Oppau, Ludwigshafen am Rhein.
Mein Name ist Manfred Powarzinsky. Ich bin geboren am 28.Dezember 1935 in Oppau, Oppau ist heute ein Stadtteil von Ludwigshafen. Mein Vater heißt Johann Powarzinsky und ist am 12.August 1900 in Bad Kreuznach geboren. Meine Mutter heißt Karoline Scheidt und ist am 9.August 1900 in Friesenheim, heute ein Stadtteil von Ludwigshafen geboren. Ich bin das 8.Kind von 9 Kindern.
Mein Vater hat den Beruf Schlosser gelernt und kam eines Tages nach Ludwigshafen und lernte später unsere Mutter kennen. Er ist dann zur heutigen BASF zur Arbeit gegangen, weil es ein sicherer Arbeitsplatz war, wo er bis zu seiner Rente gearbeitet hat. Er braucht nicht zu Militär, weil er unabkömmlich war und für den Schutz des Werkes abgestellt war. Er war ein fröhlicher Mensch, der seine Mitmenschen mochte und sie gerne mit seinen lustigen Auftritten erfreute. Meine Mutter hat nicht nur 9 Kinder geboren, sondern auch noch 6 Enkelkinder großgezogen. Sie war die gute Seele der Familie.
Wir haben schon immer hier gewohnt. Mein ältester Bruder Peter hat damals mit 19 Jahren Essen mit zur Arbeit genommen und den Zwangsarbeiter und Frauen verteilt. Daraufhin hat man ihn verraten und er wurde dafür ins Konzentrationslager nach Dachau gebracht, wo er unfruchtbar gemacht wurde und man ihn drangsaliert hat. Nach zwei Jahren hat man ihn dann freigelassen. Meine älteste Schwester Mathilde ist 1949 mit ihrer Familie nach Amerika ausgewandert und wohnt heute noch in Ferriday, Louisiana. Mein zweiter Bruder Hans Martin hat sich 1940 freiwillig zur Armee gemeldet, weil der dritte Bruder Karl Josef schon dabei war. Der erste Mann meiner Schwester Mathilde und mein Bruder Hans Martin sind in kurzen Abständen 1944 in Russland gefallen. Ich habe heute noch die Urkunde, die meine Eltern damals von einem General schickt bekommen haben. Darauf steht: Hans Martin Powarzinsky ist in fremden lande für Führer, Volk und Vaterland gefallen.
Karl Josef kam nach Sibirien in Gefangenschaft und wurde am 1.Januar 1950 entlassen. Alle anderen haben den Krieg überlebt. Heute bin ich noch dankbar, zu der Generation zu gehören, die damals zu jung waren und später zu alt um zur Bundeswehr berufen zu werden. Natürlich war die Zeit nach dem Kriege für alle schwer. Es gab wenig zu essen und es fehlte an allem. Um die Familie durch zu bekommen hat Vater ein Stück Acker von einem Bauern gepachtet um alles was im Garten nicht angebaut werden konnte, dort anzubauen. Leider hatten auch andere Menschen Hunger und so wurde vieles geklaut. Mutter hat sogar Bettwäsche und andere Gegenstände zu den Bauern gebracht um es gegen Essen einzutauschen. Wir hatten noch Glück in diesen Zeiten, dass ein Bruder meiner Mutter Julius Scheidt in Amerika wohnte, in Little Rock Arkansas, denn er schickte uns monatlich ein Paket mit Lebensmitteln. Dadurch haben wir es leichter gehabt als manche andere Familie.
Nach der Schule erlernte ich den Beruf Schreiner, weil mein Onkel Julius ein Möbelgeschäft hatte und mich als seinen Nachfolger haben wollte, da er nur zwei Töchter hatte. Ich wollte zu dieser Zeit nicht von zu Hause weg. Einige Zeit später, meine Mutter hatte 1957 eine schwere Krebsoperation und musste sechs Monate im Krankenhaus bleiben, wo ich meine heutige Frau kennen lernte, die als Krankenschwester meine Mutter versorgte und wir nach einiger Zeit uns verheiratet haben. Am 5.April 1958 wurden wir getraut und 1958 am 5.Mai kam unser 1.Kind,Sohn Thomas, zur Welt. Wir wohnten damals in Ludwigshafen in einem Hochhaus.
Als 1960 zwei junge Männer an die Tür kamen und uns fragten. ob wir ein wenig Zeit hätten, denn sie haben eine wichtige Botschaft für uns. Das war der erste Kontakt mit der Kirche, von der wir bisher nichts gehört hatten. Es dauerte einige Wochen bis sie an einem Montag zur Belehrung kamen mit der Mitteilung, dass wir am darauffolgenden Donnerstag getauft werden würden. Wir waren zwischendurch einmal für einige Tage verreist. Nach unserer Rückkehr waren neue Missionare da. Nach dieser Überraschung fragten wir die Missionare woher sie wissen wollen, dass wir getauft werden, wo wir noch nicht zugestimmt hatten. Darauf hin sagten sie, sie hätten gefastet und gebetet und diese Antwort erhalten. Sie forderten uns daraufhin auf mit ihnen nochmals zu fasten und Gott fragen ob die Taufe an diesem Donnerstag stattfinden wird. Einen Tag danach kamen sie uns zu fragen, ob wir eine Antwort bekommen haben und wir konnten es nur bejahen. Daraufhin fuhren wir am Donnerstag den 5.April 1961 nach Frankfurt, warum haben sie uns nicht gesagt. Wir wurden wie wir später erfahren haben im Gemeindehaus Frankfurt getauft.
Nach der Taufe haben die Missionare uns gesagt, dass wir zu einer besonderen Versammlung gehen. Auf dem Weg dort hin sind wir in ein Gewitter geraten und wurden ganz durchnässt. Als wir ankamen sahen wir viele Menschen in schicken Kleidern und wurden gleich von einem Netten Ehepaar umarmt und begrüßt als die Missionare uns vorgestellt hatten. Wir sahen aus wie begossene Hunde und wurden in den großen Saal geführt, der voller Menschen war. Es war zu dieser Zeit so, dass ein scheidender Missionspräsident verabschiedet wurde und der neue Missionspräsident sich und seine Familie vorstellte. Die große Überraschung kam nach dem Schluss gebet, als der neue Missionspräsident Royal K. Hunt die Anwesenden aufforderte sitzen zu bleiben. Darauf wurden wir aufgefordert auf das Podium zu kommen, So nass und zerzaust wie wir aussahen, wir haben uns sehr geschämt. Daraufhin erklärte Präsident Hunt, er werde uns jetzt beide konfirmieren, da wir einige Stunden vorher getauft wurden. Es war seine erste Amtshandlung als Missionspräsident. Später haben wir uns wieder getroffen, als sie wieder als Missionsehepaar in Mannheim gedient haben. Eine Freundschaft die bis heute noch besteht.
Es gibt für meine Frau und mich drei wichtige Daten die wir uns gut merken können. Am 3.April 1959 geheiratet. Am 5.April 1961 getauft und am 6.April 1830 wurde die Kirche gegründet. Eine Woche nach der Taufe wurde ich zum Diakon und gleichzeitig als Gemeindesekretär berufen. Im Herbst 1961 wurde ich bei der Konferenz in Saarbrücken zum Ältesten vorgeschlagen, was eine große Unruhe unter den Brüdern hervor rief. Bei der Bestätigung haben viele Brüder dagegen gestimmt. Ihre damaligen Einwände begründeten sie mit den Worten: Wir haben uns hochdienen müssen vom Diakon zum Lehrer zum Priester und dann zum Ältesten. Präsident Hunt und Bruder Kiefer von Saarbrücken sagten bei der Einsetzung zu mir, der Herr will es so, ich soll mich nicht aufregen.
Kurz nach der Ordination zum Ältesten wurde ich Gemeindepräsidenten berufen. Es folgten, Sonntagsschule Superintendenten, Sekretär für Finanzen, Ältestenpräsident, Geschichtsschreiber, HP-Gruppenleiter, alle Berufungen außer Junge Männer-Leiter hatte ich alle Berufungen die es in einer Gemeinde. Im Pfahl war ich zweimal Hoher Rat, zwei mal 1.Ratgeber in der Pfahlmissionspräsidentschaft. In Mannheim wurde ich zum Gemeindemissionsleiter von Präsident Uchtdorf berufen und eingesetzt. Eines Tages wurde ich nach Frankfurt gerufen, wo man mir mitteilte, dass es einen Versuch geben soll. Nämlich 10 Missionspaare nach Mannheim für sechs Monate berufen. Ich durfte alles planen und die Missionare einsetzen mit der Unterstützung von der Mission in Frankfurt. Das Besorgen von Wohnungen war schnell gelöst. Als nach sechs Monaten dieses Projekt beendet wurde hatten wir 28 Taufen. Aus diesen Taufen sind im Laufe der Zeit 3 Bischöfe hervorgegangen.
1964 wurden dann die Mitglieder aus Ludwigshafen, Speyer, Neustadt und Germersheim vom damaligen Pfahlpräsidenten Uchtdorf gebeten die neu bestehende Gemeinde Rheinpfalz, die sich in Limburgerhof ein Haus gebaut hatte zu unterstützen, damit sie zu einer Bischofsgemeinde wird. Es gab wieder einige Mitglieder die mit dieser Aufforderung nicht einverstanden waren. Da ich zu dieser Zeit Bischof in Mannheim war und bei der Bekanntgabe zur Kur weilte, sagten einige Mitglieder später: „Wenn der Bischof nicht mit Präsident Uchtdorf so gut stehen würde, hätte er es abgelehnt so aber hat er zugestimmt.“ Ich gehe wohin du mich heißt o Herr- ist schon immer meine Einstellung.
Ein besonderes Erlebnis vor einigen Jahren möchte ich noch schildern: Es gab in Ludwigshafen einen Bruder namens Pfundstein. Seine Frau und er wurden im Dezember 1961 getauft aber nie so richtig aktiv. Zum Teil lag es auch daran, dass Bruder Pfundstein unter Anfällen des Nervensystems litt und seine Frau nur aufs Betteln aus war. Im Jahre 2005 starb seine Frau und wir waren bei der Bestattung dabei. Wir versuchten mehrmals Kontakt aufzunehmen, aber vergebens. 2006 bekamen wir zwei Sisters nach Ludwigshafen. Nach einigen Wochen sprachen sie mich an, ob ich sie begleiten möchte zu einem Bruder Pfundstein. Natürlich war ich bereit. Was haben diese beiden getan. Sie stellten fest, dass er nicht alleine zum Friedhof gehen konnte, weil er nicht spürte, wenn ein Anfall kam. So vereinbarten sie mit ihm, dass sie jeden Donnerstag zu ihm kommen wollen. Sie fingen an mit ihm in den Schriften zu lesen. Ein anderes Mal sangen sie Kirchenlieder oder gingen mit ihm einkaufen oder zum Friedhof. Nach wenigen Wochen und Besuchen konnte ich ihn einladen zur Kirche zu gehen.
Ich gab ihm meine Telefonnummer und vereinbarte mit ihm wenn er mitgehen möchte, dass er nur anzurufen braucht. Nach einer Woche kam am Samstagabend der Anruf. Wir holten ihn ab und brachten ihn wieder nach Hause. Jetzt kamen jeden Samstag die Anrufe. Wir luden ihn zum Essen ein und verbrachten schöne Sonntage. Am vierten Sonntag fragte er mich bei der Heimfahrt was er muss, er möchte gern seinen Zehnten zahlen. Nach so langer Zeit wo er noch nie Zehnten gezahlt hatte. Ich schickte ihn zum Bischof, der ebenso erstaunt war und sagte mir nach der Versammlung Bruder Powarzinsky, Bruder Pfundstein möchte Zehnten zahlen. Ich habe festgestellt, dass er noch Diakon ist, wir werden ihn im nächsten Monat zum Priester ordinieren. Nach einem halben Jahr wurde er im Auftrag vom Pfahlpräsidenten zum Ältesten ordiniert. Ein Jahr später habe ich seine Genealogische Unterlagen vorbereitet und sind meine Frau und ich mit ihm zum Tempel gefahren dort hat er dann alle Verordnungen empfangen und wir beide haben als Stellvertreter fungiert. Heute sind wir sehr gute Freunde.