Völklingen, Saarbrücken, Saarland
Mein Name ist Frieda Emma Reimann, geborene Prasse. Am 15. Dezember 1921 bin ich als drittes Kind in die Familie Prasse rein geboren. Mein Vater heißt Friedrich Prasse und meine Mutter Elisa, geborene Gerwert. Ich habe noch zwei Geschwister, eine altere Schwester, die 1919 geboren ist, mein Bruder war 1920 geboren. Wir hatten ein sehr gutes Elternhaus. Unsere Eltern waren verständige und fleißige und ehrliche Menschen. In Völklingen bei Saarbrücken bin ich geboren. Das ist in der südwestlichen Ecke von Deutschland dicht an der französischen Grenze. Wir haben ein sehr gutes Zuhause gehabt. Meine Eltern hatten immer Zeit fair uns, wir konnten mit jedem Problem zu unseren Eltern kommen, da wurde darüber gesprochen, wenn wir etwas verkehrt gemacht hatten wurden wir ermahnt oder getadelt, aber es war alles in gutem und harmonischem Verhältnis gewesen. So ist meine Kindheit sehr schon gewesen. Meine Eltern sind sehr gläubige Lutheraner gewesen und der evangelische Glaube ist sehr Lief verankert und wurde im täglichen Leben umgesetzt.
Wir wurden bescheiden erzogen, ehrlich wurden wir erzogen, wir mussten gehorchen, fleißig mit arbeiten. wir mussten pünktlich sein und all diese Dinge, die haben wir zu Hause gelernt. wo es aber auch liebevoll zuging. Mit sechs Jahren kam ich in die Volksschule, die ich acht Jahre besuchte, meine Schwester besuchte auch die Volksschule, mein Bruder war auf dem Gymnasium. Später hat meine Schwester, Krankenschwester gelernt, und sie war ein in Zehlendorf Berlin auf der Schwesternschule, nachher war sie in der Ausbildung in Elberfeld. Ich selber erlernte den Beruf der Frisörin nach meiner 8jährigen Schulzeit.
So war unsere Familie zusammen in Saarland bis zur Evakuierung im September 1939. Ich selber war im Urlaub am Bodensee gewesen vom 12. bis 24. August wegen der Kriegsunruhen die damals herrschten konnte ich nicht nach Hause ins Saarland zurück. und bin nicht mehr nach Hause gekommen. Man sprach ja davon, dass der Krieg sich an der Westfront abspielte und ich am 24. August zurück wollte. Die Deutsche Reichsbahn hatte sich schon auf Krieg eingestellt da gab es nur noch Militärbetrieb und kein Zivilverkehr mehr. So bin ich noch ein paar Wochen am Bodensee geblieben, bin zum Bürgermeister und musste mich da melden. Ich konnte noch die Wochen da bleiben, zu dieser Zeit wusste ich nicht wo meine Familie war, weil die Bevölkerung im Saarland evakuiert war und man nicht wusste wo die Menschen hin gekommen waren, ich war damals 17 Jahre bis ich wusste, wo meine Angehörigen waren wir als Familie auseinandergerissen.
Zuerst wurden alte Menschen evakuiert und dann Frauen mit Kindern und dann kamen die Menschen alle in große Züge und waren acht Tage unterwegs, so kam meine Mutter hier nach Hameln. Die Männer durften nicht weg, die mussten arbeiten, wir hatten ein großes Eisen- und Stahlwerk, das war ein Rüstungsbetrieb. Die Männer wurden jeden Tag mit den Bussen hin und hergefahren zu Arbeit. Wenn sie in ihre Wohnungen und Hauser wollten, mussten sie eine Genehmigung vom Kommandanten haben. So war die ganze Familie auseinandergerissen. Mein Bruder war mit seiner Firma weg, meine Schwester war in Elberfeld in der Ausbildung. Sie hatte als einigste eine feste Adresse, so konnten wir alle zu ihr hinschreiben. Nach sechs oder sieben Wochen hatten wir uns dann brieflich alle wieder gefunden. Aber das war ein bitteres Dasein, wenn man well, das Zuhause existiert zurzeit nicht. Das hatte ich als sehr schmerzhaft empfunden, denn wir hatten ein gutes Elterhaus und es war auch eine harmonische Familie. Meine Mutter hat mit uns Kindern sehr viel gesungen, mein Vater hat Ziehharmonika gespielt. Radio und Fernsehen hat es noch nicht gegeben. Dadurch war das alles nachher schmerzlich.
Die ersten fünfzig Kilometer, alle Menschen, die in diesem Bereich an der (franzosischen)Grenze wohnten, die wurden zuerst evakuiert. Zuerst alte Menschen, Frauen mit Kindern und dann die allgemeine Bevölkerung. Der Zug wurde immer langer und langer. Man durfte nur das Nötigste mitnehmen und es traf die Menschen völlig unvorbereitet. Ich war bei der Evakuierung nicht dabei, weil ich im Urlaub war. Mein Bruder war mit seiner Firma weg in Süddeutschland irgendwo. Das hat sechs-sieben Wochen gedauert, bis wir uns brieflich wieder gefunden hatten. 1940 kamen meine Eltern wieder nach Hause. Ich bin hier in Hameln zu meiner Mutter gekommen, vom Bodensee hierher und habe hier meine Ausbildung fertig gemacht. Meine Mutter, die wäre ganz glücklich gewesen, wenn wir alle wieder zusammen waren. Dann hat meine Chefin, bei der ich gearbeitet hatte, sie hatte gebeten, ob ich hier in Hameln bleiben durfte, weil sie keinen Ersatz für mich hatte. So bin ich hier in Hameln geblieben im Alter von 17 Jahren. Die Kriegsjahre habe ich hier in Hameln erlebt, ganz bewusst, ich war siebzehn dreiviertel Jahre alt. Hameln wurde auch bombardiert und der Bahnhof wurde total zerbombt. Ich bin in Hameln geblieben weil ich später meinen Mann kennengelernt und geheiratet habe
Das Saargebiet, war nach dem ersten Weltkrieg nach Frankreich abgegeben worden. 1935 war die Abstimmung gewesen, da konnte sie Saarbevölkerung entscheiden, entweder zu Frankreich oder zu Deutschland. Es sind ja Deutsche gewesen und es haben sich alle für Deutschland entschieden. 90, %, die nach Deutschland wollten, das war 1933. Die Hitlerzeit fing an. Ich kann mich gut an die Weltwirtschaftskrise erinnern, da gab es viele, viele arbeitslose Menschen. Manchmal waren in einer Familie vier, fünf Arbeitslose, das war sehr traurig gewesen. Beim Arbeitsamt standen die Leute so breit, wie die Straße war und so weit, wie man gucken konnte, standen die Arbeitslosen, In der Schule hatten wir Kinder. wo die Väter arbeitslos waren und die heranwachsenden Geschwister, die aus der Schule gekommen waren. die waren alle arbeitslos, Es war eine harte Zeit gewesen. In dem Grenzgebiet hat man da von dieser politischen Sache nicht so viel gewusst. das war erst nach geheim, das kam erst nach 1933.
Mein Mann ist in Essen groß geworden, mein Schwiegervater war in zwölf Ländern gewesen, er war beim Militär und hinterher war er in Essen als Bahnbeamter tätig. Die Jungen sind dann viel zu Wahlversammlungen gegangen, die waren politisch sehr interessiert. Zu den Parteien sind sie überall hingegangen, sind aber auch zu den Kommunisten gegangen. Der Wahlslogan von den Kommunisten war, „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler und wer Hitler wählt, wählt den Krieg.“ Diese ganzen intelligenten Köpfe, die Kommunisten waren, wurden umgebracht, das waren viele gewesen. Wie er dann nach Hause gekommen ist, hat mein Schwiegervater gefragt: „Na, Junge, wo wart ihr denn heute‘?“ Und er sagte, „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler and wer Hitler wählt, wählt den Krieg!“ Da ist mein Schwiegervater aufgestanden und hat erstmal seinem Sohnemann rechts und links eine Ohrfeige gegeben. Hindenburg, das war die Persönlichkeit, großer würdiger Mann mit Schnauzbart, Und Hitler wurde ja als Parteimensch gewählt. Da kann ich mich sehr gut daran erinnern. Dann hat Hitler die Macht gekriegt und dann ist alles so gekommen
Ich war kurz beim Jungvolk, bei den jungen Madchen. Dann mit vierzehn, fünfzehn kam man zum BDM [Bund Deutscher Madchen], Wie ich aus der Schule gekommen bin, war ich ein Jahr im Landjahr, das war far die Madchen ab vierzehn. Wir haben ja nicht gleich eine Lehrstelle gekriegt. Die Arbeit war schwer zu kriegen. da ist man als Vierzehnjährige ins Landjahr gegangen oder ins Pflichtjahr. Nach einem Jahr hat man dann Arbeit gekriegt. Ich war in der Gegend von Konigswüsterhausen, in der Nahe von Berlin. Das war eine wunderschöne Zeit. Wir waren vierzig Madchen, da im Lager gewesen, drei Führerinnen und es war einfach eine sehr, sehr schone Zeit. Wir waren beim Bauer und haben da gearbeitet. von morgens sieben bis mittags um zwei. die Sommermonate über hatten wir eine Hausgruppe, eine Küchengruppe, Gartengruppe, eine Wäschegruppe, eine Werkgruppe. Das war einfach eine sehr schöne Zeit.
Die Regierung hat ja auch gesorgt, dass die Arbeitslosen von der Straße gekommen sind. Die jungen Männer kamen in den Reichsarbeitsdienst. Es war viel Sport, dann haben sie gearbeitet und Straßen gebaut und alles Mögliche. Dadurch kam die Industrie wieder in Gang. Die Soldaten mussten eingekleidet wurden, vom Kopf bis Fuß, dann kamen die Schneidereien und die Fabriken wieder in Gang, Schuster und alles, was dazu gehört. Eigentlich sind diese jungen Männer gern in den Arbeitsdienst gegangen. Es gab viel Sport da sie waren von der Strafe. Mein Bruder war Soldat geworden, der war nach Russland gekommen.
Sechs Jahre war mein Bruder in russischer Gefangenschaft Mein Vater war nicht eingezogen gewesen, er war in einem Rüstungsbetrieb tätig gewesen und die durften nicht weg und mussten arbeiten. Mein Vater ist nie in der Partei gewesen, meine Mutter war nicht in der Frauenschaft.
Ich bin gelernte Friseuse, und habe hier in Hameln meine Ausbildung fertig gemacht und bin nachher hier geblieben. Später, nach dem Krieg habe ich meinen Mann kennengelemt. Mein Mann war auch sechs Jahre in britischer Gefangenschaft, Er ist als junger Mann I 9 Jahre) eingezogen worden. er wollte eigentlich zu den Fliegern er war such schon damals in der Schule in Osnabrück. In Quakenbrück angemeldet. Dann 1st der Krieg dazwischen gekommen und so 1st alles anders gekommen. Und da kam er zu den Fallschirmjägern Er ist dann in Narvik und in Kreta gesprungen. Die Fallschirmtruppe kam nachher zu Rommel nach Afrika. Nach eineinhalb Jahren ist er schon in Gefangenschaft gekommen und war auch sechs Jahre in britischer Gefangenschaft in Afrika. Das war keine Leichte Zeit und die Jungen Männer haben schon sehr viel erlebt und durchmachen müssen viele waren sehr krank und die Ernährung mangelhaft. man ernährte sich von Wasser Zigaretten und schwarzen Tee. Diese Lagerleben in Gefangenschaft war ein Erlebnis was nie aus dem Bewusstsein dieser jungen Leute gestrichen wurde. Die Kamaradschaft unter einander war sehr intensiv aber auch die Gefangenschaft unter den Briten war nicht auszulöschen. Es gab viel negatives aber auch positive Erlebnisse die sehr menschlich und selbst in der Kriegsgefangenschaft sehr herzlich waren.
Ich wohnte hier in Hameln in der Bahnhofstraße, da wurde einmal der Bahnhof bombardiert. Da habe ich gesehen, wie die Flugzeuge ihre Klappen aufmachten und wie die Bomben heraus fielen, ich wohnte nur eine Straße weg und wir konnten da durchgucken und wir konnten das sehen. Zu der Zeit waren Flüchtlingszüge in Hameln. die standen da und da würden Bomben draufgeworfen. Die Leute waren zum Teil in den Durchgängen, wo man zu den Bahnsteigen geht und da ist ein Volltreffer darauf und alle Menschen waren nur noch Matsch gewesen, da hat man dann nur noch alles zugeschüttet. Gegenüber von der Bahnhofstral3e stand ein Haus in Flammen. Wenn die Flugzeuge auf dem Rückflug waren. haben die Flugzeuge ihre Bomben wahllos abgeworfen. Wir sind manchmal rein gegangen, dann waren wir nachts drei Mal im Keller, dies hat sieh sehr oft nachts immer wiederholt und die Menschen in Angst und Schrecken versetzt. Krieg ist das Schlimmste, was den Menschen passieren kann.
Als der Krieg zu Ende war, bin ich nicht hier in Hameln geblieben. Da bin ich mit meiner Chefin und Chef oft hier aufs Land gegangen, um etwas zu essen zu besorgen well wir grollen Hunger hatten und Angst hatten nach Hameln zurückzugehen. Wir saßen im Keller und vor unserer Kellertür, und es kamen die ersten Amerikaner in den Ort und in dieses Gebiet. Die Bevölkerung war sehr beängstigt. man sah überall Amerikaner mit aufgepflanztem Gewehr. Wenn wir auf die Toilette wollten, sind sie mit aufgepflanztem Gewehr neben uns hergegangen und wir konnten auf die Toilette gehen. Die erste Gruppe, die da war, die waren sehr ordentlich. Aber die zweite Gruppe Amerikaner, das waren Rüpel. Wir wohnten in einem Bauernhaus bei Bekannten, da sind die hinein in den Keller und haben das ganze Eingeweckte und die ganzen Vorrate, was die Menschen hatten, das wurde alles kaputt gemacht, die Glaser. die Dosen aufgemacht, Obstflaschen, das haben die alles genommen, alles auf einen Berg gekippt und haben gesagt, alles weg, alles weg. Ohne Erklärung! Die ganzen Vorrate, was die Menschen hatten, das haben sie alles kaputt gemacht. Wir waren die Verlierer, und konnten mit uns alles machen. lm Keller waren vorwiegend altere Menschen und Frauen mit kleinen Kindern. Die erste Gruppe die kam hat für Babys Dosennahrung mitgebracht. Die Frauen hatten ja nachher nichts mehr zu essen weil die alles kaputt gemacht haben im Keller. Da lagen Berge von Lebensmitteln nachher. Und da war G las dazwischen, das konnte man nicht mehr essen Eine sehr schlimme Zeit war das direkt nach dem Krieg
Meine Eltern waren inzwischen auch wieder zu Hause im Saarland. sic waren das zweite Mal evakuiert 1944, da mussten die wieder von zu Hause weg, dann kamen die Amerikaner nachher hinein, Unser Burgermeister in Völklingen war so vernünftig und hat die Stadt damals kampflos Obergeben. So konnten meine Eltern wieder im Sommer 1945 wieder nach Hause gekommen. Und fanden ihr Hause fast vollständig vor. auch gab es keine Plünderungen. Die Eltern fingen sofort an .wieder alles herzurichten Es waren etliche Fensterscheiben kaputt, aber sonst war unsere Stadt heil geblieben. das nicht soviel zerstört wurde hatten die Völklinger der Umsichtigkeit des Bürgermeisters zu verdanken well er die Stadt kampflos an die Alliierten Obergeben hatte.
1948 habe ich meinen Mann kennengelernt. Ich selber war im Volkstanzkreis gewesen. Da bin ich durch Bekannte hingekommen. Sie müssen sich vorstellen. Den ganzen Krieg über konnte man ja nirgends hin, weder zum Turnen oder irgendwoanders hin. und wir waren ja auch junge Leute. Und die Kriegsjahre hatten, sehr viel von uns ab verlangt , da hatten mich Bekannte mit zum Volkstanzkreis mitgenommen, das war eine schöne Zeit und wir merkten trotz des schrecklichen Krieges ging das Leben wieder weiter. auch für uns.
Mein Mann, der hatte da eine Bekannte, die ihm erzählt hat, dass sie im Volkstanzkreis war. Der Leiter war ein Lehrer gewesen. Das war der ehemalige Schullehrer von meinem Mann, der hier in Hameln ein Jahr in die Schule gegangen ist. Aus Neugierde ist mein Mann mit zum Volkstanz gegangen. Er war ein brillanter Tänzer, aber Volkstanz. das waren böhmische (unbekannte) Dörfer für ihn. Jedenfalls hat er es such gelernt und hatte auch viel Freude an dem Volkstanz und der Gemeinschaft der jungen Leute. Wir sind da viel gewandert, sonntags Man hat ja die ganze Woche gearbeitet von Montag his Samstag. Samstag war ja nicht frei. (Als Kinder sind wir ja sogar noch samstags in die Schule gegangen).
Ich bin einige Male schwarz Ober die Grenze gefahren, das war jedes Mal eine Himmel fahrt und das war mit viel Angst verbunden. Aber die Menschen haben einen geholfen. Wir hatten hier eine Raucherkarte gekriegt mit achtzehn Jahren, ich habe nie geraucht. Mit Zigaretten konnte man viel Hilfe bekommen. Die Menschen waren auch anders wie heute, sie waren mehr „Wir“, heute ich nur „Ich“. Damals waren die Menschen, sehr viel Hilfsbereiter als heute. Wenn ich ins Saarland wollte musste ich den Rhein überqueren. da aber die meisten Rheinbrücken zerbombt waren, war das ein aufregendes Abenteuer well die Menschen mit ihrem ganzen Gepäck den Zug verlassen mussten und zu Fuß über eine kaputte Eisenbahnbrücke gehen um auf die andere Seite des Rheins zukommen, es wurde sehr viel Gepäck in den Rhein geworfen weil die Menschen es nicht mehr tragen konnten.
Wir waren viele Jahre im Volkstanzkreis, das war eine sehr schöne Zeit. Im Sommer 1950 haben sich mein Mann Herrmann Reimann und ich verlobt und wir wollten gemeinsam ins Saarland fahren, damit ich meinen Eltern meinen Verlobten vorstellen konnte. Man musste in dieser Zeit wenn man von einer Besatzungszone in die andere fahren wollte, benötigte man ein Visum. Mein Verlobter hat aber keins bekommen well er in der Wehrmacht gedient hatte. Deshalb haben wir beschlossen schwarz über die Grenze zu gekommen. Wir sind zweieinhalb Stunden gelaufen, so dass wir die Grenzstation umgangen sind. Es war ja alles britische Zone, amerikanische Zone, französische Zone und russische Zone und da musste man von einer in die andere Zone ein Visum haben. Das war gar nicht so einfach. Deswegen sind wir schwarzgefahren. ich wollte ja meine Eltern sehen, mein Bruder ist nach Hause gekommen und da ich ein paar Mai zuvor schwarzgefahren bin und da es immer gut geklappt hat. So taten wir es diesmal gemeinsam.
Meine Großmutter, die wohnte an der Grenzstation und sie hatte da ein Lebensmittelgeschäft und ein Cafe. Die Franzosen, die hatten dieses Cafe beschlagnahmt und so sind die da ein und ausgegangen und waren miteinander gut befreundet_ Dann hat meine Großmutter an ihre Schwester geschrieben. Da bin ich einen Tag bevor ich weggefahren bin dahin gefahren nach Türkesmühl und mein Cousin, der Sohn von der Tante hat mit den Franzosen gesprochen und er hat gesagt: „Meine Mutter hat Besuch und ist schwarz Ober die Grenze gekommen“. Da hat der Franzose die ersten zwei Waggons nicht kontrolliert. Da konnte ich einsteigen und hierher fahren. Wenn man da schwarzgefahren ist, dann war das eine Erlebnis gewesen. Und die Angst ist immer mitgefahren
Auf der hinfahrt hat alles gut geklappt und mein Verlobter und ich sind gut in Saarland bei den Eltern angekommen. Die Rückfahrt sollte ähnlich verlaufen. aber auf der französischen Seite hatte auf einmal ein anderer Mann Grenzdienst und der erste und zweite Wagon im Zug wurde auch kontrolliert und wir wurden geschnappt und aus dem Zug geholt. Das war eine Angst, wir wurden auf französischer Seite verhört, konnten aber nur sagen dass wir kein Visum bekommen hatten und versucht haben schwarz Ober die Grenze zukommen. Die Franzosen haben das menschlich gesehen verstanden aber sie mussten ja ihre Amtspflicht erfallen. Wir wurden zu einer Geldstrafe verurteilt. Die wir aber nicht erbringen konnten, weil wir nicht so viel Geld hatten, deswegen wurden wir zu fünf Tagessätzen „Gefängnis“ verdonnert. Unser Tagesablauf sah wie folgt aus: Tagsüber konnten wir der Frau von dem Grenzbeamten im Haushalt und Garten helfen, abends wurde mein Verlobter in den Männerraum gebracht und ich hatte ein kleines Zimmer (wir waren ja noch nicht verheiratet) im Haus der Grenzerfamilie. Nach 5 Tagen und 4 Nächten konnten wir weiter reisen in die britische Zone. dies war ein großes Abenteuer in unsere Verlobungszeit. Wenn man das heute jemand sagt, dann sagen die, das gibt es gar nicht. Man hat immer viel von der Ostzone gesprochen, dass man da nicht hinkam, aber das ist wenig bekannt, dass man auch nicht in die Westzone konnte.
Im Januar 1951 wollten wir heiraten da hat meine Mutter das Visum beantragt, Rh– meine Schwiegereltern und uns beide. Meine Schwiegereltern und ich haben das Visum gekriegt und mein Mann nicht. Meine Mutter ging zum Konsulat nach Saarbriicken und hat das Visum beantragt und da wurde es far meinen Mann abgelehnt. Abgelehnt wegen unerlaubten Grenzübergang im Sommer 1950
Ende 1950 wurde der Visumszwang aufgehoben und ab 1. Januar 1951 konnte man wieder ohne Visum fahren. Am 9. Januar hatten wir unsere standesamtliche Trauung hier in Hameln, dann sind wir mit meinen Schwiegereltern nach Köln gefahren und saßen die ganze Nacht in Köln, bis abends um zehn fuhren nur die Züge, da musste man im Wartesaal sein und morgens um sechs fuhren die Züge wieder weiter. Da waren wir nachmittags zu Hause. Da mussten wir noch einmal zum Pastor. Er sagte, er mochte das Brautpaar vor der Hochzeit noch einmal sprechen. Da sind wir dahin gegangen und samstags war die kirchliche Trauung zu Hause. Ich bin evangelisch gewesen.
1957 habe ich das erste Mal den Namen Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage gehört. Mein Vater war gestorben und ein Nachbar von uns. der war ein paar Tage vorher gestorben. Da lag ein Kranz: Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Da habe ich meine Mutter gefragt, was sind denn das für Leute? Sic sagte sonntags fahren sie nach Saarbrücken, da ist die Gemeinde von denen, mittwochs kommen die Missionare, so junge Leute, hierher und dann machen sie den GFV oder irgendwas. Da waren in unserer Nachbarschaft acht Personen, die Mitglieder in der Kirche waren. Es waren sehr nette Nachbarn, wir sind miteinander groß geworden. wir Kinder. Die Familie war in der Kirche gewesen und der Sohn ist such gefallen, der wurde dann später an die Eltern gesiegelt. So habe ich die Kirche kennengelernt. Und zum ersten Mal etwas davon gehört
1958 kamen die Missionare zu uns. Das war ein wunderschöner Frühlingstag die Sonne schien, blauer Himmel. Mein Mann ging wie immer zur Arbeit und um zehn war das Wetter umgeschlagen und in einer halben Stunde hatten wir hohen Schnee. Mein Mann war Maurer gewesen und der Chef hat ihn nach Hause geschickt und wir haben schwarzen Tee getrunken (eine Gewohnheit aus britischer Gefangenschaft) Es klingelte und dann kamen die Missionare. Dann habe ich sic eingeladen zu einer Tasse Tee, das haben sie abgeschlagen, dann wollte ich eine Tasse Kaffee kochen. das haben sie auch nicht getrunken, aber sicher trinken Sie Milch oder Kakao. Ja das wollten sie. So sind wir ins Gespräch gekommen. Das waren sehr, sehr nette Missionare und sehr aufgeschlossen, Wir hatten viele Fragen, wir hatten Antworten bekommen und was sie nicht wussten, haben sie sich aufgeschrieben und haben uns am nächsten Tag die Antwort gegeben. Mein Mann wurde schon im August 1958 getauft.
Sonntags ist mein Mann gleich mit den Missionaren mit in die Hermann- Schule – dort war eine klitzekleine Gemeinde. Da war ein Mann gewesen, der war Diakon und der war Analphabet gewesen. Die Kirchelieder hat er alle auf der Mundharmonika gespielt. Mein Mann war ganz angetan von den Liedern. Er sagte, da musst du einmal mit hingehen. Ich bin zuerst noch nicht hingegangen. Ich war auch in der evangelischen Kirche tätig. Unser Pastor, den wir zu Hause als Kinder hasten, der hat sich sehr für die Jugend eingesetzt gehabt. der ist mit uns gewandert. Dann hatten wir die Kindergruppe unter uns. Ich war sehr verwurzelt mit dem evangelischem Glauben und fühlte mich auch bei den Lutheranern sehr wohl. Da wollte ich nicht so mit einem Mal so einen Strich darunter setzen. Es hat halt ein bisschen gedauert. Nachher bin ich ab und an mitgegangen, dann immer öfter. Seit 1964 bin ich getauft, so lange bin ich in der Kirche. Mein Mann ist mit einer Schwester nach Hause gekommen, die wohnte ein paar Hauser weiter. Das war eine Kriegerwitwe gewesen, die kam aus Ostpreußen mit ihren drei Kindern und suchte auch hier ein bisschen Bekanntschaft. Die war ganz fremd hier in Hameln. Dann hat sie meinen Mann gefragt, ob sie mich besuchen durfte. (zu dieser Zeit war ich nach nicht getauft.) Da sagte mein Mann: „Da hat meine Frau nichts dagegen, kommen Sie einmal.“ Da kam sie auf Besuch und sic war eine sehr, sehr nette Frau. Wir haben uns von Anhieb gut verstanden. Sie erzählte von Flucht und Kindern, Kriegerwitwe und so, es war ja eine schlimme Zeit. !eh haste zu dieser Zeit sehr schlimme Beine und konnte kaum laufen aber schlafen konnte ich auch nicht. und ich fühlte mich immer sehr matt und krank.)Da sagt sie: „Trinken Sie Wein, rauchen Sie Zigaretten, trinken Sie Bohnenkaffee oder schwarzen Tee? wenn Sie das trinken. oder rauchen, lassen Sie das einmal weg!“ Nur so im Gespräch. hat sie das erwähnt. Von Wort der Weisheit habe ich nie etwas gehört. Schwester Böhnke war davon überzeugt von folgendem „Dann sind Ihre Beine nach einer Woche wieder gesund.“ Ich hatte nichts zu verlieren und so habe ich den Tee und den Kaffe nicht mehr getrunken und siehe da es funktionierte. meine Beine wurden besser ich konnte wieder gehen und regelmäßig schlafen und ich war wieder schmerzfrei und konnte von der Stunde an alles wieder tun. Mein erstes Zeugnis ist von Wort der Weisheit habe ich in diesen Tagen bekommen.
Ich bin immer gerne zur Kirchenversammlungen hingegangen. Die Lieder haben mir Befallen, die Themen und die Aufgaben. Dann war immer noch GFV in der Woche. Es war sehr vielseitig_ Wir hatten Literaturabende. Musikabende, wir hatten Erste Hilfe. Damals war Hameln eine ganz kleine Gemeinde. Die ersten Mitglieder hat es hier schon vor dem ersten Weltkrieg gegeben. Nach dem Krieg sind viele ausgewandert. Dann kam nachher der Zweite Weltkrieg. Da waren auch viele Flüchtlinge dabei aus Schlesien. Da gab es ja Gemeinden in Schlesien. Diese Flüchtlinge haben die Gemeinde wieder in Gang gebracht. Zuerst hatten sie Heimversammlungen gemacht, dann hatten sie versucht Räumlichkeiten und Missionare zu bekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind auch etliche ausgewandert, viele sind verstorben.
Mein Mann hat nachher die Sonntagsschule geleitet und hat die Gemeinde Hameln mitaufgebaut. Er war über zehn Jahre Gemeindeleiter. Wir hatten danach eine gut funktionierende Gemeinde mit allem drum und dran. Kinderklassen. Sonntagsschule, FHV. Ich war PV Leiterin (jeden Samstag bei uns zu Hause.) erste Ratgeberin in der FHV. nachher in der GFV erste Ratgeberin. Hameln war eine Nebengemeinde von Stadthagen.
Wir haben1951 geheiratet and 19521st unsere älteste Tochter Hannelore geboren worden. Hannelore ist nachher mit meinem Mann in die Kirche gegangen. Sie hatte auch eine schöne Kindheit. Kindergarten hat es noch nicht gegeben. Wir hatten einen großen Garten und da habe ich gesagt, da kann sie zu House bleiben. ich hatte immer Zeit für unsere Kinder. Wie die Kinder geboren waren, da habe ich aufgehört mit arbeiten, denn meine Schwiegermutter, die wohnte hier im Haus, die hat gesagt: „Wer Kinder hat, der soll zu Hause bleiben!“. Das war auch gut gewesen.
Gisela wurde sechs Jahre später geboren. Sie war Missionarin auf den Philippinen nach ihrer Hausbildung als Zahntechniker. Hannelore ist Krankenschwester geworden, was sie bis heute ist. Jetzt ist sie siebenundfünfzig und Gisela war fünfzig gewesen und hatte voriges Jahr Silberhochzeit. Und die ganze Familie ist aktiv in der Kirche tätig, bei Berlin wohnt meine Tochter Gisela, Hannelore, die war auch ganz aktiv in der Kirche, wie sie junges Madchen war heute leider nicht mehr.
Mein Mann ist am 1. Juli 1993 verstorben. Er war Maurer beruflich gewesen und hat his 1963 Jahre gearbeitet. Die Firma hat aufgehört und er ist dann in Rente gegangen. Er hat es mit der Bandscheibe gehabt, Die Kirche bedeutet mir sehr viel. Mein Mann und ich sind im Schweizer Tempel 1965 gesiegelt und unsere Kinder auch an uns. Mittlerweile ist die Gruppe aufgelöst. was mir persönlich sehr Leid tut, aber in der Gemeinde Stadthagen habe ich meine neue Heimat in der Kirche gefunden. aber auch gute Freunde und Bekannte ich fühle mich hier sehr wohl und genieße die Gemeinschaft mit den Geschwistern. Viele Erinnerungen an Tempelfahrten und gemeinsame Veranstaltungen haben mein Lehen sehr bereichtet. Mein Zeugnis ist in den letzten Jahrzehnten immer fester und starker geworden. Ich liebe das Evangelium.
Schwester Frieda Reimann ist am 1. Mai 2009 verstorben