Stuttgart, Baden Württemberg
Mein Name ist Josef Friedrich Perle, ich bin in Stuttgart am 13.August 1937 geboren. Mein Vater hieß ebenfalls Josef und meine Mutter hieß Franziska geborene Kilgus. Meine Mutter wurde 1932 in der Schweiz bekehrt und getauft. Sie ist in Göschenen am Gotthart-Tunnel geboren, da mein Großvater damals am Gotthart-Tunnel die Wagnerarbeiten gemacht hat. Sie war die älteste von 10 Kindern. Im gleichen Jahr kam sie nach Deutschland und hat meinen Vater kennengelernt, der sie heiratete, nachdem er getauft war.
Vor meiner Geburt hatte meine Mutter sehr hohes Fieber und der Arzt sagte: „Wir müssen das Kind holen, das überstehen sie nicht“. Sie sagte: „Nein, ich weiß, dass das ein Priestertumsträger werden wird“. Der Arzt musste täglich zwei Mal kommen, um Ihr Spritzen zu geben, damit sie das übersteht. Danach hat man festgestellt, dass sie ein Loch im Herzen hatte. Als sie mit 65 Jahren starb, da sagte der Arzt, sie habe ein Herz gehabt, so groß wie von einem Ochsen.
Wir haben in der Hauptstätterstraße in Stuttgart gewohnt, dort auch den Krieg erlebt, bis wir ausgebombt wurden. Wir sind dann umgezogen in einen anderen Stadtteil in die Nähe des jetzigen Gemeindehauses in der Birkenwaldstraße. Da kam eines Tages ein weitläufiger Verwandter von unserer Mutter und sagte, er möchte gerne einen Jungen von uns mitnehmen. Wir waren 2 Mädchen und 2 Jungen, und ich war der Ältere. Ich war 6 Jahre alt, als ich mit in den Schwarzwald ging. Es war nicht einfach für mich in eine fremde Umgebung zu kommen, unter Menschen, die einen nicht so lieben können, wie die eigenen Eltern. Ich hatte auch keine Verbindung mehr zur Kirche.
Eineinhalb Jahre später kamen meine Eltern und meine Geschwister auch dort hin, weil sie zum zweiten Mal ausgebombt wurden und nicht wussten wohin. Wir haben das Kriegsende in Schopfloch bei Freudenstadt erlebt. Es war sehr schwer. Wir mussten hungern, obwohl weitere Verwandte einen Bauernhof hatten. Ende 1945 sind wir wieder nach Stuttgart gezogen. Mein Vater, der früher Maurer war, hat eine provisorische Wohnung gebaut. Die Gemeinde war wieder in der Hauptstätterstraße. Später kamen dann die Spenden von Amerika. Pro Kopf erhielt man 2 Kartons mit Büchsen. Bei Nacht holten meine Eltern und ich, mit einem Leiterwagen, diese 12 Kartons ab. Diese Spende hat uns damals wirklich über die schlimmste Zeit geholfen.
Am 28. Juli 1946 wurde ich getauft. Es war die erste Taufe nach Kriegsende. Wir waren 19 Täuflinge. Ich weiß noch ganz genau, wie ich mich nach der Taufe gefühlt hatte. Nie in meinem Leben hatte ich Probleme mit dem Glauben, auch nicht während der Pubertät. Mit 14 Jahren wurde ich Diakon und mit 19 Jahren Ältester. Ich habe mit 14 Jahren Technischer Zeichner gelernt und ich wollte auch Ingenieur werden. Da meine Eltern arm waren, konnten sie mir das Gymnasium nicht bezahlen. So musste ich durch Abendkurse den Lehrstoff nachholen. Die Ingenieurschule in Esslingen war damals eine Eliteschule. Alle mussten eine Aufnahmeprüfung machen, da der Andrang sehr groß war. Zu meiner Zeit waren es 219, die zur Prüfung kamen, aber nur 19 wurden angenommen. Es war ein Segen, dass ich darunter war.
Mit 19 Jahren wurde ich GFV-Leiter. Wir hatten sehr viele Aktivitäten durchgeführt, u.a. ein 3½ stündiges Theaterstück. Präsident Burton war sehr angetan und wollte mich auf Mission schicken. Aber unser Gemeindepräsident sagte: „ Nein, kommt überhaupt nicht in Frage, das ist der erste, der eine höhere Schule besucht, von unseren Jugendlichen“. 1957 lernte ich meine zukünftige Frau kennen. Sie besuchte mit ihrer Freundin unsere Tanzabende. 1959 durfte ich sie taufen und ein Jahr später haben wir im Tempel in der Schweiz geheiratet.
Danach kamen Berufungen als Zweigpräsident, Bischof und Ratgeber in der Pfahlpräsidentschaft, danach wieder Bischof und zwar in Esslingen. Im Alter von 50 Jahren habe ich im Tempel ein Bündnis mit dem Herrn geschlossen. Da unser Sohn bereits 4 Jahre inaktiv war, versprach ich dem Herrn, dass er alles mit mir machen darf, wenn nur unser Sohn wieder zurückkehrt. So habe ich mich mit 50 Jahren dem Herrn geweiht. Nachfolgend werden sie erkennen, wie der Herr uns geführt hat:
Um meinen Ratgeber zu unterstützen, übernahm ich als Seminarlehrer die morgendliche Belehrung von 3 seiner Töchter. Da sie eine Autostunde von uns entfernt wohnten, wurde mein Tag 2 1/2 Stunden länger. Ich war während dieser Zeit bereits 24 Jahre Konstruktionsleiter in einer Firma mit ca. 300 Beschäftigten, die zu einem größeren Konzern gehörte. Dieser Konzern wurde von einem andern französischen Konzern aufgekauft, was sehr viel Unruhe hervorrief. Auf der Fahrt zum Seminar betete ich zum Herrn und fragte, was ich machen sollte. Eine innere Stimme sagte mir: „ Mach dich selbständig, dann kann ich dich besser segnen!“ Da es nur ca. acht Firmen in Deutschland gibt, die auf diesem Gebiet arbeiteten und ich alle kannte, wusste ich nicht, wie dies gehen sollte. Doch der Herr bestätigte mir, auf eine erneute Anfrage, dass diese Antwort von ihm kam. Am gleichen Tag habe ich gekündigt. Einige Ingenieure aus Israel waren zu dieser Zeit in der Firma und wurden eingearbeitet für die Herstellung eines Produktes, das sie in Lizenz herstellen wollten. Ich bat die Herren, ihren Chef zu informieren, dass ich bald selbständig sein werde. 4 Monate später erhielt ich einen Anruf aus Israel. Sie baten mich nach Tel Aviv zu kommen. Vor den finanziellen Verhandlungen dachte ich an ihr Verhandlungsgeschick und verlangte das Doppelte um entsprechenden Spielraum zu haben. Freudig erstaunt war ich, als mein Angebot ohne Kommentar angenommen wurde. Als ich wieder zurück war, wurde meine Kündigung von der Firma nicht akzeptiert. Wir einigten uns auf eine 4 Tage-Woche, und in der restlichen Zeit arbeitete ich für Israel. Jetzt hatte ich auf einen Schlag den dreifachen Verdienst.
Nach neun Monaten wurde diese Entwicklung, aufgrund des Golfkrieges, eingestellt. Die Firma in Deutschland wollte mich auch einsparen. D.h. in den nächsten 6 Monaten würde ich arbeitslos werden. Als ich den Herrn fragte, was ich machen sollte, war ich sehr überrascht, als er sagte: „Nimm deine Frau und geh auf Mission“.
Wir waren von 1992 bis 1993 1½ Jahre in Dresden auf Mission. Präsident Meiser, unser Missionspräsident, bat uns eines Tages, am anderen Tag nach Jena zu gehen und eine Wohnung für die Missionare zu finden, da die örtlichen Führer keinen Erfolg hatten. Am Abend hatten wir einen Mietvertrag für eine Wohnung in der Stadtmitte.
Im Mai 1985 wurde ich von Präsident Monson zum Siegler für den Schweizer Tempel eingesetzt. Meine erste Siegelung war unsere Tochter Marion, die kurz zuvor, wie ihr Mann, von Mission zurückgekehrt war. Letztes Jahr durfte ich ihren Sohn, unseren ersten Enkel, in Frankfurt siegeln.
Unser Sohn Rainer kehrte nach insgesamt 18 Jahren in die Kirche zurück. Seine Bekehrung hat Ähnlichkeit mit der Bekehrung von Alma dem jüngeren. Er wurde Ältester, ging in den Tempel und war über 6 Jahre ein hervorragender Junge Männer- Leiter. Er ist wirklich bekehrt und hat einen hohen Glaubensstandard erreicht.
1995/96 waren wir Tempelmissionare in Friedrichsdorf, wobei ich nebenbei gearbeitet habe. Als freier Entwicklungsleiter habe ich für eine Firma in Trier gearbeitet. Dies wurde von der Kirche genehmigt und mein Chef zahlte den gleichen Gehalt. In dieser Zeit habe ich eine Entwicklung durchgeführt, die noch heute in Europa führend ist.
1997 hat uns Präsident Uchtdorf als „ Gebietsbeauftragte für Wohlfahrt für Westeuropa“ berufen. Wir wurden 2 Wochen in Salt Lake City ausgebildet und haben 40 Pfähle besucht um die Pfahlpräsidenten und Bischöfe in Wohlfahrt zu belehren. 2004-2006 waren wir Tempelmissionare im Freiberg-Tempel. Drei Wochen zuvor wurde meine Frau krank. Der Herr antwortete mir auf meine Frage warum sie krank wird: „ Sie wird eine Krankheit bekommen, die kein Arzt herausfinden wird, aber es wird zur Herrlichkeit Gottes sein“. Jetzt kam unsere größte Prüfung! Nach einer Stunde im Tempel mussten wir meine Frau ins Quartier zurückschicken, so groß waren ihre Schmerzen. Kein Arzt konnte herausfinden, welche Krankheit sie hatte. So mussten wir nach 4 Wochen unterbrechen und nach Hause gehen. In einer orthopädischen Klinik bekam sie Opiate gegen die Schmerzen. Am Schluss war sie von der Brust abwärts gelähmt. Präsident Zwick veranlasste, dass ihr Name in den Tempel nach Salt Lake City kam, wo der Prophet mit den Generalautoritäten für die Kranken betete. Genau an diesem Tag wurde sie in die neurologische Klinik verlegt, wo eine Nervenwurzel- und Rückenmarkentzündung festgestellt wurde. Eine Woche lang bekam sie täglich 500mg Kortison, was dann wöchentlich reduziert wurde. Im Oktober 2004 sind wir nach Hause und im Februar 2005 wieder zurück nach Freiberg gegangen. Aber sie hatte noch immer Schmerzen. Innerhalb von einigen Monaten hat sie 30 kg abgenommen. Am Schluss war sie so schwach, dass sie keine Session mehr durchstehen konnte. Ein Jahr später mussten wir wieder nach Hause gehen und unsere Mission vorzeitig beenden (März 2006). Drei Tage später konnte sie nicht mehr richtig sehen. Der Augenarzt hat sie als Notfall in die Universitätsklinik nach Tübingen überwiesen. Die Ärzte dort fanden endlich heraus, welche seltene Krankheit sie hatte, nämliche eine chronische Sarkoidose II. Wieder musste sie Kortison einnehmen. Die nächsten zwei Jahre hat sie immer noch um Kraft gekämpft. Dann ging es ihr plötzlich wieder sehr schlecht. Man sagte ihr, dass sie einen Rückfall bekommen hätte. Bei meinem Krankensegen durfte ich endlich diese Krankheit aus ihrem Körper verbannen, was mir vorher verwehrt blieb. Ich fühlte mich danach sehr schwach, was mir eine Bestätigung war. Seit dieser Zeit fühlt sich meine Frau wieder gut, wobei die Schädigungen bleiben.
Jetzt wissen wir, dass die Zeit gekommen ist, wo es geheißen hat: „Es ist nach der Herrlichkeit Gottes“. Der Herr hat uns an die Grenzen unseres Glaubens und unserer Kraft geführt. Jetzt sind wir für diese Prüfung dankbar, hat sie uns doch auf eine höhere Ebene gebracht. Nicht nur aus Dankbarkeit denken wir über eine weitere, unsere 6. Mission, nach.