Soldaten, die noch Widerstand leisteten. Vor Aachen sind wir ausgeladen worden. Sind ein Stückchen marschiert und haben angehalten. „Einigen, nach allen Seiten Sicherheit halten. Widerstand zeigen“ Das war ein Todeskommando.
Morgens früh sind wir den ersten Angriff gelaufen. Wir wurden von Panzern beschossen. Im Wald haben wir uns wieder gesammelt. Mittags haben wir den nächsten Ort angegriffen. bin immer wieder durchgekommen. Dann hat man uns herausgezogen und wieder neu aufgestellt. In der Dunkelheit sind wir in die Stellung eingesichert und haben angegriffen. Ich hatte den Helm auf dem Kopf, aber den Riemen nicht festgemacht. Ein Granatsplitter hat den Helm vom Kopf gerissen, aber nicht den Kopf. So bin ich hier herausgekommen.
Einmal war ich ungehorsam. Wir waren lang in Stellung und wurden angegriffen. Der Kompaniechef war nicht da; er wollte einen Gegenangriff machen. Mit dem Gewehr gegen Panzer laufen. Ich habe das verweigert. Alle andern sind gegangen. Wir waren vollkommen aufgerieben. Ich bin zur Küche gegangen, war allein, keiner ist zurückgekommen. Sie haben mich dann in eine Gruppe, von aufgegriffenen Soldaten eingeteilt, keiner kannte den anderen und sollte hinter einer Straßenböschung liegen. Wenn wir so liegen, sind wir Kinder des Todes. Ich hatte einen Mantel an und darunter den Dienstgrad versteckt. „Sie machen, was ich Ihnen befehle!“ ist uns gesagt worden. Ich wollte nicht mehr. Ich bin am Abend in der Dunkelheit ins Quartier nach Bad Godesberg gewandert. Dort habe ich den Abend verbracht und bin am nächsten Tag an den Rhein gewandert. Dort habe ich mit einem Soldaten gesprochen, der den General über das Wasser in einem Ruderboot bringen sollte. Der hat mir versprochen, mich mitzunehmen. Mittags hieß es, der General geht nicht hinüber.
Am Rhein habe ich ein Paddelboot gesehen, habe meine Jacke ausgezogen und bin losgepaddelt. 20 Meter vom Ufer entfernt fiel der erste Schuss. Ich wusste nicht, wie weit die Alliierten entfernt waren. Ich habe mich klein gemacht und bin gepaddelt – wie als Zielscheibe für Übungsschiessen – fast bis zur anderen Seite. Die Steuerleine ist gerissen, da bin ich mit dem Boot auf etwas gestoßen, bin herausgesprungen, bin auf den Damm gefallen, habe die Jacke genommen, ein Schuss, ich habe mich aufgerafft und bin in eine Böschung gekrochen. Es kam ein Soldat. “Wo bist du verwundet?“ So schnell wie möglich zum Arzt. Sie haben einen Schwimmwagen aufgehalten und bringen mich zum Verbandsplatz. Er hat mich mit dem Wagen mitgenommen und mich am Verbandsplatz liegen gelassen. Es war ein schöner Tag. Nach einer Weile kam ein Sanitäter. Er wollte mir Wasser zu trinken geben, aber das durfte ich, mit meinem Bauchschuss, nicht. Dann haben sie mich in der Dunkelheit zum Kloster gefahren. Der Arzt wollte keinen nehmen. Fahrer und Arzt standen einander gegenüber. „Sie sind verantwortlich für andere Vier, die sich im Auto befinden.“ Ich weiß nicht, wie der Operationssaal war. Später lag ich in einem Grossen Saal. Dann war Alarm, alle sind gelaufen, ich bin der einzige, der liegen geblieben ist. Ich bekam Morphium und wurde in den Keller gebracht. Dort haben zwei andere die letzte Ölung bekommen und sind gestorben. Eine Schwester hat Essen gebracht. Es hat so gut gerochen. Doch ich durfte nicht essen. Sie hat den Arzt gefragt. Ich habe es nicht gegessen. Der andere Soldat hatte auch eine Bauchverletzung, er hat gegessen und war am nächsten Morgen tot. Ich habe eine Milchsuppe bekommen und blieb am Leben.
Nachdem ich in einigen Krankenhäusern geblieben war, wurde ich am 23. März 1945 nach Lüdenscheid-Barklo transportiert. Nur meine Ausgangswunde von der Gewehrkugel war teils geöffnet und wollte nicht heilen. Ich könnte herum gehen und erhielt Erlaubnis, das Krankenhaus zu verlassen, und in die Stadt zu gehen. Jetzt gingen Sachen schnell. Die deutschen Ärzte erklärten mich geheilt. Trotzdem meine Wunde war noch offen und voll von Eiter. Außerdem schleppte ich meinen linken Fuß. Ich wurde dann den 8. Mai 1945 in ein Kriegsgefangenlager transportiert. Es war der Tag an dem Deutschland Frieden mit dem Rest der Welt wiederherstellte. Alle wurden nach Lüdenscheid verlegt.
Wir sind dann in Gefangenschaft gekommen. In der Gefangenschaft war es nicht einfach, weil Hass da war. Ich arbeitete im Bergwerk. Mir ist es nie schlecht gegangen. Zwei Mal war ich verschüttet. Dann habe ich bei einem Bauer gearbeitet. Ihm habe ich seine Mühle repariert. Er gab mir die Kleidung seines Sohnes und führte mich überall als seinen Kriegsgefangenen vor. Endlich kam der Tag, der 21. November 1947, an dem ich vom der Kriegsgefangenschaft entlassen wurde. Ich fuhr an die Grenze von Ost- und Westdeutschland. Mein Vater war im Konzentrationslager seit dem 19. Juli 1945, zuletzt in Waldheim. [Er wurde erst in 6. Oktober 1952 entlassen]. Ein Bekannter hatte den Russen gesagt, er sei Nazi gewesen, was nie der Fall war. Es gab keine Wahl für mich. Die Soldaten, die zurückkamen, die Kriegsgefangenen, waren in einem schrecklichen Zustand. Ich habe mir vorgenommen von morgens bis spät zu arbeiten. Vom Auffanglager kam ich nach Hause. Meine Mutter war überrascht.
In unserer Gemeinde zu Hause war Elder Kupitz, und Herbert Heitlin. Wir beide haben gleich harmoniert und ich bin öfters mit ihm missionieren gegangen, denn sein Mitarbeiter war in Demmin. Elder Kupitz hat neue Freunde gebracht. Ein Ehepaar mit Tochter. „Wieder so ein Langer“, sagten sie. „Einer, der das Wort der Weisheit hält“. Ich suchte Arbeit und hatte gebetet, wohin der Herr mich führte. An der ersten Stelle hatte ich nicht das Gefühl, dass ich anfangen sollte.
Als Werkzeugmechaniker bin ich an der zweiten Stelle geblieben. Wir wurden durch einen Arbeitskollegen, zu den Zeugen Jehovas eingeladen. Gerhard Kupitz und ich gingen hin, um zu hören, was die zu sagen hatten. Gerhardt Kupitz hat immer phantastische Antworten gegeben – wir haben aus der Schrift vorgelesen und sie wieder zu uns eingeladen. Nachher haben wir uns mit der Familie unterhalten. Damals wurden fünf Zeugen Jehovas getauft. Dann haben wir alle in unsere Gemeinde eingeladen. Würden sie kommen? Alle kamen zur Sonntagsschule. Am Heimweg haben wir beide, vor Freude, unsere Hüte in die Luft geworfen. Es war eine interessante Zeit mit Gerhard Kupitz, wir haben gut zusammengearbeitet.
Während eines Besuchs in unserer Gemeinde im Juli 1948, nahm Bruder Walter Krause mich beiseite und bat mich, der Gemeindepräsident in Neubrandenburg zu werden. Ich erklärte ihm, dass ich bereit sein wäre, das zu tun, aber dass ich mich in dieser Position sehr unbeholfen glaubte. Ich erklärte ihm, dass ich keine Ansprache gut geben könnte. Ich kannte die Schriften, aber ich hatte noch nicht erlernt, wie man sie an den anderen weitergeben konnte. Er erklärte mir, dass ich das alles bald lernen würde, und dass der Herr mir dabei helfen würde.
Eines Tages erhielt ich einen Brief von der Birth Familie, die ich häufig in Schneidemühl besucht hatte. Ich hatte sehr wenig geschrieben, seitdem ich vom Kriegsgefangenlager zurückkommen war. Aber jetzt luden sie mich ein, die Familie in Cottbus zu besuchen. Sie hatten ihr Haus, Geschäft und alles, was sie in Schneidemühl hatten, verloren. Vater Birth hat wieder sein eigenes Geschäft in Cottbus. Ich wollte die Familie sehr gern wieder sehen. In den Jahren hatte ich an Edith geschrieben und wollte wissen, wie es ihr und ihrer Familie ging. Ich wollte meine Freundschaft mit ihnen erneuern. Ich sprach mit meiner Mutter darüber, was wir tun könnten. Ich fuhr mit dem Zug nach Cottbus, was in jenen Tagen keinen Spaß machte, um Familie Birth zu besuchen. Es gab große Freude, als ich die Geburtsfamilie traf. In ihrem Hause in Schneidemühl fühlte ich mich immer willkommen, und so war es dieses Mal auch. Sie sahen etwas anders aus, denn Vater und Mutter hatte Gewicht verloren. Aber sie waren gesund und hatten noch ihre große Liebe für einander. Mutter Bertha was noch immer dieselbe; sie hatte auf meine Wohlfahrt aufgepasst. Wie in der Vergangenheit, zeigte sie mir ihre Liebe und ich muss ehrlich sagen, dass ich sie liebte bereits in Schneidemühl. Ich nannte sie „Mama“ und Vater Birth „Vater“, weil sie mich wie ihr Sohn behandelten.
Vater Birth wurde am Ende des Krieges ins Militär eingezogen. Er wurde von den Russen gefangen genommen, und im Kriegsgefangenlager erhielt er eine Infektion in seinem rechten Arm. Um sein Leben zu retten, wurde seinen rechten Arm amputiert. Er wurde entlassen, damit er nach Hause gehen konnte. Er nahm Verbindung mit dem Missionsheim in Berlin auf, und dort wurde es ihm erklärt, wo er seine Familie finden könnte.
Irgendwann habe ich geschrieben, ob ich in Cottbus vorbei kommen könnte. Wir haben dort Geschwister und Freunde besucht und etliche junge Damen, Eine Schwester in unserer Gemeinde, war blind und gelähmt. Wir alle haben für sie gesorgt, so dass sie ein Teil der Gemeinde war. Wir haben sie besucht. Wir kamen danach wieder hin und sie sagte: „Ich gratuliere zu Ihrer Verlobten“. „Ich bin nicht verlobt.“ antwortete ich. „Sie ist nicht ihre Braut, Rohloff, was Feineres können Sie nicht finden!“ Immer, wenn ich Kummer hatte, bin ich zu Schwester Jeschonek gegangen. Sie war so belesen. Wir sprachen über Vieles. Am Heimweg von ihr, machte ich einen Umweg und überlegte, was wir besprochen hatten.
Zu meiner Mutter sagte ich „Muttl, ich nehme morgen eine Woche frei und fahr nach Cottbus.“ Wie immer, habe ich mich dort wohl gefühlt. Zwei oder drei Mal haben wir uns getroffen, dann habe ich sie gefragt, ob sie meine Frau werden wolle und gab ihr den ersten Kuss. Dann ging ich zum Vater ins Wohnzimmer, ob er einverstanden sei, dass ich seine Tochter heiraten möchte. „Du weißt, dass ich dich wie einen eigenen Sohn liebe.“ Die Mutter meinte, wir sollten bis Mai warten. Aber wir haben am 10. Februar geheiratet.
Wir konnten uns verbessern Die Gemeinde war gut geführt. Mein Ratgeber hat bei der Eisenbahn gearbeitet. Er hat uns geholfen beim Möbel und Holztransport. Wie ich mit den Ratgebern so zusammensitze, klopft es an der Tür. „Polizei, sofort aufmachen!“ Herr Neumann ging zur Tür. „Herr Rohloff?“ „Ja das bin ich.“ „Kommen Sie sofort mit zum Hauptquartier!“ Frauchen war in der Küche, kommt und fragt: „Was ist los?“ „Herzle, ich muss zum Hauptquartier.“ „Ich komme mit und wenn wir nach Sibirien müssen, wir gehen beide!“ Nachts sind wir, neben den Polizisten, die Strassen lang gewandert. Die Polizisten haben uns gemeldet. Der eine sagte: „Den kenn ich, ein religiöser Fanatiker, und kein amerikanischer Spion!“
Etwas über zwei Jahre war ich dann auf Mission. Bald nach unserer Heirat ging ich und habe mehrmals als Gemeindepräsident gedient in Gera, in Gotha, in der Gemeinde Erfurt und in der Distriktsleitung Leipzig. Von da ging ich nach Zwickau und nach Halle und dann nach Hause.
Für mich steht das Werk des Herrn an erster Stelle und der Nächste. Dasselbe gilt auch für meine Frau und der Glaube an Jesus Christus.