Bern, Kanton Bern

mormon deutsch hans rothenbuhlerMein Name ist Hans Rothenbühler. Ich bin am 23. April 1918 in Bern in der Schweiz, geboren. Meine Mutter heißt Lina Rothenbühler. Ich weiß nicht wie mein Vater heißt. Als ich vierzehn Tage alt war, kam ich zu Pflegeeltern, sie hießen Rindlisbacher und wohnten in Krauchtal in Kanton Bern. Sie waren eine große Familie und hatten selber sechs Kinder. Ich war dort als Pflegekind, bis ich geheiratet habe. Ich kam zu dieser Familie, als ich 14 Tage alt war. Es war eine liebe Familie.

Am 29. Mai 1943 habe ich geheiratet. Meine Frau hieß Hedwig Grossenbacher.

Ich bin in Hettiswil und in Hindelbank zur Schule gegangen. Nach der Schule wollte ich eine Lehre machen, aber mein Vormund hat gesagt, dass ich zu einem Bauern gehen soll. Als Knabe hatte ich einen Schulfreund, dessen Eltern einen Bauernhof hatten. Dort war ich viel und lernte die Arbeit vom Landwirt. Das war eine sehr schöne Zeit. Ich wollte Koch lernen, aber mein Vormund hat gesagt, es wäre schon recht, aber ich solle daran denken, dass Koch eine harte Prüfung sei. Ich habe erkannt, dass er vollkommen Recht hatte. Ich glaube nicht, dass ich es überstanden hätte.

Dann hatte ich Interesse an einer Mechaniker-Lehre. Aber niemand hatte dafür Gehör. Daraufhin sagte ich, ihr könnt mich alle mal. Ich fand eine Anstellung in einem Holzwarenladen. Das waren auch sehr nette Leute. Sie waren Sabbatisten. Alles lief gut, so wie es sollte. Aber am Sonntag wurde gearbeitet und am Samstag wurde Sonntag gemacht. Das wollte ich nicht. Da habe ich die Stelle gewechselt.

Eine Zeitlang war ich arbeitslos. Das war eine Krisenzeit. Dann habe ich in einer Holzwarenfabrik eine Anstellung erhalten. Wir haben dort Skiers und Schlitten hergestellt. Aber auch allerlei Werkzeuge gehörten dazu. Am Mittag waren wir viel draußen. Da traf ich einen Mann, der von seiner Arbeit erzählte. Er war Weber. Da hat es in mir gefunkt. Daraufhin habe ich zwei Firmen geschrieben, das ich das Weben lernen möchte. Die erste Firma schrieb mir eine Absage, aber von der zweiten Fabrik wurde ich angenommen.

So kam ich in Burgdorf zur Schaffroth und Hochdecker Fabrik und habe dort für 18 Jahre gewoben. Nach achtzehn Jahren habe ich angefangen Webstühle zu reparieren. Das habe ich gemacht bis der Betrieb geschlossen wurde. Mein Leben war Arbeit.

Meine Frau habe ich hier in diesem Haus getroffen. Ich habe Modellflieger gebaut und als ich ein Modell aufstellte, traf ich eine Frau, die im Haus putzte. Dann ging es sehr schnell. Geheiratet haben wir im Jahre 1943. Wir haben fünf Kinder und einen Pflegesohn. Der Pflegesohn war der Halbbruder von Hedwig, den sie mitbrachte und groß zog.

Das ist ein gutes Beispiel, wenn man sieht, wie der Vater im Himmel arbeitet. Am 12. November 1943 mussten wir zum Aktivdienst in Kandersteg einrücken und wurden in verschiedene Gruppen aufgeteilt, um verschiedene Punkte zu bewachen. Unsere Gruppe musste nach Riefsthal im Wallis. Dort ist die größte Brücke, die nach Brig führt. Die Brücken waren alle mit Sprengsätzen versehen, sie konnten so im Notfall gesprengt werden. Wir waren zur Bewachung eingeteilt. Es waren zwanzig Mann und ich war Sanitäter bei ihnen. Wir wurden verladen bis Goppenstein. Dort kam der Befehl, dass wir bis nach Riefsthal laufen sollten, den Schienen entlang. Es ist alles gut gegangen bis vor einem Tunnel. Bevor wir in den Tunnel gingen, hat der Gruppenleiter gesagt: „Wenn ein Zug kommt, immer bergseits ausweichen. Das war schon recht. Aber als Kind lernte ich, immer rechts auszuweichen, wenn etwas kommt. Das ist der Grund für ein Unglück. Mutig marschierten wir durch den Tunnel. Wir hatten zwei Drittel hinter uns, dann kam ein Zug. Ich sah zurück und sah schon die Lichter und schrie: „Achtung, ein Zug!“ Ich bin selber auf die rechte Seite ausgewichen. Dort hat mir eine Stimme wie ein Befehl gesagt: „Bahre auf den Boden und den Tornister abziehen!“ Ich habe diesen Befehl ausgeführt, wie ich ihn gehört habe und den Tornister vor mich gehalten. Das war meine Rettung. Als der Zug vorbei war, dachte ich: „Gott sei Dank, es ist nichts geschehen!“ Aber kaum hatte ich das gedacht, hörte ich Schreie. Ich hatte eine kleine Taschenlampe mitgenommen und damit habe ich gesehen, was tatsächlich passiert ist. Drei Kameraden: Einer hatte das Bein ab, einer hatte beide Füße weg. An die Verletzungen des Dritten, kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich hatte selber einen Schock gehabt. Die anderen Kameraden draußen hatten alle einen Schock. Es konnte mir niemand helfen. Ich habe sie verbunden, wie ich es in der Rekrutenschule gelernt habe, und hatte die Hoffnung, dass ich diese Drei retten kann. Drei waren tot. Sie sind von der rechten Seite über die Gleise auf die Linke, so bergseitig gelegene Seite ausgewichen und so vor die Lokomotiv geraten.

Ich hatte niemanden, der mir hilft, die Verwundeten aus dem Tunnel zu tragen. Es sind doch unsere Kameraden gewesen. Dann endlich kam ein Zug mit Bahnangestellten und mit Bahren. Sie haben mir geholfen, die Verletzten hinauszutragen, um sie im Tageslicht noch besser zu versorgen. Dann kam eine Maschine mit den Wagen, in die wir die Verwundeten einladen konnten. Der Befehl war, sie nach Frutigen zu bringen. Aber ein Arzt wurde nicht mitgeschickt. Wir fuhren also nach Frutigen. In Kandersteg kam ein Arzt dazu und gab ihnen Spritzen dadurch wurden sie ruhiger. In Frutigen wurden sie in Empfang genommen und kamen ins Spital. Da hatte ich dann nichts mehr damit zu tun.

Der Offizier bei dem Transport in das Spital hat zu mir gesagt: „Gehen sie in das Kompaniebüro und holen sie sich andere Kleider. “Ich habe ausgesehen wie ein Metzger. Ich habe mir Kleider geholt und mich verpflegt. Im Laufe des Nachmittags bin ich dann wieder nach Brig gefahren.

Zur selben Zeit wusste ich nicht warum das so geschehen ist. Es kam mir erst später in den Sinn, was der Vater im Himmel mit mir vorhatte. Er hat mich vorgesehen, die Burgdorfer Gemeinde zu retten.

Einmal im Jahre 1950, als ich von der Arbeit nach Hause kam, sagte meine Frau, dass zwei Missionare bei ihr gewesen seien. Sie hätten ein Buch Mormon mitgebracht und ich solle darin lesen. Ich habe noch zu meiner Frau gesagt, dass sie nicht so oft kommen sollen. Mein Pflegevater, der war bei der Landeskirche und alles andere Stündeler seien. Diese Denkweise habe ich in einem gewissen Masse übernommen. Die Missionare kamen auch zu mir und wir haben im Buch Mormon gelesen. Ich habe ihnen gesagt, dass ich das nicht lesen will, weil nur Krieg drin sei. Dann bin ich an eine Stelle gekommen, ich weiß nicht mehr genau welche, und von da an ging es besser. Aber es hat doch einige Zeit gedauert – so ungefähr ein Jahr. Da war ein Missionar, Elder Lind hat er geheißen. Er hat es aber nicht allzu weit gebracht. Dann kam ein Missionarsehepaar. Da habe ich dann schneller Fortschritte gemacht. Ich habe mich am 15. Juli 1951 taufen lassen, zusammen mit meinem Pflegesohn. Meine Frau war noch nicht so weit. Meine Frau has sich später, am 25. November 1951, taufen lassen.

Die Gemeinde war sehr klein, insbesondere, nachdem Bruder Locher gestorben ist. Er war der letzte Priestertumsträger in der Gemeinde. Er war auch Zweigpräsident. Bruder Möhr war für meinen Fortschritt verantwortlich. Er war es auch, der mich zum Ältesten vorgeschlagen hatte. Da waren dann vier bis fünf ältere Schwestern und meine Familie. Aber meine Buben waren noch zu klein, eine Aufgabe zu erledigen. Da musste ich immer selber gehen, wenn eine Schwester ein Bedürfnis oder eine Arbeit zu erledigen hatte, bei der ich helfen konnte. Aber es war eine schöne Zeit.

Ich hatte viele Ämter in der Kirche. An einer Gemeindekonferenz hat der Bruder, der die Leitung hatte, Berufungsvorschläge gemacht. Jedes Mal war es ein Rothenbühler – entweder ich oder einer meiner Söhne. Wenn ein Amt zu tun war, war es immer ein Mitglieder meiner Familie.

Ich bin mit meiner Frau im Tempel gesiegelt worden. Das Haus hier war ganz alt. Dann wurde es renoviert. Neben der Siegelungsurkunde gab es da auch noch Fotos von meiner Jugendzeit. Leider gingen diesen Unterlagen bei der Renovation verloren.

Mein Leben war Arbeit. Ich bin über fünfzig Jahre Mitglied der Kirche und hatte großes Glück, dass die Missionare zu uns gekommen sind. Ich hatte auch geraucht und getrunken und sie haben mich durch das Evangelium gerettet. Ich habe das geglaubt, was ich gelesen habe und was mir die Missionare gesagt haben. Das war das Wichtigste. Ich war ungebildet, deshalb war es für mich doppelt schwer, das Amt als Zweigpräsident auszuführen. Aber es ist gegangen. Ich habe eine schöne Zeit gehabt. Das war eine kleine Gemeinde, die keine Priestertumsträger mehr hatte. Bruder Möhr, ein Missionar, war Zweigpräsident. Er ging dann nach Hause und dann habe ich als Zweigpräsident die Gemeinde geführt. Ich war etwa zehn Jahre Zweigpräsident. In dieser Zeit habe ich mit meinen Söhnen die Kirche in Burgdorf aufgebaut, so gut es ging. Nach diesen zehn Jahren waren ungefähr fünfzehn Mitglieder in der Gemeinde.