Johann Georgenstadt, Erzgebirge, Sachsen

mormon deutsch rudolf paul josef meixnerMein Name ist Rudolf Paul Josef Meixner, geboren am 10. Dezember 1924 in Johann Georgenstadt im Erzgebirge. Mein Vater hieß Josef Meixner, und meine Mutter war eine geborene Eska, Marie. Unsere Kindheit war sehr schwer. Mein Vater hatte uns verlassen, und meine Mutter hat mich und meinen Bruder alleine erzogen. Wir hatten wenig Geld, mitunter gab es Zeiten, wo Mutter abends sagte: „Ich kann euch morgen kein Brot mit in die Schule geben, und ich habe auch kein Geld, um etwas zu kaufen.“ So gingen wir in den Wald und sammelten Beeren und Pilze. Meine Mutter hat Heimarbeit gemacht. Sie hat Tag und Nacht gearbeitet und wenig Geld dafür bekommen. Aber sie hat uns gut erzogen. Ich bin sehr dankbar, eine so gute Mutter gehabt zu haben. Es war wirklich eine sehr schwere Zeit. Ich bin dann in die Schule gekommen.

Als ich acht Jahre alt war, lernten wir einen katholischen Pfarrer kennen in Schwarzenberg im Erzgebirge. Dieser katholische Pfarrer hat uns geholfen. Das war ein wirklich guter, guter Mann. Er hat uns unterstützt in allen Bereichen. Ich bin dann in seinem Haus geblieben und bin bei ihm Messdiener geworden. So bin ich das erste Mal mit einer christlichen Kirche in Berührung gekommen, ohne zu wissen, dass es einen Gott gab. Ich habe die lateinischen Gebete gelernt und habe ihm bei der Messe gedient. Dieser Pfarrer, von dem ich immer nur mit Hochachtung sprechen kann, hatte sich ein Auto gekauft und in dem Betrieb gefragt, ob sie nicht einen Lehrling benötigen würden. So habe ich eine Lehrstelle als Autoschlosser bekommen. Durch die Hilfe des Pfarrers ist es mir also gelungen, eine dreijährige Ausbildung zum Autoschlosser zu machen. Nach Abschluss meiner Ausbildung kamen die Nazis. Da mein Vater ein großer Kommunist war, der viele große Kommunisten in der Welt kennen gelernt hatte, war er der Grund, dass wir ausgebürgert und somit staatenlos wurden. Ich war zu der Zeit siebzehn Jahre alt. Mir machte man das Angebot, Deutscher zu werden, wenn ich bereit war, zur Waffen SS zu gehen. Da bin ich mit siebzehn Jahren 1941 Soldat der deutschen Waffen SS geworden. Danach war ich vier Jahr im Krieg und zwar in Südfrankreich, Russland, Ardennen Offensive. In der ganzen Zeit des Krieges bin ich Panzerfahrer gewesen und nicht ein einziges Mal verwundet worden. Als der Krieg zu Ende war, kam ich in Österreich in amerikanische Gefangenschaft im Lager Wegscheit. Von da aus wurde ich verlegt in das ehemals berüchtigte KZ Ebensee 1 in Österreich. In diesem Lager sind zehntausend junger Menschen gestorben und wurden zu Tode geprügelt oder sind verhungert. Ich weiß es. Wir haben nichts zum Essen bekommen. Damals habe ich gesagt, dass ich keine Hochachtung vor den Amerikanern habe. Man hat uns junge Menschen beschuldigt, Kriegsverbrecher zu sein, obwohl ich nie gewusst habe, dass es in Deutschland KZ-Lager gegeben hat, in denen Menschen umgebracht wurden. Dieses würde ich unter Eid aussagen. Ich habe es am eigenen Leibe erfahren, dass wir es als junge SS-Leute in diesem Lager sehr schwer hatten. Wir wurden wirklich nicht gut behandelt. Ich möchte aber nicht mehr darüber sprechen. Ich lebe noch und habe es überstanden. Als wir entlassen wurden, kam ich mit dieser Einheit nach Paderborn. Ich habe in dem kleinen Ort Oerlinghausen ein Mädchen kennen gelernt. Ich konnte von hier aus nicht nach Hause zu meiner Mutter, die noch im Erzgebirge war, da ich bei der Waffen SS gewesen bin. So bin ich im Westen geblieben, und das war mein Glück. Ich habe Kameraden gehabt, die zurückgegangen sind. Sie wurden von den Russen sofort umgebracht. Es ist eine traurige Geschichte, die deutsche Geschichte, aber ich habe sie selbst erlebt. Noch einmal zurück zu meiner Einberufung zur Waffen SS. Ich hatte über ein halbes Jahr Ausbildung in Ellwangen an der Jagst. Von da aus sind wir zu einem Truppenübungsplatz nach Belgien gekommen. Dort wurden wir nochmals ausgebildet und sind dann von dort aus nach Marseille in Süd Frankreich verlegt worden. Dort war ich dann Panzerspee Wagenfahrer. Wir mussten uns gegen die Partisanen, die uns nachts immer angriffen, behaupten. Dann hieß es aber, dass wir nach Russland verlegt werden sollten. Alles wurde dann verladen, einschließlich unserer Panzer. Es ging quer durch Deutschland bis nach Kosel in Oberschlesien. Ich stand auf dem Panzer. Der Zug fuhr ziemlich schnell. Er fuhr wahrscheinlich über eine Weiche. Es gab einen starken Ruck, so dass ich vom Panzer auf das gegenüber liegende Gleis fiel und dort liegen blieb. In dem Moment habe ich nur gedacht, und dieser Gedanke ist heute noch in mir: „Du musst hier runter von den Gleisen, es kommt gleich ein Zug.“ Ich war auch gerade runter gekrochen von den Gleisen, ich hatte mir auch einige Brüche zugezogen, da kam auch schon der Zug. Ich wurde dann besinnungslos und wachte erst wieder im Lazarett Korsel in Oberschlesien auf. Dort wurde ich dann operiert. Als nach ein zwei Tagen der Stabsarzt kam, sagte ich zu ihm: „Ich muss hier raus zu meiner Einheit. Ich bin Panzerfahrer und möchte kämpfen.“ Daraufhin sagte er zu mir: „Jetzt bleiben Sie erst einmal ein halbes Jahr hier liegen. Sie brauchen nicht aufzustehen, das können Sie auch gar nicht.“ Vierzehn Tage später hörte ich im Wehrmachtsbericht, der immer abends kam, dass meine Einheit, die neunte Panzeraufklärungs-Abteilung in Tarnepol im Mittelabschnitt völlig aufgerieben worden ist. Und ich lag im Lazarett und bin dem Ganzen entgangen. Das ist für mich ein Wunder. Ich kannte den Herrn noch gar nicht, aber er kannte mich. Dieses ist ein Ereignis, welches mir in meinem ganzen Leben immer bewusst war.

Dieses Ereignis kam mir nach fünfzehn Jahren später wieder in den Sinn. Ich saß nach einer gescheiterten Ehe in Hannover in einer Bar und hatte sehr viel Alkohol. Ich war ganz tief unten. Da kamen junge Menschen von der Heilsarmee in dieses Lokal und sangen und sprachen von Christus. Ich dachte: „Was bist du doch für ein dummer Mensch. Diese jungen Menschen sauber und rein sprechen von Christus.“ In mir wurde der Wunsch wach: so möchtest du auch sein. Vierzehn Tage später lernte ich Missionare kennen, und drei Wochen später war ich getauft. Von dem Zeitpunkt an habe ich gewusst, dass mein ganzes vorheriges Leben vom Herrn gesteuert war. Und wenn ich heute noch manchmal Fehler mache und dann darüber nachdenke, dann weiß ich auch, dass der Herr mir vergibt.

Meine erste Ehe ist daran zerbrochen, weil ich im Übermaß Alkohol getrunken habe. Aber ich habe dann in Hannover nach fünfzehn Jahren wieder geheiratet. Mit dieser Frau war ich fünfzehn Jahre verheiratet. Meine Frau wollte damals unbedingt ein Haus bauen. Ich habe das Haus gebaut, und wir haben uns hoch verschuldet. Sie ging dann zu einem anderen Mann und hat Ehebruch begangen, obwohl wir im Tempel gesiegelt waren. Das war für mich nicht einfach, aber ich habe weiter gemacht. In dem halbfertigen Haus stand ich schon mit dem Strick zum Aufhängen auf dem Dachboden. „Du kannst einfach nicht mehr, für dich ist das Leben zu Ende, “dachte ich. Doch da habe ich meinen kleinen sechs Jahre alten Sohn gesehen und mir gesagt: „Das ist verantwortungslos und ichbezogen, was du hier vorhast, das darfst du nicht tun.“ Von diesem Zeitpunkt an war ich in der Kirche eifrig tätig. Im Jahr 1981 habe ich dann meine jetzige Frau kennen gelernt. Da begann für mich die richtige Missionsarbeit in der Kirche. Von dieser Zeit bis heute haben wir viele Menschen im Evangelium belehrt. Wir sind heute immer noch dabei, gesundheitlich ein wenig eingeschränkt, aber mit Freude. Ich weiß, dass Gott lebt und ich nichts Besseres tun kann, als ihm zu dienen.

Aber wieder zurück zu meinem Lazarettaufenthalt, der sich ja über einen langen Zeitraum hinzog. Nach diesem Lazarettaufenthalt konnte ich nicht zu meiner Einheit zurück, da diese ja aufgerieben worden war. Dann bin ich nach Riga Strand gekommen und habe mich bei der Kommandantur gemeldet. Von dort hat man mich nach Paderborn geschickt. Dort bin ich zur Leitstandarte der Waffen SS gekommen und habe den Panzertyp Tiger gefahren. Von dort wurden wir mit unserer Einheit nach Oerlinghausen verlegt. Dort hatte ich, wie schon erwähnt, meine erste Frau kennen gelernt. Ich möchte noch einmal herausstellen, wie gesegnet ich mich fühle. Ich habe erkannt, wo der Herr in meinem Leben überall lenkend eingegriffen hat. Ich habe zurückgefunden zum wirklich Wichtigen im Leben. Wenn heute jemand sagt, dass er es nicht schafft, vom Rauchen oder Alkohol zu lassen, dann muss ich ihm sagen: „Das gibt es nicht. Man kann es schaffen.“ Ich habe mit den Missionaren zusammen viele Menschen belehrt, die Alkoholprobleme hatten. Ich habe ihnen mein Zeugnis gegeben, dass es geht, und es gibt jemanden, der hilft. Doch man muss glauben, das ist der einzige Weg, um diese Hilfe in Anspruch zu nehmen. Für mich war mein Leben von der Zeit an, wo ich aktiv in der Kirche tätig bin, ein herrliches Leben.

Wir waren in Oerlinghausen kurz vor Kriegsende. Doch weil die Amerikaner schon kurz vor den Toren der Stadt standen, sind wir mit einem Truppentransporter bis nach Süddeutschland gekommen und zwar bis an die Grenze von Ungarn. Dort habe ich dann das Kriegsende an der österreichischen Grenze erlebt. Aber wir haben erst vierzehn Tage später erfahren, dass der Krieg zu Ende ist und bis zu diesem Zeitpunkt gekämpft. Als wir uns dann bei den Amerikanern meldeten, haben die uns an die Russen ausliefern wollen, weil wir zeitmäßig über das Kriegsende hinaus waren. Diese Ungewissheit, ob ausgeliefert werden oder nicht, war sehr schwer zu ertragen. Wir haben sogar einen missglückten Lagerausbruch unternommen. Aber wir sind bei den Amerikanern geblieben. Wir, von der Waffen SS, wurden in das berüchtigte Lager Ebensee transportiert.

Als ich dann entlassen wurde, bin ich wieder nach Paderborn zurück, wo ich meine erste Frau kennen gelernt habe. Sie ist inzwischen verstorben. Mit ihr hatte ich drei Kinder, von denen aber auch eines schon gestorben ist. Mit der zweiten Frau habe ich auch drei Kinder; doch auch von denen ist ein Mädchen schon tot. Dieser Tod war für mich ein ganz schreckliches Erlebnis. Sie ist durch eine Überdosis an Heroin gestorben. Ich bekam nachts einen Anruf von der Polizei, die sich zunächst danach erkundigte, ob ich Rudolf Meixner sei. Als ich dies bestätigte, sagten sie mir, dass sie meine Tochter tot aufgefunden hätten, gestorben an einer Überdosis Heroin

Um meine Ämter in der Kirche zu nennen: In Hannover war ich Gemeindepräsident, Gemeindemissionsleiter. In Freiburg war ich Ratgeber in der Bischofschaft; in Stuttgart war ich ein Mitglied des Hohen Rates. Eine meiner häufigsten Berufungen war immer wieder Gemeindemissionsleiter und die eines Hohen Rates, aber auch die eines Beauftragter für Grundstücke und Gebäude. Meine Bekehrung durch die Missionare ging so schnell, da ich schon bei der ersten Belehrung wusste und mir sagte: „Rudi, darauf hast du gewartet, das ist die Änderung deines Lebens!“ Und so war es auch. Von dem Zeitpunkt an wusste, ich mein Leben ist von Gott gesteuert. Es mag nicht für wahr klingen, was ich erzähle, doch in mir sind das feste Wissen und das Zeugnis. Auch wenn unsere Kinder uns besuchen, sagt manchmal der eine Schwiegersohn: „Es gibt den Urknall, und du glaubst an die Bibel!“ Ich sage: „Ja.“ Und er meint: „Das glaube ich nicht.“ Und das tut weh, aber ich kann es nicht ändern

Missionare aus Hamburg haben einen Film gemacht, in dem meine Frau und ich mitgewirkt haben. Das Projekt hieß Moroni. Es wurde dargestellt, wie man Missionsarbeit macht. Daher haben wir jede Woche in unserer Wohnung vier oder fünf Menschen gehabt, die wir belehrt haben. Einige davon sind auch getauft worden. Eine junge Frau, die heute noch in Hannover lebt, die von meiner Frau gefunden wurde und bei uns belehrt wurde und auch nach vier Wochen getauft wurde, mit der wir immer Kontakt hielten, auch nachdem wir nach Freiburg gezogen sind, rief uns eines Tages an und sagte: „Ich habe mich vorbereitet, in den Tempel zu gehen. Könnt ihr mitkommen?“ Wir sind dann mit dieser Frau nach Zollikofen in den Tempel gefahren. Sie hat uns auch ausgesprochen liebevolle Dankesbriefe geschrieben, dass wir sie zur Kirche geführt haben. Wir selbst haben am 5. April 1982 geheiratet und sind einen Tag später im Tempel gesiegelt worden.

Es gab einen Brief von meinem Bruder in dem steht, dass meine Mutti mich noch einmal besuchen wollte. Als sie da war, hatte ich zwei Missionare eingeladen. Diese Missionare haben sie sofort belehrt. Und drei Wochen später wurde meine Mutter von mir getauft. Sie fuhr dann wieder nach Hause. Ich brachte sie zum Bahnhof nach Hannover, und ich hatte ihr verheißen, dass ihr nichts geschieht an der Zonengrenze. Sie hatte nämlich viele Dinge mitgenommen, die in der DDR nicht erlaubt waren, mitzubringen. Sie wurde gar nicht untersucht. Man hat sie einfach nicht gesehen. Nach vierzehn Tagen oder vielleicht auch etwas später kam ein Brief mit Nachricht: „Du, Rudi, Mutti ist gestorben. Du musst zur Beerdigung kommen.“ Nach so einer Nachricht durfte man in die DDR reisen. Ich habe mich dann auf den Weg gemacht und habe die Beerdigung geleitet in meinem Heimatort. Auch am Grab habe ich gesprochen. Da kam ein Schulfreund von mir und fragte: „Sag mal, freust du dich, dass deine Mutter gestorben ist?“ Ich sagte: „Wieso soll ich mich freuen?“ „Ja, du machst eigentlich nicht den Eindruck, dass du traurig bist“. Sagt er. „Ich bin auch nicht traurig, ich freue mich, dass ich meine Mutter wiedersehen werde.“ Er hat nur mit dem Kopf geschüttelt. Dann wollte ich noch wissen, wie meine Mutter gestorben ist. Ich bin nach Schwarzenberg gefahren zu dem Altersheim, in dem sie gelebt hatte. Dort habe ich die Heimleiterin nach ihrem Tode gefragt. Sie sagte: „Herr Meixner, das ist eine sonderbare Geschichte. Ihre Mutter hatte gesagt: „Holen sie alle Stühle herein. Hier sind so viele Leute, alle weiß gekleidet. Sie haben alle keinen Platz. Holen sie Stühle her, damit diese Menschen sich setzen können.“ Und dann ist sie eingeschlafen.“ Meine Mutti hatte schon in die andere Welt geschaut. Diese Dinge passieren. Und ich bin sehr dankbar, dass ich weiß, dass die Kirche wahr ist.

Wir haben auch den Bruder Wanke, der in der Nähe von Hannover lebt, für den Tempel vorbereitet und sind dann mit ihm zum Tempel gefahren. Als ich im celestialen Raum saß, kam er durch den Vorhang, nahm mich in den Arm und weinte. Ein weiteres Ereignis hatte ich mit einem älteren Bruder, Fritz Butematt aus Barsinghausen bei Hannover, der sonntags immer in die Versammlung kam und morgens schon um vier Uhr aufstehen musste, um rechtzeitig zu den Versammlungen zu kommen. Eines Tages beauftragte mich der Bischof, diesen Bruder zu besuchen, um ihm zum achtzigsten Geburtstag zu gratulieren. Als ich mit meinem Heimlehrpartner bei ihm eintraf, kam er auf mich zu und sagte: „Es ist gut, dass ihr kommt, ich habe etwas für den Herrn.“ Er gab mir dann ein Päckchen, und ich fragte ihn, was in dem Päckchen sei. Er sagte: „ Das ist mein Zehnter.“ Ich sagte zu ihm: „Das muss ich aber nachzählen.“ Er antwortete: „Das brauchst du nicht, es ist für den Herrn.“ Als ich wieder zu Hause war, habe ich in Gegenwart meiner Frau das Päckchen geöffnet. Als ich sah, was drinnen war, habe ich geweint. Der Bruder hatte mir für den Herrn zehntausend Mark anvertraut. Von dieser Zeit an habe ich keinen Monat versäumt, unseren Zehnten zu zahlen