Breslau, Schlesien

Mormon Deutsch Werner Manfred AurasMein Name ist Werner Manfred Auras. Ich bin am 20. Juli 1935 in Breslau geboren. Meine Eltern, meine Mutter heißt Gertrud Auras und mein Vater Alfred Auras, beide sind auch in Schlesien geboren, in verschiedenen Orten. Meine Mutter ist auch in Breslau geboren, mein Vater in einem kleinen Vorort von Breslau, der Breslau Pilsnitz heißt.

Im Jahre 1943 ist mein Vater vom Militär nicht mehr zurückgekommen, er war in Russland, dort ist er vermisst und wir wissen bis heute nicht, was da noch alles passiert ist, aber er ist nicht mehr wieder gekommen. Er war in Witdebs, dort ist er in Gefangenschaft geraten, mehr weiß man nicht. Meine Mutter ist dann mit mir und mit meiner Schwester Brigitte allein geblieben. Sie musste arbeiten, sie hat eine Hausverwaltung gehabt, wo wir gewohnt haben und sie musste schauen, dass sie uns beide Kinder ernähren konnte. Meine Schwester ist drei Jahre jünger, wie ich und die Mutter musste schauen, dass sie immer Arbeit hatte, dass sie uns ernähren konnte.

Im Jahre 1945 sind wir aus unserer Heimat Schlesien vertrieben worden. Wir mussten die Heimat verlassen. Die Russen sind immer näher gekommen. Man hat schon den Donner der Geschütze gehört. Es war so, dass die Leute alle evakuiert wurden. Wir sind dann in der Nacht zu einem der Bahnhöfe von Breslau gekommen. Die Züge waren schon sehr voll, aber wir konnten noch hineingehen. Wir durften nicht viel mitnehmen. Meine Mutter hat einen kleinen Koffer mitgenommen. Das hat sich später als sehr gut erwiesen, weil da die Dokumente drin waren, Urkunden, Bilder und so weiter, das hat uns auch später für die Genealogie sehr geholfen. Wir hatten einen kleinen Koffer und einen Sack. Da war ein Kinderbett drinnen, das sie für die Schwester mitgenommen hatte, damit sie da drin warm gehalten werden konnte, aber das war in den Zügen nicht möglich, denn es waren so viele Leute drin. Oben im Gepäcknetz, wo die Koffer hineinkommen, da wurde meine Schwester hineingelegt, ich war zehn und meine Schwester war sieben Jahre. Es war im Dezember 1944. Es war sehr kalt, es waren 20 oder 25 Grad Kälte, es lag Schnee.

Wir sind mit dem Zug über verschiedenen Städte gefahren und unter anderen auch nach Hoyerswerda-Grube Erika, den Ort gibt es heute noch in der ehemaligen DDR. Damals sind wir dort vorübergehend bei einer Familie einquartiert worden. Dann mussten wir auch von dort wieder weg, weil die Russen immer wieder näher gekommen sind. Wegen der Fliegerangriffe, die gekommen sind, mussten wir alle in den Schutzraum in die Kohlengrube gehen. Von dort mussten wir wieder weggehen und sind dann mit einem Zug weiter gefahren und sind über Plauen, Hof und dort war wieder ein Fliegerangriff und mussten dort alle in die Luftschutzkeller flüchten. Die Flieger haben den ganzen Zug zerschossen. Viele Leute sind auch umgekommen, die meisten waren aber in Sicherheit. Alle Dinge, die wir noch besessen hatten, dieser Sack war verloren. Nur den Koffer hatte meine Mutter immer in der Hand. Sonst hatten wir nur, was wir am Körper hatten, die Kleider und nichts weiter. Wir sind dann als Flüchtlinge hier in die Nähe gekommen, nach Forchheim, da ist der Zug entladen worden und wir sind dann verteilt worden in einen kleinen Ort Burg in der Nähe von Forchheim, der jetzt eingemeindet wurde. Dort wurden Zimmer bei Leuten beschlagnahmt vom deutschen Militär, wo die Flüchtlinge einquartiert wurden. Meine Mutter, meine Schwester und ich haben ein Zimmer bekommen. Es war einfach eingerichtet, Betten, wo wir auf Strohsäcken geschlafen haben.

Im Jahre 1946 sind die amerikanischen Soldaten gekommen. Der Krieg war zu Ende und die haben dann dieses Gebiet besetzt. Dort sind meine Schwester und ich zur Schule gegangen. Mit den amerikanischen Soldaten war das für uns Kinder und Jugendlich ein bisschen eine Freude, weil wir da auch Schokolade bekommen haben oder Plätzchen. Die meisten waren sehr freundlich und haben uns etwas abgegeben, ob sie es gedurft haben, weiß ich nicht. Die haben uns in der Not sehr geholfen. Nach dem Krieg gab es wenig. Ich hatte aber die Möglichkeit, dass ich in Nähe einen Jungen in meinem Alter kennengelernt habe, die hatten eine Bäckerei an diesem Ort. Dort gab es Brot und Brötchen, aber alles auf Lebensmittelkarte, die uns zugeteilt wurden, wie viel Butter, Brot, Fleisch wir bekommen. Auf dieser Karte gab es bestimmte Abschnitte. Aber dieses Essen war sehr wenig das hat nie ausgereicht. Deshalb war ich sehr dankbar, dass ich meinen Freund bekommen hatte. Wenn ich dort zu Besuch war, habe ich immer etwas mitbekommen. Ich wohnte gerade gegenüber, es war nicht weit. Wir sind in diesem kleinen Ort zusammen in die Schule gegangen. Für die Bäckerei hatten die immer Kohle bekommen, zum Heizen für den Backofen. Wenn dieser Tag war, wo die Kohle gekommen ist, da hat der Vater von meinem Freund den Lehrer angerufen und hat gesagt: „Die beiden, der Georg und der Werner, die werden heute nicht in die Schule kommen, die werden die Kohle hineinschippen. Da haben wir dann den ganzen Vormittag Kohle geschippt. Es war die Zeit, wo jeder dankbar war, wenn er was bekommen hat und der Lehrer hat von dem Bäcker auch immer etwas Brot bekommen, weil er uns frei gestellt hatte. Das war nicht immer ein Vorteil, weil man auch einiges in der Schule versäumt hatte. Ich hatte nicht immer die besten Noten. In deutscher Sprache war ich nicht so gut und mit Rechnen ist es gegangen. Dann kam die nächste Stufe der Schule. Ich durfte dann die landwirtschaftliche Berufsschule besuchen. Weil ich keinen Beruf hatte, hatte ich keine Arbeit. Aber ich hatte dann Arbeit gefunden. Im Dorf war ein Mann, der hatte ein Lastauto und er suchte einen Beifahrer zum Arbeiten, zum Aufladen. Wir haben damals alles gefahren, Sand, Steine, Kies und wir mussten alles mit Hand machen, aufladen, abladen und so weiter. Ich war damals sechzehn Jahre und durfte ganz schön mitarbeiten. Der Mann hatte auch einen Holzhandel. Wir sind dann mit Auto und Anhänger in den Wald gefahren, und haben viel Holz aufgeladen, haben das dann klein gemacht und verkauft.

Später im Alter von neunzehn-zwanzig Jahren lernte ich meine Frau kennen, ein junges Mädchen, sehr schön vom Aussehen. Sie war in Forchheim beim Roten Kreuz, dort durfte man ehrenamtlich mitarbeiten. Dort habe auch ich mich gemeldet, weil ich Zeit hatte und habe diese Stelle bekommen, bin mit dem Roten Kreuz-Auto mitgefahren, habe die Ausbildung mitgemacht und habe dort im Aufenthaltsraum meine Frau Waltraud Magdalena Meissner kennengelernt. Wie ich sie ein paar Mal gesehen hatte, war der Gedanke immer, das wird einmal meine Frau werden. Sie wusste nichts davon. Aber später hat sie es erfahren. Wir waren beide eine Zeit lang beim Roten Kreuz beschäftigt, alles ehrenamtlich. Später habe ich durch den Bruder meiner Frau eine Arbeitsstelle bekommen bei der deutschen Bundesbahn, da war ich als Arbeiter tätig, schwere Arbeit, beim Gleisbau.

Meine Frau war auch, das habe ich dann alles erfahren, aus Schlesien, in einem Ort in der Nähe von Ölz, da gibt es ein kleines Dorf, das heißt Ulmersdorf, dort war meine Frau geboren. Ihre Familie bestand aus weiteren sieben Geschwistern. Ihre Mutter war dort in einem Schloss beschäftigt. Da gab’s ein Rittergut, da war die Mutter beschäftigt. Der Vater war damals ein Waldarbeiter, der dann später auch bei der Eisenbahn war. Ein Bruder meiner Frau war bei der Eisenbahn, er hat da gelernt, im Jahr 1957, er hieß Gerhard Meissner, hat er mir eine Arbeitsstelle bei der Eisenbahn verschafft. Das war eine schwere Arbeit auf dem Gleisbau draußen. Da mussten wir bei jedem Wetter arbeiten. Es war eine Gruppe von ungefähr fünfzig Männern, die da gearbeitet haben. Später habe ich die Gelegenheit bekommen Schrankenwärter zu werden, damals musste die Schranke noch mit der Hand, einer Kurbel, bedient werden. Das war eine sehr verantwortungsvolle Arbeit als Schrankenwärter. Man musste aufpassen, dass nichts passierte, wenn der Zug kam, musste die Schranke geschlossen werden. Das war der Anfang bei der Eisenbahn. Erst war ich in Forchheim, später war ich in Erlangen und war dann auf dem Stellwerk. Ich habe einen Fortschritt gemacht. Ich war dann ein Weichenwärter und habe dann Stellwerke bedient, mechanische Stellwerke, aber auch elektromechanische Stellwerke bedient. Später, die letzten zwei Jahre gibt es einen großen Sprung, da war ich Fahrdienstleiter am Bahnhof in Erlangen und bin dann in dieser Position mit 59 Jahren in Pension gegangen. Die Eisenbahn wollte damals die älteren Beamten los sein und hat sie uns die Möglichkeit gegeben. Da war ich dann ungefähr 38 Jahre lang bei der Eisenbahn.

Wie schon gesagt, habe ich meine Frau beim Roten Kreuz kennengelernt, das war im Jahr 1956.1957 haben wir in Forchheim geheiratet. Ich war damals noch kein Mitglied der Kirche Jesu Christi, meine Frau war aber schon Mitglied. Ich habe durch meine Frau und ihre Familie die Kirche Jesu Christi kennengelernt. Ihr ganzes Verhalten, damals schon, als ich sie kennenlernte, war besonders für mich, dass sie nicht getrunken oder geraucht hat. Später hat sie mir erzählt, dass sie Mitglied der Kirche Jesu Christi ist. Wir haben im Jahre 1957 geheiratet – am 4. Februar war die standesamtliche Trauung und man konnte damals auch einen Eintrag in das Stammbuch bekommen. Der Distriktspräsidenten der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, das war damals Bruder Paul Reimer, der hat uns auch in dem Sinne kirchlich getraut und diese Urkunde wurde bestätigt und im Stammbuch eingetragen.

Mitglied wurde ich 1960. Nicht weil ich Probleme hatte, ich habe gewartet. Meine Frau hatte ein lediges Kind, Norbert, in die Ehe mitgebracht. Dann später haben wir auch noch ein Kind bekommen, den Sohn Peter, und als dritten den Sohn Thomas. Diese Kinder hatten wir. Ich war noch ein ziemlich junger Mann, nämlich zwanzig. Jahre. Aber einundzwanzig Jahre musste man sein, wenn man heiraten durfte in Deutschland und es bedurfte einer besonderen Erlaubnis, um zu heiraten, wenn man noch nicht einundzwanzig war. Und einundzwanzig und hatte bereits eine Familie mit drei Kindern. Dann war die Notlage so, wir hatten keine Wohnung und haben die ganze Zeit über bei Schwiegereltern gewohnt. Bei der Schwiegermutter. Aber dort waren auch noch andere Kinder da, die auch noch nicht verheiratet waren. Es war sehr knapp. Wir hatten ein Zimmer. Unsere Kinder waren verteilt bei der Oma im Zimmer und so weiter. Später erst, nach zwei Jahren, haben wir ein kleines Eisenbahnerhäuschen an der Strecke zu mieten. Dort haben wir dann einige Jahre bis 1967 dort gewohnt. Die Kinder sind da aufgewachsen und sagen heute noch, es war eine schöne Zeit. Später dann 1967 bin ich von der Eisenbahn versetzt worden nach Erlangen und habe dann später gearbeitet, um die Wohnung hier in diesem haus, aber ganz oben im dritten Stock zu bekommen. Das Haus wurde 1967 bezogen. Wir waren die ersten Mieter hier.

Meine Erlebnisse in der Kirche: 1960 wurde ich getauft, dann hat es eine Zeit lang gedauert, dann wurde ich zum Diakon ordiniert, dann ein Jahr später zum Lehrer und dann zu Priester, das war dann ungefähr drei Jahre, da wurde ich zum Ältesten ordiniert, von einem Missionspräsidenten, der hieß Blythe M. Gardner. Es hat dann nicht sehr lange gedauert, dann wurde ich berufen, bei einer Konferenz kamen der Missions- und der Distriktspräsident zu mir, das war damals Wilhelm Burger im Nürnberger Distrikt und ich wurde Ratgeber im Distrikt. Ich war ein ziemlich junges Mitglied und wurde zum Ratgeber in der Distriktspräsidentschaft berufen. Die erste Reaktion, die ich hatte war: „Ich kann das nicht, ich bin nicht in der Lage diese Berufung zu übernehmen. “Die Brüder haben mir liebevoll erklärt, dass man da hineinwachsen kann. Ich war dann die nächsten Jahre später lange Zeit bei verschiedenen Distriktspräsidenten Ratgeber, einmal erster, oder zweiter Ratgeber. Wir waren sehr viel unterwegs. Einmal auch bei Bruder Heinz. Bruder Heinz war einmal Distriktspräsident bei uns und ich war einmal sein Ratgeber. Später gab es bei uns in der Kirche immer eine Trennung. Man hat einen neuen Distrikt gegründet, das war Coburg. Es gab einmal hier einen Distrikt Coburg, da war ich auch wieder Ratgeber bei Klaus Cutig ein Jahr lang. Dann kam der Rat des Missionspräsidenten zu mir, das war Paul Gildner und hat mit mir gesprochen und hat gesagt, Bruder Auras, wir möchten Sie berufen las Distriktspräsident des Distriktes Coburg. Ich war dann nicht ganz sieben lang in dieser Berufung. Später wurde ich wieder in den Distrikt berufen, der Distrikt Coburg wurde aufgelöst und dann war es wieder Distrikt Nürnberg und da war ich Distriktsekretär eine Zeit lang. Dann war ich auch in der Genealogischen Forschungsstelle in Nürnberg zusammen mit meiner Frau für drei Jahre. Später wurde ich berufen zum Führungssekretär im Pfahl Nürnberg. Nach diesem Jahr war in ungefähr fünf Jahre lang der Finanzsekretär des Pfahles Nürnberg. Das war vor zwei Jahren, da wurde ich entlassen und bin jetzt in der Gemeinde in Erlangen der Hohe Priester Gruppenleiter. Wir haben eine Gruppe von Hohen Priestern mit vierzehn Brüdern und ich habe auch zwei Assistenten, wir haben uns ganz gut organisiert.

Das ist so ein bisschen der Werdegang. Es gibt auch Lücken drin. Ich war auch Lehrer, Sonntagsschullehrer und solche Dinge, das habe ich alles gemacht. Meine Frau ist im Jahr 2005 gestorben. Sie hatte vorher 2004 eine Darmoperation, Krebs, dann hat sie Chemotherapie bekommen und es ging ihr wieder ganz gut. Später hat sie wieder Probleme bekommen und musste nach der Behandlung in die Rehaklinik, wieder Chemotherapie, dann hat sie Probleme mit Essen und Trinken bekommen, sie wurde wieder ins Krankenhaus nach Erlangen zurück geschickt. Dann hat man festgestellt, dass von der Darmkrebserkrankung schon Metastasen in der Speiseröhre waren. Das war eine ganz schlimme Sache. Ich habe immer gesagt, wir haben trotzdem den Segen gehabt, wir haben uns immer noch verabschieden können, es war eine ganze Zeit, wo wir miteinander sprechen konnten. Später konnte sie dann auch nicht mehr sprechen. In der letzten Zeit 2005 hat man sie nach Hause entlassen. Damals habe ich das nicht ganz verstanden. Später habe ich es verstanden. Der Professor damals wusste auch genau, dass es besser ist, wenn man daheim die Zeit noch sein kann, als im Krankenhaus.

Sie war dann leider zu Hause bei uns nur noch zehn Tage. Dann ist sie gestorben, am 12. März 2005. Jetzt war der Todestag vorbei, sie hat jetzt Geburtstag am 26. März. Sie war Jahrgang 1932. Sie war ein bisschen älter wie ich. Aber wir hatten eine schöne Zeit, die ganzen Jahre alles zusammen verlebt und den Segen gehabt. Unsere Kinder sind auch alle Mitglieder der Kirche, haben auch ihre Familien. Wir haben zurzeit vierzehn Enkelkinder und haben inzwischen auch schon vierzehn Urenkel. Das ist eine große Familie geworden und die sind alles tätig auch in der Kirche. Wir sind dankbar!