Ulbersdorf, Schlesien
Mein Name ist Gerhard Meissner. Ich bin im Jahre 1939 in Ulbersdorf, Schlesien geboren. Im Jahre 1929 bekamen die Eheleute Max und Elisabeth Meissner, geborene Maroschek, in Ulbersdorf, Schlesien [im heutigen Polen] ihre ersten Zwillinge Sonja und Brunhilde. Der Vater Max Meissner war bei Herr und Frau von Mossner, die ein Schloss in Ulbersdorf besaßen, als Forstarbeiter beschäftigt, Elisabeth als Bedienstete. Dann gebar sie Tochter Waltraut, Tochter Brigitte, dann der erste Sohn Joachim. Nach vier Jahren 1939 kam ein weiterer Sohn Gerhard und nochmals gab es Zwillinge Hannelore und Ursula. Von nun an waren sie eine richtige Großfamilie.
Im Jahre 1939, brach der Zweite Weltkrieg aus, alle geeigneten Ehemänner, Söhne und Brüder wurden eingezogen. Wegen der vielen Bombenangriffe die es auf Berlin gab, zogen einige Familien auf das Land. Sie fanden dort den Schutz, den sie suchten, um die Kriegswirren zu entrinnen.
Mein Vater, Max Meissner, wurde in den Polenfeldzug beordert, und dann nach Dänemark versetzt. Es war eine sehr schwere Zeit, für so eine große Familie, ohne Vater und Ehemann. Alles wurde rationiert, es gab keine Kohlen, gerade in diesem Jahr hatten wir uns mit Heizmaterial schlecht eingedeckt. Die größeren Kinder hatten keine Schule, es gab auch dort kein Brennmaterial, die Klassenräume konnten nicht beheizt werden. Es drohte ein strenger Winter, wir legten alle Matratzen auf den Fußboden, in einen Raum eng zusammen, um uns gegenseitig zu wärmen. Es war furchtbar zu sehen, wie die Kinder im Bett froren und zu essen gab es auch nichts Besonderes.
Unser Vater Max wurde, schließlich wegen Kinderreichtum wieder nach Hause entlassen. Er bekam eine Stelle bei der Bahn als Lokomotivheizer, so war er doch in greifbarer Nähe. So mussten wir 1944 unser geliebtes Ulbersdorf verlassen, um nach Rathe, Kreis Oels [Oleśnica] eine kleine Stadt in der Nähe von Breslau [heute Wroclaw, Poland] umziehen.
Vater und Mutter waren für mich, wie Adam und Eva. Patriarchen. die uns mit sicherer Hand, freundschaftlich und ohne großen Zwang, durch dieses Leben begleiteten. Sie lehrten uns Glaube, Hoffnung und die Fähigkeit mit Ausdauer und Freude zu arbeiten, Ziele zu setzen und diese sicher und kraftvoll zu erreichen. Ich denke an das Zauberwort „ich will“, das mir Mutter beigebracht hat. Es hat mir geholfen viele Aufgaben und Schwierigkeiten. die mir schwer vielen. zu meistern. Sie zeigten uns die Schönheiten der Natur, die wir achten und lieben lernten. Sie vermittelten uns durch ihr Wort und Beispiel einen tiefen Glauben und großes Vertrauen zu unserem Vater im Himmel Sie legten den Grundstock für unseren festen Glauben und die Liebe an unseren Heiland und Erlöser, Jesus Christus.
Eines Nachts wurden wir durch eindringliches Läuten geweckt, wir fragten uns was ist den was nun los? Wir bekamen die Anweisung uns mit Kind und Kegel auf dem Marktplatz zu versammeln.
Mit acht Kindern hatte unsere Mutter sehr viel zutun, es wurde in Windeseile das Nötigste zusammen gepackt. Die Kleidung die wir auf den Leib trugen, noch ein bisschen Ersatz ein Federbett und ein Kopfkissen. So standen wir die ganze Nacht bei minus 30 Grad, mit vielen Wartenden auf dem Platz. Alle anderen Familien wurden auf Trecks verladen. Nur zwei Familien blieben zurück, das waren die Familie Meissner und noch eine weitere sehr Große. Natürlich waren wir einmal sehr enttäuscht. Doch hatten wir auch Glück im Unglück, wie wir später erfuhren, die uns vorausgegangen Flüchtlinge liefen direkt der russischen Armee in die Hände und mussten ihr Leben lassen.
Unser Vater Max arbeitete bei der Eisenbahn als Lokheizer, etwa 40 Kilometer entfernt, bei Liegnitz, heute Legnica. Er konnte während seines Dienstes, in den Güterzügen, Stimmen von Personen vernehmen. Mit seinen Schlüsseln öffnete er die Waggons, zu seinem entsetzen, konnte er dichtgedrängte Menschengruppen sehen. Er erfuhr, dass die Armeespitzen aus Russland schon ganz in unserer Nähe sind, wir müssen hier schnell weg. Er nahm sofort sein Fahrrad und verließ seinen Arbeitsplatz, um seine Familie zu warnen und zu beschützen. Bei hohem Schneetreiben fuhr er nach Hause. An einer Kreuzung angekommen, wusste er nicht weiter, er frag den Herrn, welcher Weg wohl der Richtige sei. Es war alles so unkenntlich verschneit, eine vernehmbare Stimme wies ihn in seiner großen Aufregung und Sorge den rechten Weg.
Seine Familie fand er noch auf dem Marktplatz vor, er berichtete von seinen Erfahrungen. Er bewegte sie alle noch einmal nach Hause zu gehen, alles mit zunehmen was sie tragen konnten, vor allem mehr Bettzeug. Er wusste, von nun an, dass die Aussage nicht stimmt, wir kommen ja wieder zurück. Am nächsten Tag besser ausgerüstet, verließen wir für immer unser geliebtes Heimatland. Niemand wusste in diesem Augenblick wohin die Reise geht, eines war sicher, nur schnell weg von hier. Auf in das Unbekannte, dort wo der Herr uns haben will.
Wir wurden auf offenen Güterwagen verladen, aber wir hatten keine Lok die uns ziehen konnte. Endlich hörten wir eine Dampflok pfeifen, alle jubelten und jauchzten vor Freude, unser Vater hatte sie herbei gebracht. Ganz schnell wurde die Lok mit Wasser und Kohle versorgt, nun kann es losgehen. Doch die Lok war viel zu schwach sie konnte den schweren Zug nicht fahren. Unser Vater sagte anschließend, er hat den Ofen so auf Hochtouren gebracht, dass der Kessel fast geplatzt wäre langsam schleppend, ging die Reise los. Wir fuhren aus dem Bahnhof heraus und die russischen Panzerspitzen fuhren in die Stadt hinein. Wir beteten alle zu unserm himmlischen Vater, dass er diese Fahrt segnen möge.
Unsere Reise war sehr beschwerlich, bei klirrender Kälte mit den offenen Güterwagen. Wir Kinder saßen auf unserem Gepäck. Unsere Mutter sehe ich heute noch vor mir, wie sie auf engsten Raum, 12 Stunden lang stehend, geduldig ausharrend, um uns zum Teil kranken Kindern, die Flucht so angenehm wie möglich zu machen. Als sie dann in Friedberg aussteigt, wird sie ohnmächtig und fällt um. Das war ein großer Schock für mich als Sechsjähriger, in mir brach eine Welt zusammen. Ich konnte mich meiner Tränen nicht erwehren. Inbrünstig bat ich den Herrn, meine Mutter nicht von uns zu nehmen.
Unser Vater war immer dabei, er tat als ob er im Dienst sei, er half allen Menschen die in Not waren. Heute würde man ihm einen Verdienstorden verleihen, damals hätte man ihn standrechtlich erschossen. Doch auf diesem schweren Weg, gab es auch viele Todesopfer zu beklagen, die vor Hunger und unsagbarer Kälte fast 40 Grad minus, krank wurden. Man sah wie kleine Kinder erfroren sind, man musste sie auf das freie Feld hinaus werfen, man konnte sie nicht einmal begraben.
Nach einigen Umwegen kamen sie nach Gasseldorf, in die Fränkische Schweiz, Bayern, Westdeutschland. Die Einwohner bekamen den Auftrag, zusammen zu rücken um uns Flüchtlinge aufnehmen, das war nicht immer leicht und mit großer Freude verbunden. Wir bekamen in einer Gastwirtschaft, den oberen Raum, mit 40 qm für Zehn Personen. Dort fing für uns ein neues Leben an, fernab von unserer geliebten Heimat. Unser Vater bekam wieder bei der Eisenbahn, eine Stelle, als Streckenarbeiter. Es war eine schwere körperliche Arbeit, bei großer Hitze, wie auch Kälte und schlechter Ernährung. Er war mehr als 12 Stunden täglich unterwegs. Nach dem Krieg war alles knapp. Die Menschen die aus dem Osten herüber gekommen sind, hatten kaum Kleidung, keine Nahrung wir litten großen Hunger, auch Brennmaterial war nicht vorhanden. Mit neun Jahren mussten die Kinder bereits beim Bauern arbeiten, um ein Stückchen Brot zu bekommen und Holz im Wald beschaffen, damit man etwas Kochen und Heizen konnte. Es herrschte eine sehr große Armut. So erinnere ich mich an eine Begebenheit, unsere Mutter hatte eine einfache Wassersuppe gekocht, sie stand dampfend auf dem Tisch. Hannelore und Ursula meine Schwestern und ich Gerhard, schmiegten uns dicht an unsern Vater. Von Hunger geplagt, verfolgten unsere gierigen Augen, jeden Löffel Suppe, der in seinem Mund verschwand. Nach dem Vater den fünften Löffel gegessen hatte und sein Magen noch vor Hunger knurrte, schob er uns den Teller hin und sagte: „Esst Kinder ich habe keinen Hunger mehr“.
Oder ich sehe unsere Mutter um vier Uhr morgens aufstehen. Mit zwei Taschen, geht sie auf die umliegenden Berge, in die Dörfer, von Haus zu Haus, von Bauer zu Bauer, um Brot für uns hungrigen Kinder zu betteln. Als sie morgens um sieben Uhr schweißgebadet zurück kam und wir gerade aufgestanden waren, um uns für die Schule fertig zumachen, schüttet sie zwei Taschen mit Brotstücken auf den Tisch. Wie ausgehungerte, gierige Löwen stürzten wir uns auf die Beute, nicht ein Stückchen blieb übrig.
In dieser schlechten Zeit haben wir als Familie die Kirche kennengelernt. Eine Familie aus Norddeutschland, Geschwister Hansen zogen zu auf das Land, nach Ebermannstadt, sie waren das erste Missionarsehepaar und sie brachten uns das Evangelium. In unserm Heim in Gasseldorf hielten wir dann die ersten Versammlungen ab. Alles in einem Raum, wir Zehn Personen haben dort geschlafen, gespeist, gelebt, gesungen und dann den Herrn verehrt. Die Mitglieder kamen von überall her, von Nürnberg, Bamberg teils mit der Eisenbahn und teilweise zu Fuß um an der Abendmahls-Versammlung teil zunehmen.
Es herrschte eine tiefe, tiefe Not, auch bei allen Mitgliedern. Aber es gab keine Kälte, keine geistige Kälte, wir rückten immer näher zusammen und stärkten uns gegenseitig. Was uns sehr geholfen hat, das waren die Spenden, die wir von den Mitgliedern aus Amerika bekommen haben. Es kamen viele Lebensmittel nach Nürnberg, sie wurden dann unter uns verteilt. Es war ein großer Segen für uns alle, einmal die köstlichen kalifornische Pfirsiche, das Büchsenfleisch und den geteilten Weizen zu erhalten, es hat uns das Leben gerettet. Es war eine der größten Liebesbeweise von unseren Brüdern und Schwestern aus Amerika, an uns Mitgliedern in Deutschland.
Wir haben auch mit vielen Freunden geteilt, dadurch haben sich viele Herzen für das Evangelium geöffnet und viele wunderbare Seelen haben die Botschaft empfangen. Wir haben zweimal Präsident Benson erlebt, als er hier in Deutschland war. Er hat uns alle geistig gestärkt und aufgebaut. Er hat uns Visionen gegeben und ich weiß, das war das Wichtigste für uns, was wir für diese Zeit brauchten, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, auch im Materiellen. Er sagte uns, dort wo Geist ist verändert sich auch das Materielle, das Wirtschaftliche. Er hat sich für uns eingesetzt, wir waren glücklich ihn in unserer Mitte zu haben.
Aus dieser Familie Meissner mit ihren zehn Personen und ihrer Nachkommenschaft könnte man heute eine große Gemeinde ausfüllen, wie sagt der Herr: „Aus Kleinem entspringt ganz Großes.“
I would like to come into contact with Mr. Gerhard Meissner. I live in Wojcieszyn pow. Złotoryja (German: Ulbersdorf kreis Goldberg) in Poland. I would like to know if Mr. Meissner’s place of birth Ulbersorf is the same village I live in. If somebody would help me to come into contact I would appreciate it. I want to write a book on old times of Wojcieszyn. Thank you for help. I do not speak German, I prefer information in English.
Ich war auch im Jahre 1939 in Ulbersdorf/Schlesien geboren. (Familienname NOTZ) Jetz wohne ich seit 1963 in East Molne, Illinois,USA.
Ich bin auch in Ulbersdorf 1939 geboren (Familienname NOTZ)