Langenau, Sachsen

mormon deutsch roland schieboldMein Name ist Roland Schiebold, geboren am 2. Dezember 1928 in Langenau, Sachsen. Mein Vater ist Willi Schiebold, meine Mutter Dora Schiebold, geborene Heinrich. Meine Eltern erzählten mir, dass sie in meinem Geburtsjahr, 1928, durch amerikanische Missionare bekehrt worden waren. Ich erinnere mich noch aus meiner Kindheit, dass wir eine Gemeinde in Groß Hartmannsdorf hatten. Und das Gemeindehaus, was man damals Gemeindeheim nannte, war über einer Malerwerkstatt. Wir mussten über einen Heuboden, um in das Gemeindeheim zu gelangen. Es war eine große Wohnung mit drei Räumen. Die Mitgliederzahl dieser Gemeinde war etwa zwanzig Personen.

Während des Krieges war mein Vater auf „unabkömmlich“ gestellt, weil man auf gute Facharbeiter nicht verzichten konnte. Deshalb wurde er nicht eingezogen. Er war während der ganzen Kriegszeit als Gemeindepräsident berufen. Ich bin mit zehn Jahren getauft worden. Das war 1938. Zu der Zeit war es in der Kirche allgemein üblich, dass es von den Eltern beurteilt wurde, ob das Kind reif genug war, um sich richtig entscheiden zu können. Es war auch eine Regel, dass ein Untersucher die Versammlungen ein Jahr lang besucht haben musste, um getauft werden zu können. Der Untersucher musste eine feste Überzeugung von der Wahrheit des Evangeliums gezeigt haben, bevor er getauft werden konnte. Aus diesen Beweggründen meiner Eltern sind wir Kinder alle erst mit zehn Jahren getauft worden.

Ich bin von einem amerikanischen Missionar mit Namen Johnson getauft worden. Die Taufe war ein wenig problematisch. Zu Hitlers Zeiten war es so, dass man nicht ohne weiteres öffentlich taufen konnte. Die Taufe fand in Freiberg, im sogenannten Soldatenteich, einem Badeteich, im Dunkeln statt. Dieses Ereignis durfte nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Aber es waren doch immer einige Neugierige mit Scheinwerfern anwesend, die von dem Vorgang etwas mitbekommen wollten.

In der Gemeinde in Groß Hartmannsdorf hatte ich dann die verschiedensten Aufgaben zu erfüllen, die in der Kriegszeit auch erheblich von der Norm abwichen. Da die älteren Brüder alle im Krieg waren, mussten die Aufgaben des Melchisedekischen Priestertums auch vom Aaronischen Priester übernommen werden.

Mein Vater übertrug mir das Aaronische Priestertum. Als ich dann zum Lehrer ordiniert worden war, wurden mir sogar die Aufgaben eines Gemeindesekretärs übertragen. In dieser Art der Aufgabenverteilung haben wir dann den Krieg überstanden. Auch mit der Hitlerregierung gab es keine Schwierigkeiten in der Gemeinde, wenn wir uns an die vorgegebenen Rahmenbedingungen hielten, was dann später unter der sozialistischen Regierung nicht mehr ganz der Fall war.

Nach Kriegsende, als alles zusammengebrochen war, wurde dann in Brand-Erbisdorf eine Gemeinde gegründet. In diesem Zusammenhang wäre noch zu erwähnen, dass wir zur Gemeinde in Groß Hartmannsdorf 10 Kilometer Fußweg hatten, den wir jeden Sonntag zu laufen hatten. Und der Familie stand nur ein Fahrrad zur Verfügung. So waren meine zwei Brüder und ich nicht immer begeistert, vor allem im Winter bei Schnee und Eis, dass wir die Strecke zu Fuß zurücklegen mussten. Es gab keinen Schneepflug, der den Weg frei räumte. Vater und Mutter gingen voran und wir hinterher. Da haben wir zu Hause so manches Mal auch ein wenig geweint und gesagt: „Müssen wir heute denn wieder gehen?“

Wir hatten damals schon das Kompaktprogramm für die Versammlungen kleiner Gemeinden, wie es heute auch üblich ist. Die Geschwister, die in Groß Hartmannsdorf wohnten, haben dann ein wenig für uns zu Mittag mitgekocht, und am Nachmittag sind wir dann zurückgegangen. Das haben wir die ganzen Kriegsjahre gemacht, bis dann der Zusammenbruch am Kriegsende kam. Danach gab es Strukturveränderungen auch in der Kirche. Wir kamen zur Gemeinde Brand-Erbisdorf, das war ein Zweig der Gemeinde Freiberg. Wir, die wir nun schon älter waren, wurden dann in die verschiedensten Führungsaufgaben berufen. Ich wurde als Zweigpräsident berufen. Es gab Berufungen, die wir durch Mitglieder des Zweiges nicht ausfüllen konnten. Eine davon z.B. die eines Organisten. Hier wurden wir dann von der Gemeinde Freiberg unterstützt. Die Entfernung von Brand-Erbisdorf nach Freiberg betrug fünf Kilometer, so hatten die uns unterstützenden Brüder aus Freiberg nur die Hälfte der zehn Kilometer, die wir sonst gelaufen sind, zu gehen.

Der Grund für unsere Versetzung von Groß Hartmannsdorf nach Brand-Erbisdorf war auch nicht der lange Fußweg, sondern zu dem Zeitpunkt waren in Groß Hartmannsdorf genügend Brüder, sodass man uns zu den Leitungsaufgaben nach Brand-Erbisdorf versetzen konnte. In dem Haus in Brand-Erbisdorf, in dem wir uns in Selbsthilfe die Versammlungsräume ausbauten, befand sich über uns eine Gastwirtschaft und unten im Keller die Schlosserei, deren Räume wir für die Versammlungen umgestalteten. Die Kirche musste nur die Materialien, die wir selbst nicht zur Verfügung stellen konnten, beschaffen. Auch aus den umliegenden Gemeinden stellten sich die verschiedenen Fachkräfte zum Arbeiten zur Verfügung. Aus der Gemeinde Cottbus kam Bruder Schröder, ein Elektriker, der uns die Nachtspeicheröfen aufstellte und anschloss, damit wir im Winter überhaupt weiter arbeiten konnten. Es waren schwierige Umstände, dieses alles unter dem Sozialismus zu bewerkstelligen. Auch mussten wir jede Versammlung bei der Staatsbehörde anmelden, ja selbst jede Zusammenkunft.

Wir haben viele Jahre die Versammlungen dort abgehalten. Im Jahre 1983 wurde der Pfahl gegründet, und auch der Tempelbau war angekündigt worden. Zu dem Zeitpunkt wurde der Zweig Brand-Erbisdorf wieder in die Gemeinde Freiberg zurückgeführt. Wir kamen dann zur Gemeinde Freiberg, was kein wirkliches Problem mehr darstellte, da wir ja fast alle einen „Trabant“, also ein Fahrzeug zur Verfügung hatten.

Zum ersten Spatenstich für den Tempelbau war Präsident Thomas S. Monson gekommen. Ausgelöst durch die Pfahlgründung war es erforderlich geworden, die Gemeinde Freiberg neu zu organisieren. Freiberg wurde Bischofsgemeinde und mein Bruder Aribert Schiebold war der Bischof, und ich war für viele Jahre Kollegiumspräsident. Der Bruder Frank Apel wurde der erste Pfahlpräsident des Pfahles Dresden. Ich habe die ganze Bauzeit des Tempels miterleben dürfen und habe auch an den verschiedenen Bauunternehmungen teilgenommen, bis dann der Tempel 1985 fertig gestellt worden war und auch bis zur Weihung, die ebenfalls 1985 stattfand.

Danach war ich ein paar Jahre Pfahlsonntagsschulleiter. Bruder Henry Burkhardt wurde der erste Tempelpräsident des Freibergtempels. Er kam zu mir, dem Ältestenkollegiumspräsidenten des Zweiges Freiberg, und sagte: „Ich möchte auch mit zur Heimlehrtätigkeit eingeteilt werden“, ich antwortete ihm: Sehr gut, dann gehen sie mit mir zusammen.“ Wir sind dann zusammen zwei Jahre lang zum Heimlehren gegangen, und ich habe in dieser Zeit einiges über seine Arbeit mit der Staatsführung erfahren.

Es war 1988, als die ersten Missionare ins Land durften und ebenso durften unsere auf eine Mission gehen. Der Staatssekretär für Kirchenfragen, ein Mann namens Löffler, hatte sich folgendermaßen gegenüber Präsident Burkhard geäußert. “Wir haben sie schließlich zwanzig Jahre lang beobachtet und haben festgestellt, dass sie gute Staatsbürger sind, zuverlässig und loyal gegenüber dem Staat. Bekehren sie so viel wie nur möglich“.

Es waren einige Strömungen zu beobachten, die die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage sehr begünstigten. Das waren gute Erlebnisse, die uns sehr erbaut und motiviert haben. Wir waren froh über unsere Gemeinde, aber vor allem, dass wir jetzt einen Tempel in Freiberg hatten. Meine Mutter konnte vor dieser Zeit, da sie Rentnerin war, in die Schweiz in den Tempel fahren, um dort ihr Endowment zu empfangen. Das war aber für uns, die noch im Arbeitsprozess waren, überhaupt nicht möglich. Für uns schien der Tempel nicht erreichbar. Doch wie schon erwähnt, der Staat zeigte sich gegenüber der Kirche sehr entgegenkommend. Der Tempel konnte auf eigenem, von der Kirche erworbenem Grund und Boden, erbaut werden. Es bestand auch die Genehmigung des Staates, dass Materialien, bei denen es Engpässe bei der Beschaffung gab, verwendet werden durften. Es wurde aber nur Eisen verwendet, weil einige Kirchenführer wohl der Meinung waren, der würde nur so lange stehen bis alle Kirchenmitglieder der DDR ihr Endowment hätten. Es war überhaupt nicht die Hoffnung vorhanden, dass es jemals einen Umsturz geben würde. Und so mussten dann später wieder Renovierungsarbeiten durchgeführt werden.

Aber als damals Präsident Monson mit Honecker die Verhandlungen für den Tempelbau und für das Gemeindehaus so erfolgreich geführt hatte, war es für uns, als wenn wir aus dem Dunkel ins Licht kamen. Wir kamen aus den Kellerräumen, die uns bis dahin als Versammlungsräume gedient hatten, in ein helles und gut ausgestattetes Gemeindehaus. An den Tagen der offenen Tür haben 93000 Menschen den Tempel besichtigt. Sie kamen von überall her, um den Tempel zu besichtigen. Am ersten Abend der Tempelbesichtigungstage, als wir unseren Tempeldienst beendeten, war es bereits zwei Uhr nachts. An den nächsten Tagen wurde dann der Tempel aber um siebzehn Uhr geschlossen, und die Menschen wurden gebeten, doch am folgenden Tag wieder zu kommen. Wir konnten in dieser Zeit gute Gespräche mit einigen der Menschen führen. Ich hatte Gelegenheit, mit dem evangelischen Pfarrer zu sprechen. Wir sprachen über die Gottheit, und er wollte etwas über die Glaubensgrundsätze unserer Kirche wissen. Ich versuchte ihm das so weit wie möglich zu erklären, doch seine Argumente gingen darauf hinaus, dass dieses alles nicht möglich sei, denn Gott sei eine Geistperson. Dieses von einem studierten Pfarrer aus Leipzig zu hören, gab uns deutlich zu erkennen, wie sie zur Bibel stehen.

Ich war in der Hitlerzeit in der Hitlerjugend ein HJ-Führer, aber wir waren nicht überzeugt. Mein Vater hatte uns innerhalb der Familie über die Bestrebungen Hitlers aufgeklärt. Aber zu der Zeit war es so gut wie unumgänglich, nicht ein Mitglied in der Hitlerjugend zu sein, wenn man die dafür vorgesehene Altersstufe erreicht hatte. Aus der Sicht der Jugendlichen sahen wir das ganze Treiben in der Hitlerjugend sehr positiv. Es gab Geländespiele, und es wurden die verschiedensten Dinge für Jugendliche derart begeisternd präsentiert, dass fast jeder damit erreicht wurde. Es gab auch Auseinandersetzungen unter den Jugendlichen, die auch in Prügeleien ausarteten. Doch wenn jemand am Boden lag, dann war der Kampf zu Ende, und es wurde nicht mehr nachgetreten, wie es heute so oft üblich ist. Jedoch die Zielsetzung der Führung der Hitlerjugend erkannten wir als Jugendliche damals natürlich nicht.

Mit sechzehn Jahren kam ich dann zum Volkssturm. Ich hatte Glück, denn mein Jahrgang wurde zur Wehrmacht eingezogen. Ich hatte mich freiwillig zur Luftwaffe gemeldet und wollte Jagdflieger werden. Ausgebildet wurde ich auf den Segelflugschulen des Landes und wurde deshalb nicht direkt zur Wehrmacht eingezogen. Wir mussten uns einem Test unterziehen, ob wir nachtflugtauglich waren und was sonst damit alles in Zusammenhang stand. Bei diesem Test waren von den hundert Teilnehmenden nur zehn übrig geblieben, die den Test bestanden hatten. Alle anderen mussten zur Infanterie. Doch die Lager, in denen wir waren, wurden aufgelöst. Ich war zuletzt in Leitmeritz in der Tschechoslowakei, in dem dortigen Segelfluglager.

Und dort habe ich etwas kennen gelernt, was mir heute keiner mehr glauben wird. Wir haben aus dem Konzentrationslager Theresienstadt unser Essen holen müssen. Es gab dort eine große Festung (Ghetto) und eine kleine Festung, das war das Konzentrationslager. Ich habe dort sechs Wochen lang Flecke gegessen, das sind die Eingeweide von Kühen und deren Magenwände. Wir haben genau das gleiche Essen bekommen wie die Häftlinge. Dies war schon zum Ende des Krieges 1945. Wir waren also nicht bei der Luftwaffe, sondern in einem Segelflugausbildungslager der Hitlerjugend. Aber die ganzen Vorbereitungen liefen darauf hinaus, Pilot zu werden.

Wir mussten auch gewisse Verpflichtungen unterschreiben. Wenn wir dann als Pilot eingesetzt werden würden und drei Flugeinsätze ohne Feindabschuss absolvierten, dann gab es einen so genannten „Rammbefehl.“ Das bedeutete, dass man ein feindliches Flugzeug zu rammen hatte. Es war aber erlaubt, vorher abzuspringen. Diese Unterschrift wurde von uns gefordert, um zu bezeugen, dass wir dazu bereit waren, den Befehl auch auszuführen. Aber wie schon erwähnt, das Lager wurde aufgelöst. Das war etwa zu der Zeit der Terrorangriffe auf Dresden, vom dreizehnten bis zum siebzehnten Februar. Die Heimreise gestaltete sich sehr schwierig, denn die Verkehrsverbindungen waren zum größten Teil unterbrochen. Durch Dresden mussten wir laufen, und es war noch alles am Schwelen und Glimmen, und über allem stand der Geruch von Leichen. Der Bahnhof war nur noch als Stahlgerüst vorhanden.

Als wir dann Daheim ankamen, wurden wir sofort wieder zum Volkssturm abkommandiert. Wir wurden in Gruppen eingeteilt und mussten sofort zum Einsatz. Im Mai waren wir dann wieder bis Dresden vorgerückt zur Hauptkampflinie. Dort haben sie uns vorgeschickt, alle möglichen Dinge zu verrichten. Aber wir hatten vernünftige, einsichtige Offiziere. Als die Russen dann einmarschierten, lagen wir ihnen drei Tage gegenüber. Die deutsche Artillerie, die hinter uns lag, verschossen die Reste ihrer Munition, wenn sich etwas in den gegnerischen Reihen bewegte. Doch dann kam unser Leutnant zu uns, und sagte: „Passt auf Jungs, ich bleibe jetzt bei euch, sonst erschießen die Alten mich womöglich noch, wir müssen heute Abend abhauen“.

Was das für uns bedeutete, das war uns schon klar. An einem Tag sind wir dann 50 Kilometer zurückgelaufen. Ich bin nie in Gefangenschaft gekommen. Wir sind dann doch noch einmal vorgeschickt worden. Überall um uns herum gab es Feuergefechte und das Einschlagen von Granaten. Wir lagen dann in einem Bauerngehöft, und wir wollten unser Maschinengewehr wieder schussbereit machen. Doch da kam ein Bauer mit einem Knüppel in der Hand und sagte zu uns: „Wenn ihr jetzt nicht sofort abhaut, schlage ich euch windelweich“. Darauf hin sind wir gegangen. Doch oben auf einer Anhöhe stand ein alter, grauhaariger Hauptmann, der sagte zu uns: „Ich schieße jeden nieder, der zurückgeht“. Also sind wir erst einmal wieder vorgegangen. Doch überall um uns herum schlug es ein, und wir sagten uns, dass wir hier fort müssten. Dann sind wir losmarschiert. Ich habe meine Pistole gezogen, und einer meiner Kollegen hat den Munitionsgurt in das Maschinengewehr gezogen, mit der Absicht, den Hauptmann zu erschießen. Doch als er sah, dass wir zurückkamen, hat er sich auf sein Fahrrad gesetzt und ist verschwunden.

Wir sind dann hinter her. Wir haben dann unseren Leutnant getroffen und ihm alles berichtet und er sagte: „Das habt ihr gut gemacht, Jungs“. Er berichtete uns auch, dass die Kompanie Breuer aufgerieben worden sei und dass wir uns von niemandem mehr nach vorne treiben lassen sollten. Wir sind dann zusammen zurück marschiert bis kurz vor Freiberg. Dort gebot er uns Halt. Er sagte: „Heute könnt ihr euch ausschlafen.“ heute könnt ihr euch ausschlafen. Doch damit wurde es nichts. Der Russe griff morgens kurz vor vier Uhr an. Wir haben uns dann verdrückt, und unser Leutnant sagte noch zu uns: „Hier ist eure Sammelstelle, aber ihr seit alt genug, und ihr wisst ja, was ihr zu tun habt“. Danke Herr Leutnant.

Und so sind wir nach Hause gekommen. Ich war so verdreckt, dass meine Mutter mich nicht erkannte. Als Erstes ging ich zur Toilette. Draußen lagerte die Panzerbrigade „Groß Deutschland“ im Wal und ich hörte russisches Maschinengewehrfeuer. Oh je, und ich bin nach unten gestürmt und habe ganz schnell die Waffen, die noch in meinem Besitz waren, nach draußen geschafft und verschwinden lassen. Und als ich die letzten Handgranaten hatte hochgehen lassen und wieder nach drinnen gehen wollte, kam der Russe. Freiberg selbst ist aber kaum bombardiert worden. Freiberg wurde nur von Bomben getroffen, die beim Einsatz auf die größeren Städte übrig geblieben waren, und das waren sehr wenige.

Kurz berichten möchte ich noch über die sogenannten Kettenhunde. Das war eine Feldpolizei, die jeden, der aus Sicht der Wehrmacht straffällig geworden war, gnaden- und bedingungslos verfolgte, und exekutierten. Uns ist dieses sicherlich erspart geblieben, da wir von einem Leutnant befehligt wurden, der gute menschliche Gefühle für uns empfand. Der grauhaarige Hauptmann, von dem man eigentlich annehmen sollte, dass er Verstand und Mitgefühl haben sollte, der wollte uns noch verheizen. Mein Vater hatte schon früh erkannt, dass der Krieg verloren war. Ich ging noch zur Hitlerjugend, als der Nichtangriffspakt zwischen Ribbentrop und Molotow geschlossen wurde, und er sagte: „Schau dir die zwei Verbrecher an, das hält nicht lange“. Denn wir bekamen das Öl aus Russland geliefert und ließen damit unsere Flugzeuge Richtung England fliegen und die Städte zerbomben. Und dann fängt dieser Hitler den Krieg gegen Russland an. Mein Vater war immer bemüht, mich aufzuklären. Und abends hörten wir heimlich mit einem Radiogerät den englischen Sender BBC ab. Und von dort erhielten wir die Informationen, wie es wirklich war. Denn die deutschen Sender berichteten immer: Im Zuge der Frontbegradigung haben wir uns zurückgezogen und große Erfolge erzielt. Das waren meine Jugenderlebnisse während der Kriegsjahre.

Danach begann dann wieder das Leben in der Kirchengemeinde. Es war doch erforderlich, dass einiges wieder aufgebaut werden musste, was kaputt, verschüttet, verloren oder gar vergessen worden war.